Interview mit Konzertfotografin Itje Kleinert "Erst mit der Kamera hab ich mich überhaupt raus getraut"

Itje ist kleinwüchsig. Wegen ihren Depressionen konnte sie vor ein paar Jahren kaum noch das Haus verlassen. Ausgerechnet auf Konzerte zu gehen und dort zu fotografieren, hat ihr wahnsinnig geholfen.

Von: Teresa Fries

Stand: 20.03.2018 | Archiv

Es gibt Situationen, da sind kleinere Menschen klar im Nachteil. Auf Konzerten zum Beispiel. Itje Kleinert ist 1,23 Meter groß, sie ist kleinwüchsig. Aber so gut wie jeder, der sich in München in der Alternative/Indie-Szene bewegt, hat sie schon einmal auf einem Konzert getroffen: als Konzertfotografin Käthe deKoe.

PULS: Wie kam es dazu, dass du angefangen hast, auf Konzerten zu fotografieren?

Itje: Ich hab 2008 schlimme Depressionen bekommen. Teilweise hab ich das Haus gar nicht mehr wirklich verlassen können. Bis ich dann das Fotografieren für mich entdeckt hab. Erst mit der Kamera hab ich mich überhaupt raus getraut.

Inwiefern hilft dir die Kamera dabei?

Es ist mein Hilfsmittel, um an der Gesellschaft teilzunehmen. Zum einen kann ich mich dahinter verstecken, zum anderen habe ich damit, wenn ich unterwegs bin, eine Aufgabe. Das gibt Sicherheit. Ich hab ganz langsam in ganz kleinen Clubs damit angefangen.

Jetzt hast du ja mittlerweile für deinen Blog tuneart schon mega viele Bands fotogarfiert: Incubus, Mumford & Sons, Beirut, Kraftklub, Red Hot Chili Peppers. Wie kommst du denn da ran? Da kann ja quasi jeder kommen.

Das hat sich mit der Zeit so ergeben. Ich kannte viele Bands in München persönlich und bin mit ihnen befreundet. Zwei habe ich auch gemanagt, bevor ich Depressionen hatte. Und ich war damals eh schon Stammgast im Atomic.

Warum ausgerechnet Konzerte?

Ich finde es total spannend auf Konzerten zu fotografieren. Musik ist ja immer auch ein Gefühl und die Musiker fühlen die Musik ja auch. Und das versuche ich einzufangen. Das ist mir wichtiger, als irgendwelche Lichtverhältnisse oder sowas. Man soll auf einen Blick sehen, was die Musik mit einem macht. Deswegen macht es mich am glücklichsten, dort zu fotografieren. Und was man nicht vergessen darf: Wenn ich auf einem Konzert fotografiere, dann weiß ich, dass ich zumindest bei den ersten drei Liedern im Graben richtig gut sehen kann, solange darf man meistens Fotos machen.

Bekommst du auch Absagen?

Ja. Und das macht mich echt immer ziemlich traurig. Ich hab gerade wieder zwei Absagen für Konzerte bekommen, und da merke ich schon, wie ich wieder gegen die Depression ankämpfen muss.

Sendung: Filter vom 21. März 2018, ab 15 Uhr