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Die Kunst der Retro-Requisiten Wie die Mad Men ihren 60er-Jahre-Look bekommen

Mit ihrem detailversessenen 60er-Retrolook hat die Serie "Mad Men" neue Standards in der TV-Landschaft gesetzt. Zum Serienfinale wandern die Requisiten deshalb nicht auf den Müll, sondern ins Museum.

Von: Christian Alt

Stand: 08.04.2015 | Archiv

Don und Megan Draper in Staffel 7 von Mad Men | Bild: Frank Ockenfels/ AMC

Man hätte es sich eigentlich denken können: "Mad Men", die Serie, in der andauernd gesoffen und geraucht wurde, geht zu Ende, und Serienerfinder Matthew Weiner nimmt sich als Andenken eine Minibar vom Set mit. Ab sofort klirren die Eiswürfel also nicht mehr im Glas von Don Draper und seinen Werberkollegen, sondern nur noch daheim bei Serienmastermind Weiner.

Vom Studio ins Museum

Matthew Weiner ist nicht der Einzige, der sich für die Ausstattung von "Mad Men" interessiert: Gleich zwei Museen in den USA, das Museum of the Moving Image in New York und das berühmte Smithsonian in Washington DC, stellen ab sofort Kostüme und Requisiten aus der Retroserie aus. Das kommt nicht von ungefähr: Matthew Weiner ist ein wandelndes Lexikon der 60er-Jahre, ein Perfektionist, der alles am Set möglichst originalgetreu haben wollte. Manche der Requisiten, die jetzt ins Museum wandern, stammen allerdings von - Etsy!

Ein Grund dafür, sagt "Mad Men"-Requisiteur Scott Buckwald im Interview mit der Sammlerzeitschrift Collector's Weekly, sei die knappe Zeit: "Wenn du die Requisiten für einen Spielfilm machen sollst, hast du in der Regel zehn Wochen Zeit. Bei Fernsehserien ist es nur eine." Die Vorbereitungszeit von einer Woche bedeutet vor allem eins: improvisieren. Denn Requisiteure wie Buckwald haben einfach nicht genug Zeit, von allen benötigten Möbeln, Kostümen und Accessoires Originalversionen aufzuspüren und einfliegen zu lassen. Alles, was man schnell neu machen kann, wird deshalb neu gebastelt.

Das war auch bei der jetzt berühmten "Mad Men"-Minibar der Fall. Eine Requisiteurin hat sie auf Etsy entdeckt, schnell gekauft und ihr hier und da noch den nötigen 60er-Retrolook verpasst. Auch die Zigarettenpackungen, die jetzt vom Büro der Mad Men ins Museum gewandert sind, kommen nicht aus den 60ern, sondern von Photoshop. Das Problem ist nämlich: Alle Originalverpackungen sind in den letzten 50 Jahren stark vergilbt, in der Serie muss es aber so aussehen, als hätte man sie gerade erst gekauft. Deshalb kommen auch alle Magazine und Bücher aus dem hauseigenen Drucker und nicht aus der Bibliothek.

Neuer Anstrich fürs rostige Rad

Wenn die Requisiteure gar nicht mehr weiterwissen, gehen sie zu History for Hire. Ein Requisitendienst, dessen Webseite auch total retro ist. Hier gibt es alles, was die Filmindustrie braucht, um in uns das Retrofeeling zu erzeugen: alte Schreibmaschinen, Mikrofone, Uniformen, Computer und Gitarrenverstärker. Aber auch hier gilt: Es muss neu aussehen. Also wird eine dicke Farbschicht draufgekleistert und ein rostiges Bonanzarad sieht aus wie neu.

In den Museen findet man jetzt die berühmtesten Requisiten und Sets: Don Drapers Büro, die Küche seiner Familie, den Schuhkarton mit Erinnerungen aus seinem früheren Leben und natürlich auch jede Menge Whiskeygläser. Dabei sind das gar nicht die spannendsten Requisiten, die "Mad Men" zu bieten hatte. Die sieht man nämlich nur, wenn man ganz genau hinschaut.

Tagelange Arbeit für zweisekündige Szenen

In einer der ersten Folgen der Serie taut Betty, Don Drapers Frau, einen Kuchen auf. Den Kuchen zu beschaffen, war kein Problem. Aber wie zur Hölle haben die Verpackungen von Fertigkuchen damals ausgesehen? Außer echten Messies hat die niemand gesammelt, geschweige denn Fotos gemacht, bevor sie in den Müll gewandert sind. Tagelang hat sich Requisiteur Buckwald durch Google gekämpft, Kuchenhersteller angerufen und mehr als 3000 Fotos ausgewertet, auf denen die Verpackung zufällig zu sehen war. Danach hatte er eine grobe Vorstellung vom Design und Material der Verpackung und konnte in Photoshop alles haargenau nachbauen. Trotzdem, ganz wie im echten Leben, landet die Verpackung kurz nach Gebrauch auch in der Serie direkt im Müll. Tagelange Arbeit für zwei Sekunden Screentime.

Diese Liebe zum Detail ist nicht nur der Grund, warum "Mad Men" jetzt ins Museum wandert, sondern auch, warum das Drama um die New Yorker Werbeleute für immer im Serienolymp Platz nimmt. Darauf doch einen Old Fashioned.


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