Serie // "The City & The City" Die abgefahrenste Serienwelt des Jahres

In dieser neuen BBC-Serie existieren zwei Städte in einer – aber die Bewohner der einen können die der anderen nicht sehen. Klingt kompliziert? Ist es auch. Und dazu noch sehr spannend.

Von: Vanessa Schneider

Stand: 12.12.2018 | Archiv

Szene aus der BBC-Serie "The City & The City" | Bild: MG RTL D / © Mammoth Screen for BBC Two

Diese Serie gehört auf eure Watchlist, wenn... ihr das Was-wäre-wenn-Spielchen aus "Counterpart" gerne weiterspielen würdet, die Grenzzankereien aus "Die Brücke" mögt und Cyberpunksetting wie aus der Sci-Fi-Serie "Altered Carbon" feiert.

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Zwei Städte in einer Stadt: Wie ein geteiltes Berlin, nur ohne Mauer. So muss man sich die Zwillingsstädte Ul Quoma und Besźel vorstellen, in denen die Geschichte von "The City & The City" spielt.

Die Bewohner der beiden Städte sind voneinander isoliert. Sie leben nebeneinander her, aber völlig unterschiedliche Leben. Eine Straßenseite ist Teil der Stadt Ul Quoma, die andere gehört zu Besźel. Die Menschen sprechen verschiedene Sprachen, haben eigene Regierungen und als wäre das alles noch nicht irre genug, können sie sich gegenseitig nicht sehen, obwohl es keine Mauer gibt, die den Kontakt untereinander verhindert. Die Gewohnheit – und ein strenges Verbot – halten die Menschen davon ab sich gegenseitig wahrzunehmen. Dass die Grenzen zwischen den Städten nicht überschritten und die Regeln nicht gebrochen werden, stellt eine Art übergeordnete Geheimpolizei sicher: die "Ahndung".

Unverfilmbar? Denkste!

Das, was sich der Autor China Miéville als Setting für seine Romanvorlage ausgedacht hat, ist schon mit viel Fantasie schwer vorstellbar. Diese beiden Städte auch noch auf den Bildschirm zu bringen – das ist fast unmöglich. Der Regisseur Tom Shankland hat es geschafft, mit einer geschickten Kameraführung und mit Farben. Sein Besźel ist eine nostalgische, etwas heruntergekommene, in gelbes Licht getauchte Stadt. Ihr Gegenstück Ul Quoma dagegen sauber und hochtechnologisiert, ihre Farbe ist knalliges Rot. Dieser Kniff hilft den Zuschauern sich zurechtzufinden. Und er wird Touristen beigebracht, die in die jeweils andere Stadt reisen wollen und dafür lernen müssen, nicht mehr ihre eigene Stadt zu sehen – sondern die andere.

Zu so einem Einführungsseminar muss auch der Polizist Tyador Borlú. Er soll in Besźel einen Mord ermitteln. Dort wurde die junge amerikanische Studentin Mahalia Gehry tot aufgefunden und die Ermittlung führt Borlú in die andere Stadt. Dann wird es richtig abgefahren: In Ul Quoma erfährt Borlú nämlich, dass die tote Studentin einer Gruppe angehörte, die glaubt, dass es noch eine dritte Stadt gibt, die allen verborgen ist. Genau wie Borlús Frau Katarynia, die seit Jahren verschwunden ist.

Standard Noir-Krimi in fantasievollem Setting

Das Setting von "The City & The City" ist wirklich einzigartig. Es macht aber auch nachdenklich: Darüber, was wir im Alltag selbst bereit sind zu ignorieren. Die Dinge, die wir einfach nicht mehr wahrnehmen, obwohl sie direkt vor unseren Augen passieren. Obdachlose am Straßenrand zum Beispiel, an denen wir einfach vorbeigehen, als wären sie nicht da. Beleidigungen und andere Ungerechtigkeiten, die wir übersehen, weil wir gerade einfach keine Zeit dafür haben. In der Serie heißt es einmal, dass das Nicht-Wahrnehmen der einzige Grund sei, weshalb Frieden herrscht – und da ist wohl was dran.

"The City & The City" bietet zwar auch keine Lösung für dieses Problem, aber zumindest vier unterhaltsame Stunden und einen spannenden Mordfall in der abgefahrensten Serienwelt des Jahres.

Die vier Folgen von "The City & The City" gibt's ab 14.12.2018 bei RTL Crime.

Sendung: Hochfahren, 12.12.2018 - ab 7 Uhr