Interview mit Jule Schulte von #keinluxus Diese Frau könnte bald mit dem Bundestag über die Tamponsteuer reden

Die Petition #keinluxus für eine niedrigere Steuer auf weibliche Hygieneprodukte hat genügend Unterschriften gesammelt und landet somit im Bundestag. Wir sprechen mit einer der Initatorinnen darüber, wie es jetzt weiter geht.

Von: Katharina Geschier

Stand: 11.06.2019 | Archiv

Jule Schulte | Bild: Jule Schulte

Tampons, Binden und Menstruationstassen gelten in Deutschland nicht als Grundbedarf. Damit wird beim Kauf auch nicht der ermäßigte Steuersatz von 7% fällig, sondern der höhere von 19%. In Irland, Kanada und Kenia wurde diese "tampon tax" in den letzten Jahren schon komplett abgeschafft. Und in Deutschland?

Das Magazin NEON hat zusammen mit dem Kondom-Start-Up Einhorn im Februar die Petition #keinluxus eingereicht. Die Forderung: Runter mit der Steuer auf Tampons und Co.! Die Petition konnte genug Unterschriften sammeln und deshalb muss sich jetzt der Petitionsausschuss des Bundestags damit befassen. Ist das Ziel jetzt so gut wie erreicht oder steht noch ein weiter Weg bevor? Wir haben mit Jule Schulte, eine der Initiatorinnen der Petition, darüber gesprochen.

PULS: Jule, was habt ihr für Reaktionen auf eure Petition bekommen?

Jule Schalte: Wir haben größtenteils super positive Nachrichten bekommen. Aber es gab tatsächlich auch viele Frauen, die noch gar nicht wussten, dass Periodenprodukte so hoch besteuert werden. Bei den Männern fanden es einige eher befremdlich, andere haben uns wiederum gefragt, ob sie die Petition denn auch unterschreiben dürfen.

Die Steuersätze in Deutschland sind ja generell sehr undurchsichtig: Mate-Tee und Schokolade gilt als Grundbedarf und wird mit 7% besteuert, aber Kondome, Tampons und Toilettenpapier mit 19 %. Muss sich da grundsätzlich was ändern?

Auf jeden Fall. Uns wurde auch immer wieder vorgeworfen, dass die Besteuerung bei anderen Produkten auch kein Sinn macht. Und es stimmt: Das System ist total veraltet und absurd. Aber Toilettenpapier und Kondome brauchen wir alle, Menstruationsprodukte dagegen nur Menstruierende. Das sind also Produkte, bei denen die Hälfte der Gesellschaft benachteiligt wird. Und genau noch die Hälfte der Gesellschaft, die ohnehin oft schon weniger verdient und beim Einkauf in der Drogerie, zum Beispiel durch die Pink Tax, mehr bezahlt.

Und mal ganz blöd gesagt: Wir können da ja jetzt nicht mit einer Petition beim Petitionsausschuss auflaufen, in der wir sagen: "Hallo, lieber Bundestag! Wir hätten gerne, dass ihr das gesamte System ändert, weil das geht so nicht mehr und das ist veraltet. Danke." Du kannst nicht mit einer Petition für alles ankommen. Du musst sehr spezifisch argumentieren können und deshalb musst du dich auf eine spezifische Sache konzentrieren.

Eure Petition hat die 50.000 Unterschriften-Marke locker geknackt. Wie geht’s jetzt weiter?

Das wird jetzt ein "Abwarten und Tee trinken", die Politikmaschine rattert sehr langsam. Wir müssen schauen, was mit dem Antrag der Linken (zur Senkung der Umsatzsteuer auf Menstruationsprodukte, Anmerk. der Red.) passiert und dann müssen wir einen Termin für eine öffentliche Sitzung des Petitionsausschusses bekommen, von denen es aber nur vier im Jahr gibt. Das kann also alles noch wahnsinnig lange dauern.

Aber bis dahin müssen wir alle, denen das Thema am Herzen liegt, dafür sorgen, dass es weiterhin besprochen wird. Wir müssen weiter offen, laut und schamfrei über die Periode sprechen und für das einstehen, was uns wichtig ist. Zum Beispiel auch, indem wir die verantwortlichen Politiker im Petitions- und Finanzausschuss kontaktieren und unsere Stimmen auf Social Media nutzen. Wir müssen das Thema laut halten, damit klar wird, dass da eine riesige Menge Menschen dahintersteht.

Auch die Partei "Die Linke" hat einen Antrag für die Senkung der Umsatzsteuer auf Menstruationsprodukte eingereicht. Was erhofft ihr euch dadurch?

Das ist keine koordinierte Unterstützung, aber wir kämpfen für dieselbe Sache. Der Antrag der Linken ist für uns ein wichtiges Zeichen, weil er zeigt, dass die Politik die Besteuerung von Menstruationsprodukten wahrgenommen hat.

Es besteht natürlich die Möglichkeit, dass dieser Antrag dazu führt, dass die Mehrwertsteuer schon vorher über ein Gesetzgebungsverfahren aus der Mitte des Bundestages geändert wird. Das wäre ein großartiger Erfolg und würde schneller gehen, als mit unserer Petition. Aber das können wir nicht beeinflussen. Und ganz egal, wie darüber entschieden wird: Wir werden so oder so beim Bundestag im Petitionsausschuss sprechen können. Und dann ist es super gut, wenn sich die Politik vorher im Bundestag schon mal mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Je mehr Druck von allen möglichen Seiten kommt, desto besser.

Sendung: PULS am 11.06.2019, ab 15 Uhr.