Serie // Ku’damm 59 Der Kampf um den Feminismus geht in eine neue Runde

Auch der Nachfolger der ZDF-Produktion Kudamm 56 ist topaktuell, obwohl die Serie in den 50ern spielt. In der Hauptrolle: Frauen, die sich endlich trauen, ihren Mund aufzumachen.

Von: Verena Fücker

Stand: 20.03.2018 | Archiv

Kudamm 59 Gruppenbild | Bild: BR

Ende der 50er-Jahre. Deutschland erholt sich langsam vom Zweiten Weltkrieg – das Leben wird ganz schön bunt, aber irgendwie wirkt alles wie die perfekte Filmkulisse. Hauptsache, der schöne Schein bleibt gewahrt. Monika, die in der ersten Staffel lieber Rock’n’Roll tanzen wollte, als von ihrer Mutter auf die Hauswirtschaftsschule geschickt zu werden, hat Karriere gemacht: Gemeinsam mit ihrem langjährigen Freund Freddi ist sie als Schlagerduo erfolgreich. Aber dafür musste sie auch einiges aufgeben. Monika ist irgendwie brav geworden. Für ihren neuen Heimatmusikfilm rennt sie im Dirndl statt im Petticoat rum. Und dann steht am Set plötzlich Joachim, der melancholische Fabrikantensohn, mit dem Monika durch eine ziemlich komplizierte Vorgeschichte aus der ersten Staffel verbunden ist. Er fragt sie: "Was machst du hier, Monika? Lebst du dein Leben oder erfüllst du die Erwartungen deiner Mutter?"

Ausgerechnet ein Mann muss sie an ihre kämpferische Seite erinnern. Dabei gibt es genug, wogegen Monika immer noch rebellieren müsste, zum Beispiel, dass ihre Tochter nicht bei ihr aufwachsen darf, weil sie unehelich ist. Oder dass ihre Schwestern noch nicht mal den Führerschein machen dürfen, weil deren Ehemänner das "nicht schicklich" finden. Es lebe das Patriachart.

Bunte, heile Schlagerwelt vs. das wahre Leben

Es scheint, als habe Monika genau diesen Anstupser von Joachim Frank gebraucht. Plötzlich findet sie zurück zu alter Stärke. Das heißt aber auch, dass sie vor Gericht ziehen muss – gegen ihre Schwester Helga. Denn Monika streitet sich nicht mehr nur mit der Mutter Caterina,  wie in Staffel 1, auch zwischen den Schwestern geht es dieses Mal hoch her.

Als wäre all das nicht anstrengend genug, hat Monika bei ihrer Filmpremiere dann auch noch sowas wie ein Coming Out und erzählt der versammelten Regenbogenpresse von ihrer unehelichen Tochter. Wieder mal ein Skandal, der Familie Schöllack beschäftigt – und Monikas Karriere mehr als in Gefahr bringt.

Ein feministisches Manifest

"Ku’damm 59" ist ein feministisches Manifest mit Mut und Wendungen, wie man sie oft nicht erwartet hätte. Und damit geht‘s schon nach wenigen Minuten los. Neben Sonja Gerhardt, Claudia Michelsen und Emilia Schüle ist der eigentliche Star der Serie die Musik. Wie zerrissen die Figuren in "Ku’damm 59" sind, das spiegelt sich vor allem in Monikas Songs wieder – vom bunt-fröhlichen, spießigen, ur-deutschen Schlager  bis zum spannenden, protestgeladenen Blues auf Englisch.

Auf der einen Seite die heile Welt, nach der sich 1959 so viele sehnen, auf der anderen Seite der unbedingte Wunsch, etwas gegen den falschen Schein der Perfektion zu tun. "Ku’damm 59" ist lange nicht mehr so unbeschwert wie "Ku’damm 56", aber umso mehr topaktuell. Der Kampf mit dem schönen Schein beschäftigt auch unsere Instagram-Generation. Die Parolen der ewig gestrigen Alt-Nazis kommen uns heutzutage irgendwie wieder schmerzlich bekannt vor und in der Serie gibt es viele Szenen, bei denen uns eines in den Sinn kommt: #MeToo. Insgesamt zeigt uns diese ZDF-Produktion: Wir sind eben 2018 immer noch nicht so weit weg von 1959, wie wir es gerne wären.

Alle Folgen von Ku’damm 59 findet ihr hier.

Sendung: Hochfahren am 21. März 2018 ab 7 Uhr