Tracks der Woche #15/18 Marsimoto, Alice Merton, Her feat. AnnenMayKantereit & Roméo Elvis, Goat Girl, The Weeknd feat. Gesaffelstein

Die Tracks der Woche haben Horrorfilmpotenzial. Mit dabei: ein Rachefeldzug, die Geister der Vergangenheit, eine Stimme aus dem Jenseits, der wiederbelebte Spirit of London und eine omnipräsente Macht.

Von: Sophie Kernbichl

Stand: 06.04.2018 | Archiv

Tracks der Woche #15/18 | Bild: Beggars, Julo Bandit, Paul Ripke, PaperPlaneRecords, Facebook

Marsimoto – Chicken Terror

Hühner aller Länder vereinigt euch! In Marsimotos neuer Single "Chicken Terror" planen die Legehühner eine Revolution gegen die Massentierhaltung und alle anderen Verbrechen gegen das gefiederte Volk: "Wir stehen zusammen, sind Millionen, alles verdreckt. Maschinen kreischen laut, haben Angst, wir wollen hier weg." Die Storyline erinnert ein bisschen an den Knetanimationsfilm "Chicken Run" oder das Musikvideo von Moby's "Disco Lies", in dem ein Discohuhn an KFC Rache nimmt - die hochgepitchte Stimme von Marterias Alter Ego eignet sich perfekt, um ein aufmüpfiges Huhn mit Flow und Talent für Wortspiele zu mimen. Und am Ende des Tracks gibt’s noch ein Zuckerl für alle 90er-Nostalgiker: das letzte Sample stammt aus der durchgedrehten Kinderserie "Muh-Kuh und Chickie".

Alice Merton – Lash Out

An der Debüt-Single von Alice Merton, "No Roots", kam man 2017 nicht vorbei. Genauso wie in den Gehörgang krallte sich "No Roots" damals in den Charts fest und lief dazu in der Fernsehwerbung. Diese Erfolgsstory klingt erstmal nach fetter Marketingstrategie. Aber im Gegenteil: Alice Merton veröffentlicht ihre Sachen schon immer über ihr eigenes Label Paper Plane Records anstatt mit einem Major-Label zusammenzuarbeiten. Sie hat in Mannheim an der Popakademie studiert und sich viel Zeit genommen, um ihren eigenen Sound zu finden. Ihr Steckenpferd ist ausgereifte Pop-Musik mit Wiedererkennungswert zu machen. "Lash Out" reiht sich da perfekt ein: Sofort erkennt man die charismatische Stimme wieder, freut sich über den treibenden Vibe und die tanzbaren Beats.

Her feat. AnnenMayKantereit & Roméo Elvis – On & On

Henning May singt auf Englisch. Und was sollen wir sagen, diese Stimme ballert vermutlich in jeder Sprache rein. Vor allem, wenn sie von so schön arrangierter Musik begleitet wird. Die schlängelnden Gitarren und das charakteristische Schnippen lassen sofort die Handschrift des Soulpop-Duos Her erkennen. Doch damit nicht genug: Für Verblüffung sorgt zudem der französische Part des belgischen Rappers Roméo Elvis. Ein besonders intimer Moment auf "On & On" ist, wenn die wohltuende Stimme von Simon Carpentier, dem Sänger des Duos Her, der letztes Jahr an Krebs gestorben ist, erklingt. Bandkollege Victor Solf möchte mit dem Track und dem kommenden Debütalbum, an dem die beiden lange zusammengearbeitet haben, die Erinnerung an seinen Freund erhalten.

Goat Girl – Cracker Drool

Goat Girl wird gerade die große Verantwortung übertragen, London wieder zur unangefochtenen Indie-Rock-Hauptstadt zu machen. Woher die extrem hohe Erwartungshaltung an die Newcomer kommt? Goat Girl haben mit jeder ihrer drei bisher veröffentlichten Singles einen Volltreffer gelandet und damit sehr neugierig auf ihr selbstbetiteltes Debüt-Album gemacht. Ihre zweite Single "Cracker Dool" zeigt, wie der Hype zustande kam: Frontsängerin Lottie setzt die düsteren Lyrics mit ihrer rauen, tief aus der Kehle ertönenden Stimme perfekt in Szene, während die stacheligen Gitarren Country-Flair verbreiten. Bei Goat Girl werden auch mal die Ellenbogen ausgefahren.

The Weeknd feat. Gesaffelstein – I Was Never There

Die unverkennbare Stimme von Abel Tesfaye aka The Weeknd scheint auf seiner neuen Single "I Was Never There" aus allen Richtungen zu kommen: sie gleitet über das Musikbett, hallt als Echo nach und schiebt sich immer wieder zwischen die Soundparts. Ähnlich wie seine Stimme hat auch The Weeknd selbst derzeit eine gewisse Omnipräsenz: egal ob zusammen mit Kendrick Lamar oder ganz aktuell Solo mit seiner überraschend veröffentlichten EP "My Dear Melancholy, EP" – der selbst ernannte Starboy macht von sich Reden. Zwei Songs der neuen EP wurden vom französischen Produzenten Gesaffelstein – bekannt für die etwas härtere Gangart – mitgestaltet. Das hört man ihnen auch an: auf "I Was Never There" heulen die Sirenen, klirren die Synthies und Bässe schleichen sich von hinten an.

Sendung: Freundeskreis, 09.04.2018 - ab 10.00 Uhr