Serie // "Skylines" In dieser Serie tauchen mehr Rapper auf als beim Splash-Festival

Die neue deutsche Netflix-Serie "Skylines" will Finanzkrimi, Familientragödie und Rap-Drama in einem sein. In Sachen HipHop ist sie aber authentisch, dank zig Gastauftritten und tollen Darstellern – dafür schwächelt sie woanders.

Von: Vanessa Schneider

Stand: 25.09.2019 | Archiv

Szene aus der Netflix-Serie "Skylines" | Bild: Netflix//Nik Konietzny

Diese Serie gehört auf eure Watchlist, wenn... ihr die raue Gangsterromantik von "4 Blocks" feiert, Dank "Bad Banks" die Finanzkrise verstanden und die Startseiten diverser HipHop-Portale immer geöffnet habt.
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Jinns Finger hämmern auf die Drum Machine ein wie ein Presslufthammer. Mit seinem besten Freund, dem Rapper Tonik, stellt sich der DJ und Produzent schon zum vierten Mal dem erbarmungslosen Rap Battle "Rap Up". Sie träumen vom Plattenvertrag, vom großen Durchbruch. Hinten im Publikum beobachtet ein Talentscout von Frankfurts erfolgreichstem Rap-Label "Skyline Records" den Auftritt. Für Tonik interessiert er sich nicht. Er hat es auf Jinn abgesehen.

Jinn, laut Pass Johannes Dietz, ist eigentlich ein guter Junge. Loyal, mit einem Sinn für Gerechtigkeit, aber auch großen Träumen. Trotzdem ist er seinem Vater, einem nicht ganz sauberen Immobilienbanker, ähnlicher, als er denkt. Der lässt sich vom schönen Schein des Geldes verführen und kann nicht verstehen, wieso sein Sohn lieber Nachtschichten an einer Hotelrezeption schiebt, als den einfachen Weg zu gehen und sich von ihm abhängig zu machen.

Familie und Geschäft vertragen sich nicht

Rapper und Labelchef Kalifa (Murathan Muslu) in seinem Eckbüro bei Skyline Records

Was für seinen Vater das Geld ist, ist für Jinn (Edin Hasanovic) der musikalische Erfolg. Und genau den verspricht ihm dann der exklusive Label-Deal bei "Skyline Records", dem Label vom erfolgreichen und inzwischen ziemlich reichen Rap-Urgestein Kalifa (Murathan Muslu). Der genießt den Höhenflug vom sprichwörtlichen Bordstein zur Skyline mit einer grandiosen Aussicht auf den Moloch Frankfurt aus seinem Eckbüro. Als Kalifas krimineller Bruder Ardan plötzlich aus der Versenkung auftaucht, ist nicht nur Kalifas Familie in Gefahr, sondern das ganze Label. Und damit auch Jinn.

Der zentrale Konflikt von "Skylines" ist schnell erklärt. Aber er ist längst nicht der einzige. Familienloyalitäten und Machtkämpfe gibt es auf allen Seiten: Zwischen Drogenfahndung und Offenbacher Straßemillieu, albanischer Drogenmafia und Bankern, Rappern und den Gangstern. All das ist nicht halb so leidenschaftlich inszeniert, wie die Szenen im Tonstudio. Von den Recording-Programmen und Instrumenten, die Jinn benutzt, bis zur Inneneinrichtung vom fiktiven Label "Skyline Records" – hier stimmt alles. Der Enthusiasmus und die kreative Atmosphäre in den stickigen Studioräumen überträgt sich durch die tolle Regie und Kamera direkt auf den Bildschirm. Zum Beispiel als Jinn einen Beat für die Rapperin Nura produziert, die sich in "Skylines" selbst spielt.

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Skylines | Official Trailer | Netflix | Bild: Netflix (via YouTube)

Skylines | Official Trailer | Netflix

Endlich mal ein glaubwürdiger Einblick

Rapperin Nura nimmt in "Skylines" einen Track auf.

Jinns Beats stammen vom Produzenten Ben Bazzazian, der auch für Haftbefehl, K.I.Z und Marsimoto produziert. Der Musikpart von "Skylines" funktioniert auch deshalb so gut, weil viele Rapper den Serienschöpfer Dennis Schanz und die Darsteller beraten haben. Sie haben Musik zum Soundtrack beigesteuert und tauchen auch in unzähligen Gastauftritten und Nebenrollen auf – meist als Rapper, oft als sie selbst und selten als Gangster wie bei "4 Blocks". Olexesh spielt den Rapper Wowa, Celo und Abdi, aber auch Azad und Nura einfach sich selbst. Dieser Realismus unterscheidet "Skylines" von anderen deutschen Serien mit Musiksetting wie die verkorkste Amazon-Serie BEAT in der Berliner Technoszene und "Dogs Of Berlin", wo Haftbefehl und Sinan G aufkreuzen.

Leider will "Skylines" in nur sechs Episoden drei Familiengeschichten gleichzeitig erzählen. Dadurch gerät der Erzählrhythmus nach ein paar Folgen aus der Spur und spätestens in der fünften Folge fragt man sich, wie zum Henker es eigentlich so eskalieren konnte. Besonders die Nebenhandlung in der Frankfurter Finanzwelt hat zu wenig Raum und wirkt klischeehaft und konstruiert. Warum ich nicht abgeschaltet habe? Wegen der Darsteller: Murathan Muslu als Rap-Urgestein Kalifa und Edin Hasanovic als Jinn. Beide haben eine sehr sensible Seite, können aber auch total gefährlich wirken. Für sie und einen recht glaubwürdigen Einblick hinter die heiligen Türen eines Tonstudios lohnt es sich, mal in "Skylines" reinzuschauen.

"Skylines” könnt ihr ab dem 27.09. komplett bei Netflix streamen.

Wie "Skylines" entstanden ist hört ihr im PULS Serienpodcast:

Von "Atlanta" bis "Skylines" – HipHop und Rap spielen in vielen Serien gerade eine große Rolle. PULS Serienpodcasterin Vanessa Schneider spricht mit Hauptdarsteller Edin Hasanovic und Serienschöpfer Dennis Schanz darüber wieviel HipHop in "Skylines" wirklich steckt. Abonniert "Skip Intro" hier!

Sendung: Hochfahren vom 25.09.2019 – ab 7 Uhr.