Interview mit "Game of Thrones"-Synchronsprecher Patrick Roche Was weiß die deutsche Stimme von Jon Snow über die neue Staffel?

Na endlich: "Game of Thrones" geht in die nächste Runde. Synchronsprecher Patrick Roche ist die deutsche Stimme von Jon Snow - und wir wollten unter anderem wissen, ob er über die kommenden Ereignisse etwas mehr weiß als der König des Nordens.

Von: Matthias Hacker

Stand: 18.07.2017 | Archiv

Jon Snow | Bild: Helen Sloan

Die Serie "Game of Thrones" ist bekannt dafür, dass Charaktere reihenweise sterben. Einer, der bisher überlebt hat – wenn man von seinem kurzfristigen Tod absieht, aus dem er wieder zum Leben erweckt wurde – ist Jon Snow (beziehungsweise auf Deutsch: Jon Schnee). Seine deutsche Stimme leiht ihm Patrick Roche. Der Münchener steht seit seinem sechsten Lebensjahr vor dem Mikro und hat schon so ziemlich alles synchronisiert: "High School Musical", "Prinzessin Lillifee", "Die Tribute von Panem" und eben "Game of Thrones". Zum Start der siebten Staffel hat Patrick Roche uns im Studio besucht.

Patrick, wie viel weißt du denn von der neuen Staffel?

Patrick Roche: Ich weiß fast nichts. Wir nehmen unfassbar knapp auf. Wenn eine Folge ausgestrahlt ist, dann kann man davon ausgehen, dass die meisten Sachen erst ein oder zwei Wochen vorher aufgenommen wurden, weil alle total aufpassen müssen wegen Raubkopien. Als ich – das darf man mittlerweile schon spoilern, das ist ja schon etwas her – gestorben bin als Jon Snow, wusste ich es erst, als ich es im Studio synchronisiert habe. Ich kam wie an jedem Aufnahmetag ganz normal an und dachte, dass ich die Folge mache - und plötzlich war ich tot. Ich wusste auch nicht, dass ich nicht für immer tot bleiben werde, bis es dann soweit war.

Schaust du selber auch "Game of Thrones“ und bist Fan?

Ja, auf jeden Fall. Am Anfang wusste keiner, was das mit "Game of Thrones“ wird. Das hätte ja auch totaler Quatsch sein können. Ich habe dann aber relativ schnell gemerkt, dass es ziemlich geil ist und habe dann tatsächlich an einem Tag die komplette erste Staffel auf Englisch durchgeguckt und am Tag drauf alles noch einmal auf Deutsch. Und so habe ich das dann immer gemacht. Ich habe gewartet bis eine neue Staffel draußen war und habe sie dann im Marathon an einem Tag geschaut. Für die aktuelle Staffel habe ich mit Freunden ausgemacht, dass wir uns jede Woche in einer Wohnung treffen und die neue Folge gemeinsam auf einer Leinwand gucken.

Wie findest du denn deinen Charakter? Magst du Jon Schnee?

Ja, eigentlich sehr. Als wir mit der ersten Staffel angefangen haben, wusste ich nicht wirklich, was ich von ihm halten soll, weil der fast ein bisschen eindimensional war. Er war so: "Ich gehe jetzt an die Mauer, weil ich ein Bastard bin und eh nichts anderes machen kann" und der hatte sonst irgendwie kein Ziel im Leben. Jede andere Figur in der Serie hat ungefähr fünf verschiedene Motive verfolgt und er war total eindimensional. Das fand ich am Anfang etwas langweilig. Aber es war total  wichtig, dass er kein Ziel verfolgt, damit er jetzt checkt, was wirklich wichtig ist. Für mich persönlich ist es mittlerweile die coolste Storyline in "Game of Thrones".

Wie gehst du denn an so eine Rolle ran? Musst du dich da auch sprachlich verändern, um Jon Schnee zu sprechen?

