Tracks der Woche #11/17 Fatoni feat. Dexter, Findlay, Milliarden, Isaac Delusion, Tash Sultana

Jeder hat ein Hobby - auch die Interpreten der Tracks der Woche: Theater spielen, psychiatrische Phänomene, Katy Perry Texte übersetzen, Frauennamen googeln oder gleich das Hobby zum Beruf machen.

Von: Sophie Kernbichl

Stand: 10.03.2017

Fatoni feat. Dexter, Findlay, Isaac Delusion, Milliarden, Tash Sultana | Bild: Fatoni feat. Dexter, Findlay, Bandcamp, Universal, Tash Sultana

Fatoni feat. Dexter – Das ist alles Kunst

Fatoni und Dexter - das hat mittlerweile Tradition. Dexter hat schon für das letzte Album von Fatoni die Beats produziert. Auch die neue Single "Das ist alles Kunst" vom taufrischen Mixtape "Im Modus" trägt wieder klar die Handschrift des Dreamteams. Wenn man Fatoni rappen hört, hat man das Gefühl, der Münchner weiß selbst noch nicht so ganz wie die nächste Zeile lauten wird. Dieser spezielle Flow kommt wohl daher, dass er sich viel bei Freestyle-Battles herumtreibt. Und weil ihm Improvisation so gut liegt, hat das Ex -Mitglied von Moop Mama zwischendurch noch fix Schauspiel studiert. Aber der Fokus bleibt erst mal beim Rappen - das macht er schließlich auch schon seit über 15 Jahren. Bei "Das ist alles Kunst" lohnt es sich, auch zwischen den Zeilen zu lesen, denn die für einen Trap-Beat obligatorischen Zwischenrufe besitzen großes komödiantisches Potenzial. Wir hatten schon mal weniger Spaß - um es mit Fatonis Worten zu sagen.

Findlay - Monomania (Nobody Loves You Like I Love You)

Ein französischer Psychiater prägte im 19. Jahrhundert den Begriff "Monomanie" für eine partielle Störung - also quasi die Vorstufe zum ausgereiften Wahnsinn. Und weil Liebe bekanntlich schnell zur Besessenheit werden kann, hätte die englische Sängerin Findlay den Titel "Monomania (Nobody Loves You Like I Love You)" ihres neuen Songs nicht besser wählen können. Der Track ist die aktuelle Auskoppelung ihres Debütalbums "Forgotten Pleasures", auf dem sich Natalie Rose Findlay irgendwo zwischen handfestem Rock und Indie-Pop-Geschmetter bewegt. Entgegen gängiger Klischees vom einsamen, unverstandenen Indie-Musiker, sagt die 25-Jährige von sich selbst, dass sie ein sehr extrovertierter Mensch und süchtig nach Live-Auftritten sei. Was sich hinter diesem Bedürfnis verbirgt, weiß wohl nur Findlay selbst. Nächste Gelegenheiten zur gemeinsamen Suchtbefriedigung: ihr Konzert am 1. April in München.

Milliarden - Katy Perry

"Auf die Plätze, fertig, fick!" - Besser kann man ein Musikvideo nicht beginnen. Die Männer mit den bunten Perücken und dem Falschgeld im Koffer sind die Berliner Band Milliarden. Sänger Ben Hartmann und Pianist Johannes Aue sehen aus, als würden sie schon seit Jahrzehnten in kleinen verrauchten Clubs für Freigetränke und Spritkosten spielen. Tatsächlich ist ihr erstes Album aber erst letztes Jahr erschienen und beinhaltet so schöne Titel wie "Freiheit is ne Hure" und "Im Bett verhungern". Auf selbiger Platte findet sich auch die aktuelle Single "Katy Perry", die von der naiven Heile-Welt-Pop-Musik handelt. Krafttier Katy Perry verspricht, dass man alles schaffen kann - und für einen kurzen Moment mag man ihr glauben, bis man merkt: "Doch jeden Abend komm‘ ich heim, fühl‘ mich scheiße und allein." Hut ab vor so gelungen nihilistischem Songwriting. Damit dürfte auch geklärt sein, warum Milliarden 2016 der Support von Ton Steine Scherben waren.

Isaac Delusion - ISABELLA

Songs mit Frauennamen als Titel gibt es viele. Manchmal zur Freude, manchmal zum Leid der gleichnamigen Damen (exemplarisches Mitgefühl für alle Annas, Elkes und Emanuelas). Isaac Delusion, die französische Band um Sänger Loic Fleury und Produzent Jules Paco, erweitern diese Sammlung mit ihrem neuen Track "Isabella". Auf einem Bett aus sachten, elektronischen Klängen besingt Fleury ein einsames Mädchen, das sich nach Rache sehnt. Das zugehörige Video bietet eine derart selbstbewusste Performance, dass vermutlich sogar Beth Ditto beeindruckt wäre - bis auf die Szenen mit den beiden Kindern vielleicht, die sind dann doch etwas verstörend. