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Info Portugal. The Man stammen ursprünglich aus Alaska, sind aber nach Portland übersiedelt, wo sie uns schon seit 2004 mit Über-Hits wie “Feel It Still” oder “Live In The Moment” verzaubern.

Games // The Infectious Madness of Doctor Dekker Psycho-Spielchen auf der Couch

Die Popkultur ist voll von Krimis und unterschiedlichsten Ermittlern. In Games ist das klassische "Wer war es" noch selten. "Doctor Dekker" versucht es: Eine grüne Couch, eine Handvoll Patienten - fertig ist der Mystery-Thriller.

Von: Franz Liebl

Stand: 11.08.2017 | Archiv

Patienten von Doctor Dekker  | Bild: D’Avekki Studios

Doctor Dekker wurde umgebracht. In seiner eigenen Praxis. Möglicherweise hat das etwas mit seinen Patienten zu tun. Er ist Psychotherapeut und behandelt eine gute Handvoll sehr besonderer Fälle. Ich bin sein Nachfolger, übernehme die Praxis inklusive der Patienten und will natürlich wissen, wer hat Doctor Dekker ermordet hat - und warum?

Die Games-Vorlage sind echte Schauspieler.

"The Infectious Madness of Doctor Dekker" kennt genau eine einzige Kameraeinstellung: Die Frontale auf eine weiße Holzwand mit grüner Ledercouch davor. Auf dieser Couch sitzen die Patienten, mit denen ich Gespräche führe. Alle Personen, die mir im Game gegenüber sitzen, sind übrigens echte Schauspieler, die extra für das Spiel aufgenommen worden sind.

Und da sitzt sie, meine erste Patientin: Marianne. Ich bin neu, ich kenne sie nicht. Also tippe ich in die Tastatur: "Hallo." Sie antwortet: "Hallo. Wie geht es Ihnen?" Ich tippe wieder: "Gut. Und wie geht es Dir?" - "Ich habe immer noch diese Blackouts." "Blackouts?" hake ich nach. Schon bin ich mittendrin.

Die einzelnen Typen, die vor mir auf der Couch sitzen und das was sie sagen, das alles ist ziemlich gut geschrieben und allermeistens auch gut geschauspielert. Umso länger ich mich mit ihnen unterhalte, umso neugieriger ich nachfrage, desto besser lerne ich sie kennen. Was sie denken, wie sie leben, was für Probleme sie haben - und für mein Ziel besonders wichtig: Wie sie zu Doctor Dekker standen.

Sind sie psychisch krank - oder doch nicht - oder ich?

Der Totengräber Bryce denkt, seine Tage haben 25 und nicht 24 Stunden - und für alle anderen bleibe die Zeit in der zusätzlichen Stunde stehen. Nathan denkt, er erlebe immer denselben Tag wie Bill Murray in "Und täglich grüßt das Murmeltier". Krankenschwester Elin arbeitet in einem Sterbehospiz und ist fasziniert von der "anderen Seite".

Ein Professor schwadroniert über Chaostheorie, Mariannes regelmäßige Blackouts verbindet sie mit ihrer "Gabe" Menschen manipulieren zu können - "Doctor Dekker" wird schnell zu einer tollen Mystery-Nummer. Alle scheinen psychisch schwer krank zu sein, gleichzeitig denkt man sich durch die vielen Parallelen in ihren Aussagen: Vielleicht sind sie es doch nicht.

Wenn die Spielmechanik die Illusion crasht

Die Illusion, tatsächlich mit einem echten Menschen ein Gespräch zu führen, wird nur leider ab und zu getrübt - und zwar dann, wenn das Game nicht checkt, was ich eintippe. Ein Patient fragt mich: "Wo ist Doktor Dekker?" Ich tippe: "Er ist tot." Der Patient antwortet: "Tut mir leid, ich verstehe sie nicht, fragen sie mich etwas über Physik." Ich sage diesmal: "Er wurde ermordet." Der Patient antwortet: "Ist er wirklich tot?" Da wird klar, dass das Game bloß auf "ermordet" reagiert.

Ich habe ganz schnell die Untertitel angemacht und die Hilfestellung aktiviert. Dann schreibt das Game in den Untertiteln besonders wichtige Schlüsselwörter kursiv. Apropos Untertitel. Das Game ist komplett in Englisch. Man muss auch in Englisch schreiben. Ohne sehr, sehr gute Sprachkenntnisse hat man hier gar keine Chance, zumal es oft um komplexe philosophische Themen geht.  Kann man über diese beiden Kritikpunkte hinwegsehen, kriegt man hier einen außergewöhnlichen Gaming-Mystery-Thriller. Ich habe "The Infectious Madness of Doctor Dekker" sehr genossen.

The Infectious Madness of Doctor Dekker (D’Avekki Studios // für PC, Mac)

Sendung: Hochfahren vom 14.08.2017 ab 7 Uhr