Tracks der Woche #13/17 Smino, Tora, Nick Yume, Fotos, Mura Masa feat. Charli XCX

Der erste Eindruck trügt bei den Tracks der Woche: tatsächlich kein Schlagermädchen, keine Kiffer-Hymne, kein herkömmlicher Newcomer, kein Krimi und kein gewöhnlicher Partysong.

Von: Sophie Kernbichl

Stand: 24.03.2017

Smino, Nick Yume, Fotos, Tora, Mura Masa feat. Charlie XCX | Bild: Smino, Nick Yume, Fotos, Tora, Mura Masa feat. Charlie XCX

Smino - Anita

Wer bei Anita gezwungenermaßen an einen Schlagerfetzen über eine einsame Dame am Straßenrand von Mexiko denkt, der kann diesen Namen ab sofort wieder positiv besetzen. Denn musikalisch könnte US-Rapper Smino mit seinem extrem lässigen Mix aus Soul, Funk und Hip-Hop kaum weiter vom Ballermann entfernt sein. Auf "Anita" zeigt Smino eindrucksvoll, was in ihm steckt: In einem Moment noch tiefenentspannt, haut er im nächsten einen Rap-Part raus, bei dem vielen anderen längst die Luft ausgegangen wäre. Außerdem steckt hinter seinem Track "Anita" mehr als nur ein Liebeslied. Inspiriert von dem Film "Hidden Figures - Unerkannte Heldinnen", der Filmbiographie von drei afroamerikanischen Mathematikerinnen der NASA, hat Smino den Song allen schwarzen Frauen gewidmet, die in der Geschichte übergangen wurden. Deshalb heißt sein Debütalbum auch "Blkswn" - also ausgeschrieben Blackswan.

Tora - Amsterdam

Ok, sich in Amsterdam eine Woche lange zu bekiffen, ist jetzt vielleicht nicht die kreativste Urlaubsgestaltungsidee. Aber Tora kommen immerhin aus Australien - da ist Amsterdam nicht der erste Weg - und sie haben einen ziemlich guten Song aus dem Thema gemacht. Nach typischer Kiffer-Mukke klingt der Track aber trotzdem nicht. Das liegt auch an den Lyrics: Statt Lobpreisung des drogeninduzierten Zustands versucht sich hier jemand aus dem Sumpf zu befreien - und scheitert. Dazu liefern die fünf Jungs aus Byron Bay gerade zu Beginn ein sehr minimalistisches Soundbett, bei dem ein leicht müder Unterton die ganze Zeit mitschwingt. Besonders leise wird es bei den hohen Vocal-Parts von Sänger Joe Loewenthal, die sich unweigerlich einbrennen. Und von diesem Sound gibt es noch mehr: Zwei EPs und ein Album namens "High Enough" haben die Chillwaver bereits vorzuweisen.

Nick Yume - 500 Miles

Längst ein Trend in unseren Timelines: ein GIF, das sich im Dauerloop vorwärts und rückwärts abspielt. Warum also nicht gleich ein ganzes Musikvideo mit dieser Technik machen? Das alleine wäre Nick Yume aber nicht innovativ genug, deshalb hat er sich noch einen anderen, skurrilen Effekt dazu geholt - für den kleinen Mindfuck zwischendurch. Die neue Single "500 Miles" überzeugt aber nicht nur optisch: Der Münchener versteht es bestens, dynamische Elektro-Pop-Balladen zu produzieren. Letztes Jahr hat Nick Yume den Bayerischen Musiklöwen als bester Newcomer gewonnen - und dieses Jahr will er noch einen draufsetzen. Das könnte sich mit seiner zweiten EP namens "Limerence" durchaus ausgehen, denn der Sänger klingt schon jetzt verdammt international. Deshalb gehören mittlerweile auch so Dinge wie spontan in Bukarest vor Rihanna aufzutreten zu Nick Yumes Musiker-Alltag.

Fotos - Melodie des Todes

"Melodie des Todes" klingt erst mal nach dem Titel einer Columbo-Folge, ist aber der neue Song der Indie-Band Fotos. Die Indizien, dass es nach sechs Jahren Pause wieder neues Material geben wird, haben die Hamburger bereits Anfang des Jahres sorgfältig platziert: Zwei Singles und mehrere Album-Teaser-Videos geistern seit einiger Zeit durchs Netz. Jetzt also folgt der nächste Streich. "Melodie des Todes" ist feinster Indie-Rock - oder ist das vielleicht sogar schon Pop? - mit typischer Fotos-Attitüde inklusive beiläufiger Resignation: "All das Unrecht dieser Welt wird ab heute mich zerschlagen. Das weiß ich leider." Das Gesamtwerk "Kids" gibt es dann Ende März zu hören. Es gibt übrigens gute Gründe, dass das mit dem Comeback etwas länger gedauert hat. Zum Beispiel hat Tom Hessler, Sänger und Gitarrist der Band, zwischendurch das Debütalbum von Golf produziert.

Mura Masa feat. Charli XCX - 1 Night

Steel Drums, Mura Masa liebt Steel Drums. Deshalb beginnt sein neuer Song "1 Night" mit: Steel Drums. Und warum auch nicht? Klingt jedes Mal wieder nice. Und dazu gibt es auch noch eine bekannte Stimme: Charlie XCX gibt sich auf "1 Night" die Ehre. Die Britin ist bekanntermaßen eine musikalische Wundertüte: Mal singt sie, mal rappt sie, mal macht sie irgendwas dazwischen. Auf diesem Track macht sie Ersteres, wofür wir ihr sehr dankbar sind. Mura Masa holt sich ja gerne hochkarätige Stimmen, um seinen Songs den nötigen Glanz zu verleihen. Letztes Jahr hat er für "Lovesick" - inklusive Steel Drums, versteht sich - Rapper A$AP Rocky engagiert. Die aktuelle Single fällt definitiv wieder in die Kategorie Banger und kommt damit genau zum richtigen Zeitpunkt. Nächsten Monat beginnt für den britischen Produzenten mit seinem Auftritt auf dem Coachella in Kalifornien die Festivalsaison.