Tracks der Woche #18/18 Fakear, Granada, Danger Dan, Matija, Ebow

Die Tracks der Woche als Vorgeschmack auf das Puls Open Air: Electro-Nachwuchs aus Frankreich, Mundart-Power-Pop, zwei feministische Rapper und Meister der gepflegten Indie-Ballade – alle im Juni auf Schloss Kaltenberg.

Von: Sophie Kernbichl

Stand: 27.04.2018 | Archiv

Fakear, Granada, Danger Dan, Matija, Ebow | Bild: Fakear, Granada, Danger Dan, Matija, Ebow

Fakear feat. Polo & Pan, Noraa, Clément Bazin – Lost in Time

Fakear ist sowas wie der Klassensprecher der neuen Generation französischer Electro-Musiker. Auf seinem Debütalbum "Animal" findet sich eine ungewohnt hohe Bandbreite: vom Dancefloor-Hit bis zum sehr differenziertem Klangarrangement ist alles dabei. Sein innovativer Stilmix, der geprägt ist von Deep und European House, hat Fakear schon einige große Aufträge eingebracht. Neben diversen Festivals hat er bereits als Opener für Bonobo und ODESZA gespielt und sogar schon für M.I.A. produziert. Für seinen Track "Lost In Time" hat er sich seine französischen Kollegen vom DJ-Duo Polo & Pan und Produzent Clément Bazin geschnappt. Kein Wunder, dass der Track bei so viel geballter Kernkompetenz wie gemacht ist für die Bühne: raffinierte Percussions, tropische Beats und der hymnische Gesang von Noraa machen den dynamischen Song zu einer Art futuristischer Zeitreise.

Granada – Die Stodt

Granada machen das mit der Mundart auf so angenehm subtile Weise, dass man nur an manchen Stellen den steirisch-wienerischen Einschlag der Band hört. Dieses leicht lethargische Flair kommt aber trotzdem extrem auf. Ganz besonders dann, wenn die fünf Jungs aus Graz leicht grantelnd über triste Städte, Randbezirke und Urlaub auf dem Balkon singen. Die klassischen Austropop-Momente sind bei Granada sicherlich da, schließlich spielt das Traditionsinstrument Akkordeon eine präsente Rolle in ihren Songs. Aber ganz passt die Band trotzdem nicht in diese Schublade. Bei der aktuellen Single "Die Stodt" zum Beispiel stehen Schlagzeug und Gitarren im Vordergrund, das Intro klingt mehr nach Vampire Weekend als nach Wanda und zusammen mit dem überschäumenden Refrain verschmilzt alles zu energischen Indie-Pop. Und genau diese erfrischende Sound-Palette macht Granada so spannend.

Danger Dan – Sand in die Augen

Wir hätten Danger Dan fast nicht erkannt in dem stereotypischen Set seines Musikvideos zu "Sand in die Augen": Er rappt mit Bier in der Hand, während sich zwei leicht bekleidete Frauen auf einem hoch polierten Sportwagen räkeln. Aber wer das Mitglied der Antilopen Gang kennt, weiß, dass es sich hier nur um eine Parodie handeln kann. Der Text der aktuellen Single bestätigt diese Vermutung auch relativ schnell: Danger Dan reflektiert auf "Sand in die Augen" über Sexismus in unserer Gesellschaft. Aber es geht ihm nicht nur um den erhobenen Zeigefinger, sondern darum, wie er bitte seiner eigenen Tochter diese willkürlichen Unterschiede erklären soll. Wer hat entschieden, dass Jungs Batman spielen und Mädchen lieber Eisprinzessinnen sein wollen? Wenn man sich die aktuellen Diskussionen um Deutsch-Rap ansieht, die ein ganzes Genre wegen den Fehltritten Einzelner verteufeln, sind Tracks wie "Sand in die Augen" Balsam für die Hip-Hop-Seele. 

Matija – Justify Your Love

Die Band Matija beschäftigt sich gerne mit den großen Fragen des Lebens: Ihr Debütalbum haben die Münchner "Are We An Electric Generation Falling Apart?" genannt – eine berechtigte Frage, auf die wir jetzt spontan auch keine Antwort geben können. Und zu Beginn ihres Musikvideos zur aktuellen Single "Justify Your Love" fragen sie sich, warum die Liebe wie ein Schlachtfeld ist – im Video allerdings auf Französisch für die zusätzliche Prise Melodramatik. So ein bisschen Weltschmerz braucht es ja auch für eine gute Indie-Band. Und das sind Matija definitiv, die früher unter dem Namen The Capitols unterwegs waren. Seit dem Neustart schreiben sie noch pointiertere Texte und ihr Sound ist jetzt etwas minimalistischer. Bestes Beispiel für den gelungenen Stilwechsel: die zurückhaltend schöne Ballade "Justify Your Love", die lange Strecken nur mit Piano und Gitarre auskommt.

Ebow – Das Wetter

Mit ihrem Album "Komplexität", bei dem der Name Programm ist, hat Ebow ein Meisterstück abgeliefert: Die popkulturellen Referenzen sitzen bombenfest, ihre Texte bestehen aus einem flüssigen Mix aus Deutsch, Türkisch, Arabisch und Englisch, ihre Attitüde ist die einer Anführerin. Oder um es mit Ebows Worten zu sagen: Ein echter Gangster ist ein Feminist. Und das bedeutet nicht nur, dass die Ära der Macker im Rap und sonst wo vorbei ist, sondern auch, dass es nicht gleich kitschig werden muss, wenn man über die eigene Gefühlslage rappt. Wie das funktionieren kann, zeigt Ebow mit ihrer Single "Das Wetter", auf der sie mit versöhnlicher Wehmut die Urlaubsbilder des Ex-Partner betrachtet: "Dein Stich is’n Sonnenstich, meiner geht auch drunter. Du holst dir ‚ne Sonnencreme, ich hol mir Sambuca." Eingepackt wird der mal gerappte, mal gesungene Text in einen Oldschool-Beat im Stil von TLC, der schwerelos durch die Atmosphäre schwebt. So erwachsen wird im Rap selten mit Verflossenen umgegangen.

Sendung: Freundeskreis, 30.04.2018 - ab 10.00 Uhr