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Dating-Sucht "Manche holen sich Anerkennung im Job, ich durch Dating"

Für die meisten Singles haben Dates ein Ziel: einen Partner finden. Was, wenn man den schon gefunden hat, aber mit dem Daten trotzdem nicht aufhören kann? Eine Dating-Süchtige erzählt.

Von: Verena Fücker

Stand: 18.09.2017 | Archiv

Grafik Dating-Sucht | Bild: BR

Katja Lewina ist 32 Jahre alt, freie Autorin, verheiratet und süchtig nach Dates. Nicht permanent – sie hat ihre cleanen Phasen – aber eben auch die, in denen sie die Sucht überkommt. Was das genau bedeutet, wie viele Dates sie in der Woche dann "braucht“ und wie ihr Ehemann das findet - das wollten wir von ihr wissen.

Puls: Wie sieht dein Liebesleben gerade aus?

Katja Lewina: Sehr spannend. Ich bin jetzt seit sieben Jahren mit meinem Partner zusammen und die ersten Jahre waren wir ganz klassisch monogam, haben geheiratet und Kinder bekommen. Dann ist uns das passiert, was in ganz vielen Beziehungen irgendwann der Fall ist: Einer ist irgendwie unzufrieden, kann das aber nicht so richtig artikulieren und bricht heimlich aus, indem er fremdgeht. Bei uns war das mein Mann. Irgendwann ist das aufgeflogen und führte natürlich zu vielen Tränen, zerbrochenem Geschirr und Streitereien. Gleichzeitig kam aber auch endlich alles auf den Tisch: Wer von uns ist an welcher Stelle unglücklich? Was brauchen wir eigentlich wirklich? Wo stecken wir fest? Das war ein Prozess, der ganz viele Lebensbereiche betraf. Nicht nur die Frage, wie wir uns sexuell ausleben wollen - aber eben auch. Und jetzt gehen wir beide ab und zu kleinen Abenteuern nach und gönnen uns das gegenseitig. 

Was heißt ab und zu?

Das ist ganz unterschiedlich. Ich glaube, ich bin diejenige, die das auf jeden Fall mehr auslebt und da öfter unterwegs ist. Wir haben aber auch noch ein Leben außerhalb davon. Insofern gibt es auch einfach mal Monate, in denen nicht so viel läuft, weil einfach andere Dinge gerade wichtiger sind und dann wieder Monate, in denen mich die Dating-Sucht erfasst. Da geht es dann ziemlich heiß her. 

Wann hast du denn das erste Mal gemerkt, dass aus dem Daten für dich eine richtige Sucht geworden ist?

Dafür gibt es gar keinen klaren Punkt. Diese Tendenz kenne ich schon, seit ich ein Teenie war, seit das überhaupt losging mit den Jungs. Da war ich schon sehr intensiv dabei und habe gemerkt, dass ich so Phasen habe in denen ich total absorbiert werde davon. Die hab ich auch nach wie vor noch, zum Glück nimmt das mit dem Alter ein bisschen ab. Aber es scheint offensichtlich in mir angelegt zu sein.

Wie äußert sich die Sucht bei dir denn genau?

Die Sucht hat zwei Seiten: Auf der einen trifft es mich total, wenn ich jemanden, den ich haben wollte, nicht bekommen konnte, oder zumindest nicht so weit, wie ich ihn gerne haben wollte. Das kann sich tatsächlich anfühlen, wie eine Kugel in der Brust. Ich gebe dem Ganzen dann viel mehr Bedeutung als diese Beziehung oder Affäre je hätte haben können, wäre sie zustande gekommen. Wenn ich in solchen Phasen mal eine Woche kein Date habe, dann fühle ich mich furchtbar leer. Unsichtbar auf eine gewisse Weise.
Auf der anderen Seite merke ich, wie mir die Menschen, die beteiligt sind, immer egaler werden. Ich selektiere zwar schon und nehme nicht jeden. Aber es geht mir dann eigentlich gar nicht mehr darum: Wer ist das jetzt eigentlich? Mag ich den? Will ich den? Es geht eigentlich nur noch um die Frage: Will der mich? Der soll mich jetzt ganz dringend wollen! Diese Phasen sind mittlerweile seltener, aber immer, wenn ich diese zwei Seiten an mir bemerke habe, wusste ich: "Oh, oh da läuft jetzt gerade etwas falsch, da muss ich die Handbremse ziehen“.

Das klingt so, als sollte man sich vor dir in Acht nehmen, während einer Suchtphase?

