TV & Serie // "Wild Wild Country" Wie ein indischer Guru den wilden Westen der USA unsicher machte

"Wild Wild Country" erzählt die irre Geschichte der Bhagwan-Kommune in Oregon, in der nicht nur Intrigen, ein Bombenanschlag und Mordversuche vorkommen - sondern auch der bis dato größte Abhörskandal der USA.

Von: Vanessa Schneider

Stand: 27.03.2018 | Archiv

Szene aus der Doku-Serie "Wild Wild Country" von Netflix | Bild: Netflix

"Wild Wild Country" – der wilde Westen der USA ist in der Netflix Doku das 40-Seelen-Dorf Antelope in Oregon an der amerikanischen Westküste. In den 80er Jahren spielten sich in Antelope ungeheuerliche Dinge ab, als sich dort ein indischer Guru mit tausenden Anhängern niederließ: Die Bhagwan-Bewegung – manche sagen auch Sekte – stieß den alteingesessenen Rentnern und Cowboys von Anfang an übel auf und das nicht nur wegen der merkwürden, einheitlich-rötlichen Gewänder: "Da passierten schon merkwürdige Dinge. Nachts herrscht hier die absolute Stille und man hörte, wie es bei denen rund ging, als wäre man im selben Zimmer. Meine Tante störte es sehr mitanhören zu müssen, wie wild die es die ganze Nacht lang trieben." erinnert sich zum Beispiel der ehemalige Bürgermeister Antelopes, John Silvertooth.

Freie Liebe? Nein, Danke!

Die Bhagwan-Anhänger hatten ein freizügiges Verständnis von Sex, den die Bürger von Antelope genauso gut hörten, wie die lauten Meditationsrituale, bei denen geschrien und getanzt wurde. Und es kamen immer mehr Anhänger. "Man fragte sich immer, wie lang wird das dauern?" sagt die Ranchbesitzerin Rosemary McGreer in "Wild Wild Country": "Wir mussten dafür sorgen, dass das Böse nicht gewinnt.“ Als die Bhagwan Kommune drohte die Macht im Gemeinderat zu übernehmen, wurde aus der Skepsis der Bewohner Antelopes Angst und schließlich Verzweiflung.

Das "Böse" – der Guru Bhagwan und seine Gefolgschaft – sah die Sache freilich ganz anders: Bhagwan Shree Rajneesh musste Anfang der 80er Indien wegen Steuerproblemen verlassen und hatte den Traum eine utopische Stadt nach seinen Vorstellungen aufzubauen, erzählt sein Anwalt Swami Prem Niren heute: “Ich glaube es hat noch nie eine Stadt gegeben, die derart geplant wurde. Eine Stadt, die auf Liebe und Miteinander gegründet wurde, statt auf Eigentum, Gier und Zorn.“ Wie viele gut ausgebildete Aussteiger aus dem Westen ließ er seine Familie und sein altes Leben hinter sich, als er sich Ende der 70er dem indischen Guru anschloss. Warum ihm Bhagwan so viel bedeutet, dass ihm auch heute noch die Tränen in die Augen schießen, das kommt in der Doku-Serie leider nicht gut rüber - trotz Unmengen bisher unveröffentlichtem Archivmaterials.

Wenn Angst in blanken Hass umschlägt

Ma Anand Sheela

Die Doku "Wild Wild Country" dreht sich vor allem um den Konflikt mit den Dorfbewohnern, der zu einem wahren Krieg eskalierte und für den die Anhänger Bhagwans bereit waren alles zu tun: Menschen gezielt abzuhören und zu vergiften, über Leichen zu gehen. All das soll die rechte Hand des Gurus orchestriert haben, Ma Anand Sheela. Eine kämpferische kleine Frau aus Indien, die heute ein Altenheim in der Schweiz betreibt. Sie ist Dreh- und Angelpunkt der Dokumentation und kommt selbst auch zu Wort.

Sheela ist eine faszinierende, aber auch polarisierende Persönlichkeit, und man weiß bis zum Schluss nicht, was man aus ihr machen soll: Ist sie wirklich die machthungrige Soziopathin oder wurde sie nur zum Sündenbock? Um das alles zu verstehen, hilft leider nur Wikipedia. Aber wenn man soweit ist, dann lässt einen die Geschichte auch erst mal nicht mehr los.

"Wild Wild Country" könnt ihr bei Netflix sehen.

Sendung: Hochfahren vom 28.03.2018 – ab 07.00 Uhr.