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Kreative Geschäftsideen Wie gehen wir in Zukunft shoppen?

Es ist so einfach, online mal eben ein Shirt oder eine Kamera zu kaufen. Darunter leiden vor allem Einzelhändler - und entwickeln jetzt Ideen, damit wir auch in Zukunft bei ihnen einkaufen. Wir stellen die besten vor.

Von: Verena Fücker

Stand: 02.05.2016 | Archiv

Digitales Shopping | Bild: BR

Mal eben eine neue Jeans oder Kamera online bestellen - das geht mittlerweile in ein paar Sekunden und immer mehr Leute machen das auch. 2013 haben zum Beispiel 45 Millionen Deutsche für ihren Privatgebrauch im Internet eingekauft. Das sind 30 Prozent mehr als 2008. Gerade in Bayern ist diese Veränderung beim Shoppen deutlich zu spüren: Der Quelle-Konzern aus Fürth, der Weltbild-Verlag in Augsburg oder der Münchner Buchhändler Hugendubel – alle mussten Insolvenz anmelden oder massiv umstrukturieren.

Deswegen suchen immer mehr Geschäfte nach alternativen Ideen und überlegen, wie wir in Zukunft einkaufen wollen. Wir haben ein paar Möglichkeiten zusammengestellt.

Mit dem Online-Style-Coach zum passenden Outfit

Das Klamottengeschäft Konen in München ist seit anderthalb Jahren auch Online vertreten. Neben dem bloßen Angebot, die Klamotten des Modehauses auch im Internet zu shoppen, stehen den Kunden seit September 2015 auch kostenlos Online-Style-Coaches zur Seite. Anhand von persönlichen Vorlieben wird dem Kunden ein individuelles Outfit zusammengestellt – ohne dass der Style Coach den Kunden jemals gesehen hat. Dazu muss der Kunde aus verschiedenen Musterteilen aus dem Online-Shop wählen und sagen, welche Farben im Kleiderschrank vorkommen dürfen und welche er niemals anziehen würde. Zum Schluss muss man dann noch die Lieblingsmarken angeben. Der Style Coach sucht dann passende Outfits zusammen. Dahinter versteckt sich übrigens kein Algorithmus, sondern ein echter Mensch.

Rund 24 Stunden später landet dann ein Outfitvorschlag im E-Mail-Postfach, der überraschend gut zum persönlichen Geschmack passt. Das hat zumindest unser Selbsttest ergeben. Wem das Outfit gefällt, kann alles von der Sonnenbrille bis zu den Schuhen direkt online bestellen.

Und hier liegt auch der größte Unterschied zu Outfittery, dem selbst ernannten „Online Personal Shopping Service“ nur für Männer oder dem Pendent "Zalon" von Zalando. Während da Überraschungsoutfits direkt nach Hause geschickt werden, kann ich bei Konen auswählen: Will ich das ganze Outfit bestellen? Oder nur das Oberteil? Oder schreibe ich meinem Style Coach noch mal, damit er mir was anderes raussucht!?

"Wir wollen, dass der Kunde daheim ebenso gut beraten ist, genauso viel Freude hat beim Shoppen in seinen vier Wänden- und diese Beratung, die er stationär im Geschäft bekommt, dieses Einkaufserlebnis, einfach ein Stück weit nach Hause transportiert bekommt."

Tanja Paulick, Kundenservice Modehaus Konen

Tatsächlich sind die Style Coaches eine gute Idee. Wer innerhalb von wenigen Stunden ein neues Outfit sucht, der sollte vermutlich schnell ins Geschäft gehen und sich beraten lassen. Es dauert eben ein paar Tage von der Beratung durch den Online Coach bis das Outfit zu Hause im Schrank hängt. Wer allerdings mehr Zeit hat oder weiter weg wohnt und mal modische Veränderungen sucht, für den sind die Style Coaches eine gute Idee.