Weil ich die Männer so instrumentalisiert habe für meine Sucht, so zum Objekt mache?

Es kann ja sein, dass du den Männern damit weh tust.

Stimmt. Ich glaube, das ist warum es sich wie eine Sucht anfühlt, bei der man dann nicht mehr rechts und links guckt, sondern eigentlich nur noch diese Befriedigung vor sich hat. Bestimmt kein feiner Zug.

Weißt du woher diese Sucht oder die Veranlagung bei dir kommt?

Gute Frage. Das habe ich bis jetzt nicht ganz durchdrungen. Ich glaube erkannt zu haben, dass es grundsätzlich eine Bewältigungsstrategie für irgendeinen inneren Mangel ist. Also dieses Gefühl: Ich bin nicht gut genug – für was auch immer. Und dann sucht man sich eben Menschen oder Strategien, die einem das Gegenteil beweisen sollen. Andere holen sich diese Anerkennung zum Beispiel im Job und mein Weg ist eben dieser. Woher dieses Mangelgefühl kommt, ist echt Spekulationssache. Ich hab einen Migrationshintergrund, als Ausländerkind kannst du auch echt leicht einen Knacks bekommen. Meine Eltern sind geschieden, auch eine ganz schlimme Sache. Aber ich glaube nicht, dass das so linear funktioniert. Da kommen ganz viele Faktoren zusammen.

Wie viele Dates pro Woche hattest du denn in deiner Hochphase?

Also die aktuellste "Kernsucht" liegt jetzt ein paar Monate zurück - da ging es ziemlich hoch her. Letztendlich waren es nicht mehr als drei bis vier Dates pro Woche. Mehr ist rein logistisches gar nicht drin, ich hab ja noch ein Leben jenseits von Männerbekanntschaften, das irgendwie weitergehen muss. Aber es geht nicht nur um die Dates an sich, um diese persönlichen Begegnungen, sondern auch darum, dass du zum Beispiel ständig WhatsApp-Nachrichten von irgendwelchen Typen bekommst, die dich toll finden. Dann ist das vom Effekt her fast genauso gut. Es geht um Bestätigung rund um die Uhr.

Wo lernst du die drei bis vier Dates pro Woche kennen?

Ich habe keine Dating-Goldgrube entdeckt. Es ist wie bei allen anderen Menschen auch: ich lerne Männer kennen beim Feiern oder über Freunde oder beim Bäcker meinetwegen. Ich war auch einen Tag mal bei Tinder angemeldet, aber das musste ich direkt wieder deinstallieren, weil es mich total verrückt gemacht hat.

Wieso macht dich Tinder verrückt?

Naja, ich bin ja eh schon süchtig nach menschlichen Kontakten. Bei Tinder liegen sie ja quasi alle direkt vor einem und du hast das Gefühl, du könntest sie alle haben, auch wenn das wahrscheinlich nicht stimmt. Dieses Gefühl, ständig wischen zu müssen und ständig was verpassen zu können, hat mich kirre gemacht.

Wie gehst du damit um wenn dich jemand in einer Suchtphase ablehnt?

Ich habe grundsätzlich das Glück, nicht so viel Ablehnung zu erfahren. Vielleicht weil ich mir irgendwie gleich die Typen suche, die die richtigen Signale senden. Ich weiß es nicht. Aber es passiert natürlich auch mal, dass jemand nicht so reagiert, wie ich es gern hätte und in der Suchtphase ist das der Todesstoß. Das ist dieser absolute Beweis von "du bist mangelhaft", "du bist es nicht wert", "niemand liebt dich".

Die letzte Suchtphase sagst du, ist jetzt ja schon ein paar Monate her. Was hast du gemacht um davon loszukommen?

Etwas ganz Schlimmes: Ich hab mich in den kalten Entzug gestürzt. Ich hab wirklich alle Brücken abgebrochen, aufgehört zu flirten und allen gesagt, dass ich keine Nachrichten mehr beantworten werde. Ich hab wirklich versucht, mich nur noch auf mich zu konzentrieren und auf all das, was hochkommt, wenn diese Bestätigung von außen wegfällt. Das war wirklich eine beschissene Zeit, aber die hat sich gelohnt, weil ich gemerkt habe, wie sehr ich mich eigentlich unsicher, mangelhaft und wertlos fühle. Zum Glück geht so ein Entzug ja auch irgendwann vorbei und die Gefühle normalisieren sich. Die Hormone pendeln sich wieder ein und inzwischen bin ich viel, viel entspannter, was das Daten und meine Selbstwahrnehmung angeht.

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