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Ruhmeshalle Amon Düül 2 - Phallus Dei

Rhythmuswechsel, Rückkopplungen, afrikanische Bongos, bayerisches Gejodel. Amon Düül 2 experimentieren Ende der 60er in München nicht nur mit Drogen, sondern auch mit Sounds. Und krempeln damit die komplette Musikgeschichte um.

Von: Philipp Laier

Stand: 12.05.2011 | Archiv

Die Münchner Krautrockband Amon Düül - Backcover von "Made In Germany" aus dem Jahr 1975 | Bild: Repertoire Records

Ein muffiger Second-Hand-Laden in London. Aus irgendeiner Wühlkiste ziehe ich die abgewetzte Hülle von "Phallus Dei" – ein Album, von dem mir immer wieder erzählt wurde, wie wahnsinnig wichtig es doch ist. Das abgenudelte Vinyl in meinen Händen soll nur zwei Pfund kosten – kann man ja mal mitnehmen. Zuhause lege ich das Debütalbum von Amon Düül 2 dann auf den Plattenteller, setze die Nadel auf und höre erstmal nur düsteres Geschepper.

Erster Reflex: In den Müll mit dem Teil

Als dann diese leicht indisch angehauchte Hippie-Gitarre in das Intro weht, haben mich Amon Düül 2 erstmal verloren. Das ist so derartig klischeehafte 60er-Psychedelik, dass ich die Platte am liebsten sofort aus dem Fenster schmeißen will. Aus irgendeinem Grund tu ich es aber nicht. Und nach knapp einer Minute nimmt das Stück mit dem großen Namen "Kanaan" richtig Fahrt auf.

Die Stimme setzt ein, und ich verstehe kein Wort. Ist das Englisch? Ist das Bairisch? Ist das überhaupt irgendeine Sprache? Amon Düül 2 werfen erstmal Fragen auf. Und damit sind wir mittendrin in dem Kosmos - dem Paralleluniversum - das sich die Band von der Münchner Leopoldstraße geschaffen hat. Auf "Phallus Dei" geht es um alles - nur nicht um Musik, die man nebenbei hören kann. Amon Düül 2 machen vor allem eines: verstören.

Amon Düül 2 - Phallus Dei (Cover)

Aber der Wahnsinn hat Methode. Als in den 60ern auf der Straße die Studentenproteste toben, gründet sich in einer Schwabinger Hippie-Kommune Amon Düül. Allerdings ist sich das Kollektiv nicht einig. Die einen glauben, dass jeder Musik machen kann und lassen alle in der Band mitspielen. Die anderen finden, dass Kunst immer noch von Können kommt. Und nennen sich fortan Amon Düül 2. Gleich mit ihrem ersten Album "Phallus Dei" krempeln sie 1969 die Musikgeschichte um. Statt einfach dilettantisch drauf los zu machen, experimentiert die Band auf dem Album. Und plötzlich reden alle von der neuen Musik aus Germany: Krautrock.

Die Geburt des Krautrock

Krautrock - wie in einem Labor hantieren Amon Düül 2 mit Rückkopplungen, experimentieren mit Rhythmuswechseln, werkeln mit verschiedensten Einflüssen: Afrikanische Bongos treffen plötzlich auf bayerisches Gejodel. Amon Düül 2 schmeißen das Regelwerk des Rock über Bord, stellen alles in Frage und prägen damit bis heute Bands wie die Battles, Animal Collective aber auch Munk oder Chk Chk Chk. "Phallus Dei" endet mit dem 20-minütigen Titelstück, die Platte läuft aus und es bleibt nur noch ein Knistern. Ich kann nur jedem raten: Wenn ihr auf dem Flohmarkt die Platte von Amon Düül 2 findet: Kauft sie! Auch für mehr als zwei Pfund.


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