Ja, ein bisschen. Ich spreche Jon grundsätzlich tiefer als meine normale Stimme. Das liegt hauptsächlich daran, dass Kit Harington eine etwas rauere Stimme hat als ich und dass er die Rolle auch so anlegt. Jon Schnee hat ja auch viel durchgemacht und man merkt in jedem Wort und in jedem Satz, dass der eigentlich völlig am Ende ist. Der hat eigentlich auch gar keinen Bock. Er war eigentlich froh, dass er tot war, weil dann endlich alles vorbei war. Deswegen ist der immer etwas rauer und kratziger, weil er einfach so gebeutelt ist.

Jon Schnee muss wahnsinnig viel kämpfen und da wird immer viel gestöhnt und geröchelt. Musst du das auch synchronisieren? Und wie machst du das dann im Studio?

Eigentlich machen wir nach Möglichkeit alles mit, was man hört. Manchmal sind solche Laute bei Kämpfen so auf den Aufnahmen mit drauf, dass man sie nicht leiser stellen kann, weil sonst alle anderen Geräusche auch leiser werden würden. Einige Sachen müssen also im Original bleiben. Aber wir machen auch viele Laute selber und dann bewegen wir uns auch richtig im Tonstudio. Viele Leute glauben, dass wir Synchronsprecher nur einen Text vor uns haben und den dann einsprechen wie bei einer Dokumentation, aber das stimmt gar nicht. Wenn du wirklich ambitionierter Sprecher bist, dann stehst du vor dem Mikro und machst das, was der Typ im Bild auch macht: Wenn er rennt, dann bewegst du dich auch, damit du auch außer Atem bist. In einem Film hatten wir zum Beispiel Besen in der Hand und haben damit durch den Raum geschlagen, damit es sich so anhört, als würden wir kämpfen. Man versucht schon so nah wie möglich an das Original heranzukommen.

Wie wurdest du eigentlich ausgewählt? Gab es da ein Vorsprechen oder hast du Kit Harington schon vorher gesprochen und wurdest dann übernommen?

Es gab für "Game of Thrones" für keine einzige Rolle ein Casting, weil wir alle nicht wussten, was das wird. Wenn die Leute gewusst hätten, dass das so eine fette Serie wird, dann hätte es vermutlich ein deutschlandweites Casting gegeben. In dem Fall war es aber so, dass ich das Glück hatte und schon einige Jahre als Synchronsprecher gearbeitet habe und die Aufnahmeleiter und Produktionsfirmen gesagt haben, dass es passt, wenn ich ihn mache. Das hat es dann auch zum Glück.

In einigen europäischen Ländern wird gar nicht synchronisiert. In der Schweiz zum Beispiel. Die machen das einfach nicht und die Leute sprechen demensprechend auch besser Englisch. Was hältst du vom Synchronisieren in Deutschland?

Ich halte sehr viel davon. Ich finde, wir in Deutschland machen einen sehr guten Job. Ich würde mich sogar trauen zu sagen, dass wir in Europa den besten Job machen. Außerdem hasse ich Untertitel. Ich finde es eine Frechheit, einen Film mit Untertiteln zu schauen, weil ein Film ästhetisch gedreht wird und da soll man auf die Bilder und auf die Gesichter schauen. Und ich will nicht eine Sekunde des Films verpassen, weil man sich einen Untertitel durchlesen muss. Deswegen halte ich sehr viel von Synchronisation. Wir schaffen es, gute Übersetzungen zu machen, die auch gut aussehen und dann kann man den Film auch genießen. Bei einer guten Synchronisation, wie zum Beispiel bei den "Herr der Ringe"-Filmen, merkt man gar nicht, dass es synchronisiert ist, weil es einfach passt.

Kannst du uns nicht doch irgendwas verraten? In welche Richtung geht es zumindest mit Jon Schnee weiter? Überlebst du?

Vielleicht. Ich kenn bisher auch nur die erste und die zweite Folge der neuen Staffel. Ich glaube aber, dass wir jetzt endlich in den Genuss kommen, diesen riesigen Krieg, auf den sich jetzt schon seit vielen Staffeln vorbereitet wird, zu sehen. Das, was im Norden passiert, tangiert auch endlich mal die im Süden und die Drachen kommen vielleicht auch mal herüber. Das zeichnet sich jetzt schon etwas ab.

Sendung: Filter vom 17.07.2017 ab 15 Uhr