Tracks der Woche #50/17 Wild Child, DJ Premier feat. A$AP Ferg, George FitzGerald, Hannah & Falco, Haiyti

Die Tracks der Woche bringen zusammen, was auf den ersten Blick nicht unbedingt zusammengehört: Abwechslung & Pop, Oldschool & Trap, Boiler-Room & Berghain, Hannah & Falco, Afterhour & Herzschmerz.

Von: Sophie Kernbichl

Stand: 07.12.2017 | Archiv

Wild Child, DJ Premier, George FitzGerald, Hannah & Falco, Haiyti | Bild: Wild Child, DJ Premier, George FitzGerald, Hannah & Falco (Blue Delta Films - Florian Josephowitz), Haiyti

Wild Child – Think It Over

Wird da etwa Holz gesägt? Oder atmet hier einfach nur jemand abrupt ins Mikrofon? Die ersten Sekunden von "Think It Over" haben es bereits in sich: während das Geräuschrätsel noch in vollem Gange ist, ertönt die glasklare, zarte Stimme von Sängerin Kelsey Wilson und wird kurz darauf von einem funky angehauchten Musikbett reibungslos in die erste Strophe geleitet. Die siebenköpfige Band Wild Child liefert mit ihrer neuen Single "Think It Over" einen Indie-Pop-Song, der mit dem ein oder anderen Twist aufwartet. Zum Beispiel wenn Ukulele-Spieler Alexander Beggings einsetzt und das Ding plötzlich zu einem gefühlvollen Duett macht. Insgesamt verstehen es Wild Child aus Austin Songs zu machen, die trotz ihrer vielen Facetten sehr leicht zugänglich sind. "Think It Over" ist die zweite Single vom neuen Album "Expectations" - und wird den Erwartungen definitiv gerecht.

DJ Premier feat. A$AP Ferg – Our Streets

Wisst ihr noch damals bei "Drop It Like It’s Hot", wo man dieses langgezogene Snoooop aus dem Hintergrund noch tagelang im Ohr hatte? Obacht, ähnliches kann euch bei "Our Streets" auch passieren. Darauf streut A$AP Ferg nämlich auf extrem einprägsame Weise - und mit der obligatorischen Autotune-Verzerrung - immer mal wieder den Namen seiner Crew ein. Dass uns der Track nicht mehr loslassen wollte, hat aber noch einen anderen Grund: Die extrem abwechslungsreiche Beat-Untermalung von Ostküsten-Legende DJ Premier, der als Teil von Gang Starr schon die Golden Era des Rap in den Neunzigern geprägt hat. Und auch wenn A$AP Ferg seine Zeilen normalerweise über Trap-Beats spittet, funktioniert die Sache mit Oldschool-Vibes mindestens genauso gut.

George FitzGerald – Burns

Das Boiler-Room-Konzept - ein Kellerraum, eine feierwillige Meute, ein DJ, eine Kameraeinstellung - hat sich zu einer Instanz in der Elektro-Szene entwickelt. Vermutlich strebt jeder Newcomer danach, einmal sein Können den rund 1,4 Millionen Abonnenten des Channels unter Beweis stellen zu dürfen. Der gebürtige Engländer George FitzGerald hat sich diesen Wunsch bereits 2013 erfüllt - damals noch als relativ Unbekannter. 2010 begann der Wahlberliner seine Produzentenlaufbahn und legte seitdem regelmäßig im Berliner Berghain auf. Erst fünf Jahre später veröffentlichte er sein erstes Album "Fading Love". Mit seinem aktuellen Track "Burns" outet er sich einmal mehr als Freund des eher abseitigen Sounds: an den stockenden Beats bleibt man hängen wie an einem hervorstehenden Nagel, der sich in der Strickjacke verfängt. Aber dranbleiben lohnt sich, denn "Burns" ist ein dramatisch aufgebauter Track, der noch lange nachhallt.

Hannah & Falco – Eye of the Storm

Der Name Falco mag verwirren. Natürlich handelt es sich bei dem Künstler dieser Americana-Balladen nicht um die wiederauferstandene österreichische NDW-Legende, sondern um einen Würzburger Musiker, der zusammen mit seiner Freundin mehrstimmige Singer-Songwriter-Musik macht, die von Sehnsucht und Freude gleichermaßen getragen wird. Die Symbiose zwischen den beiden ist deutlich spürbar - dass die beiden schon seit fünf Jahren ein Paar sind, trägt dazu sicherlich auch bei. "Eye Of The Storm" heißt ihre neue Single, auf der sie mit wenig Mitteln eine folktypische Wärme erzeugen. Der Fokus von "Eye of The Storm" liegt klar auf dem Songwriting. Und damit ihre Texte auch wirklich verstanden werden, hat sich das Würzburger Duo für ihr Weihnachtskonzert am 26.12. in ihrer Heimatstadt etwas Besonderes ausgedacht: das Liedgut wird zusätzlich zum regulären Konzert in deutscher Übersetzung von einem professionellen Vorleser vorgetragen.

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Haiyti – Gold

Warum Haiyti immer wieder bei den Tracks der Woche auftaucht? Weil die Hamburgerin derzeit eine der spannendsten deutschen Acts ist. Das liegt zum einen am immens hohen Wiedererkennungswert der Rapperin, die am liebsten irgendwo zwischen aufgebracht und gelangweilt ins Mikro krächzt. Zum anderen aber auch daran, dass hinter ihrer Musik ein Konzept steht, das aufgeht: ein Girlboss-Gangster, der keinen Fick auf das Label "Frauenrap" gibt und anstatt sich an irgendwelche Regeln zu halten, lieber mit einer Überdosis Autotune und Designerklamotten ins All schießt. "Verloren im Crushed Ice. Auf der Suche nach Highlights. Das Leben, ich hab' keins. Auch wenn du mir die Hand reichst.", rappt sie auf "Gold", der nächsten Single vom für Januar angekündigten Album "Montenegro Zero". Der Track ist ein Prachtexemplar eines tragischen Trap-Liebeslieds zwischen Afterhour und Herzschmerz.

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Sendung: Freundeskreis vom 11.12.2017 - ab 10 Uhr