Petition gegen "Upskirting" Unter den Rock fotografieren soll endlich illegal werden

Frauen heimlich unter den Rock zu fotografieren ist in Deutschland nicht strafbar. Hanna Seidel und Ida Marie Sassenberg wollen das ändern und haben eine Petition gestartet, um der deutschen Gesetzgebung ein bisschen unter die Arme zu greifen.

Von: Hannah Heinzinger

Stand: 03.05.2019

Grafik: Handy am Stick fotografiert unter einen Rock | Bild: BR

Man möchte meinen, dass die Zeiten, in denen Röcke tatsächlich noch Skandale auslösten, längst vorbei sind. Erstaunlich, dass es immer noch Menschen gibt, die von Röcken dermaßen getriggert werden, dass sie die Handykamera zücken und Frauen minutenlang verfolgen, um ihnen unter den Rock zu filmen.

In Großbritannien ist dieses sogenannte Upskirting seit Anfang 2019 illegal. Wer Menschen heimlich unter den Rock fotografiert oder filmt, muss mit bis zu zwei Jahren Gefängnis rechnen. Dass es in Großbritannien diese Gesetzesänderung gab, ist der Petition einer jungen Britin zu verdanken. In kurzer Zeit sammelte sie so viele Unterschriften, dass auch das Parlament sich für ein Gesetz zum Verbot von Upskirting aussprach. Als diese Meldung aus Großbritannien durch die Medien ging, wollten Hanna Seidel und Ida Sassenberg sofort auch die Petition für die Gesetzesänderung in Deutschland unterschreiben. Doch sie mussten feststellen: Es gab gar keine. Also starteten sie selbst eine Petition: Verbietet #Upskirting in Deutschland!

"Wir haben die Petition erstmal mit unserem Umkreis geteilt und so ungefähr dreihundert Unterschriften gesammelt. Dann hat uns change.org kontaktiert und gefragt, ob sie die Petition über ihren Verteiler rausschicken können, denn sie glauben, dass das was Großes werden könnte. Und das war super effektiv. Über Nacht hatten wir dann plötzlich Zehntausend Unterschriften und dann ist der Stein so richtig ins Rollen gekommen."

– Ida Sassenberg

In Deutschland ist das Fotografieren unter den Rock keine Straftat, sofern die Bilder nicht an Dritte weitergegeben werden. Es gibt zwar ein Gesetz, das sexuelle Belästigung verbietet, allerdings greift das erst, wenn auch eine Berührung stattgefunden hat – und die findet bei einem schnellen Knipser unter den Rock meistens nicht statt. Im privaten oder geschlossenen Räumen, zum Beispiel in Umkleiden oder der eigenen Wohnung, ist diese Art von heimlichen Fotografieren zwar auch verboten, aber eben nicht im öffentlichen Raum. Wem also auf der Rolltreppe, bei einem Konzert oder beim Anstehen an der Supermarktkasse unter den Rock fotografiert wird, hat rechtlich nichts in der Hand.

"Wenn man dann zur Polizei geht und sagt: 'Der hat mir grade unter den Rock fotografiert', kann die nichts machen. Sie kann nicht helfen, weil es kein Gesetz gibt, das eine Handlungsanleitung gibt. Soll sie den verhaften? Bußgeld abnehmen? Ihn verwarnen? In dem Moment, in dem die Polizei keine Handhabe hat, passiert auch nichts. Deswegen brauchen wir ein klares Gesetz."

– Ida Sassenberg

Wie viele Fälle von Upskirting es in Deutschland gibt, lässt sich schwer sagen. Da man nichts zur Anzeige bringen kann, gibt es auch keine Statistik. Aber die Dunkelziffer ist wohl recht hoch. Um die Ausmaße einzuschätzen, braucht man aber nur einen Blick ins Netz zu werfen. Auf Pornoseiten und Videoplattformen finden sich unzählige Videos, in denen Frauen regelrecht mit der Smartphone-Kamera verfolgt und unter den Rock gefilmt werden.

Immer wieder gelangen auch größere Fälle in die Öffentlichkeit: 2014 kam es zum Prozess gegen einen ehemaligen Bürgermeister von Scheyern, auf dessen Kamera die Polizei 99 solcher Bilder und auch Videos fand. Verurteilt wurde er dann aber wegen Beleidigung, vorsätzlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Staatsbeamte. Und auch an Schulen tritt das Problem immer wieder auf.

"Da gibt‘s so einige Horror-Szenarien. Wenn irgendein 15-Jähriger einer 13-Jährigen unter den Rock fotografiert und das Mädchen kann sich nicht an die Polizei wenden - da möchte ich den Eltern des Jungen eben nicht nur sagen: 'Moralisch ist das nicht in Ordnung, was ihr Justus da tut', sondern da möchte ich sagen: 'Was ihr Sohn macht ist illegal. Kümmern sie sich drum.'"

- Ida Sassenberg

Aus der Politik kam bis jetzt noch keine Rückmeldung, aber Hanna und Ida wollen selbst aktiv werden. Mittlerweile haben sie schon fast 30.000 Unterschriften gesammelt: "Wir würden uns gerne mit der Justizministerin Katharina Barley und Familienministerin Franziska Giffey an einen Tisch setzen und dann mit Jurist*Innen besprechen, wie so ein Gesetzentwurf aussehen könnte. Und da wäre ein Rückenwind von 100.000 Unterschriften schon super."

Sendung: PULS am 03.05.2019 - ab 15.00 Uhr