Wer Beratung will, muss bezahlen

Einen anderen Weg schlägt Beat Zürcher ein, der ein Sportgeschäft in Frutigen im Schweizer Kanton Bern betreibt. Im Winter öffnet er noch einen zweiten, kleineren Laden, direkt am örtlichen Skigebiet. Er hat in den letzten Jahren ziemlich deutlich gemerkt, dass er durch Online-Shops Kunden verliert. Um bis zu 40 Prozent ist sein Umsatz eingebrochen. Also musste er sich was überlegen: Seit September 2015 gibt es bei ihm dauerhaft 20 Prozent Rabatt auf alles. Damit sind die Preise ähnlich wie bei vielen Online-Händlern – aber wer Beratung oder Service will, der muss bezahlen.

"Wir haben da aber nichts neu erfunden. Wer sein Auto in Reparatur gibt, bezahlt ja auch einzeln für das Material und die Arbeitszeit, die da reingesteckt wird. Wir haben das Modell also nur aus Branchen in den Einzelhandel übernommen. Damit wollten wir den Preis transparenter machen und zeigen, warum das Internet günstiger ist: Da gibt’s keine Beratung vom Fachpersonal."

Beat Zürcher, Chef eines Sportgeschäfts

Wie viel jemand für die Beratung bezahlt, hängt davon ab, wie viel Erfahrung der Verkäufer hat (Azubi im ersten Jahr oder langjähriger Fachverkäufer), wie teuer das Produkt ist und wie lange das Gespräch dauert. Der Preis liegt grob zwischen 22 und 65 Euro. Wichtig ist: Es wird mit den Kunden darüber geredet, wie viel sie bezahlen sollen. "Bisher hat sich noch niemand beschwert, dass wir zu viel berechnen - im Gegenteil", erzählt Beat Zürcher. Mit seiner Idee ist er ein ziemliches Risiko eingegangen. Sein Mut hat sich aber schon bezahlt gemacht:

"Jetzt am Ende der Saison können wir sagen, dass wir 95 Prozent unserer Stammkunden halten konnten und auf der anderen Seite haben wir wiederum Kunden, die seit Jahren nicht mehr bei uns waren, wieder ins Geschäft holen können. Ich bin eigentlich sehr zufrieden."

Beat Zürcher

Auch in Deutschland gibt es ähnliche Ideen. Ein Kamerageschäft in München verlangt seit ein paar Jahren eine Servicegebühr von 25 Euro von Leuten, die sich im Geschäft erklären lassen, wie ihre Kamera funktioniert – wenn sie die vorher im Internet gekauft haben. Fünf Euro müssen die Kunden auf die Theke legen, wenn es eine umfangreiche Kaufberatung sein soll.

In Essen geht ein Geschäftsmann sogar so weit, dass er zwei Euro Eintritt von jedem verlangt, der sein Geschäft betritt. Wer aber was kauft, bekommt das Geld angerechnet. Stammkunden haben übrigens ein Passwort, damit sie nichts bezahlen müssen. Handys sind in dem Laden schon länger verboten.

Global Player mit Ideen für lokale Geschäfte

Momentan arbeiten fast alle Unternehmen an Ideen zur Zukunft des Einkaufens. Manche könnten sich schon bald in unserem Alltag wiederfinden. Amazon hat zum Beispiel "Amazon Dash" entwickelt. Das ist eine Art Zauberstab, mit dem man nur den Barcode der gewünschten Produkte scannen muss und dann werden sie geliefert.

Das ist sicherlich eine interessante Lösung, wenn man das Geschäft frei wählen darf, bei dem man einkaufen möchte. Dann ließe sich der Zauberstab optimal mit Online-Angeboten von Lebensmittelgeschäften kombinieren, die jetzt schon nach Hause liefern. Das machen nicht nur große Unternehmen wie Rewe, sondern zum Beispiel auch das Start Up "eGourmery" aus Nürnberg, bei dem man online einen Einkaufszettel abgeben kann und die bestellten Produkte geliefert bekommt. Vielleicht könnte dann auch irgendwann mal der Gemüsehändler um die Ecke ganz einfach an dieses Netz angeschlossen werden.


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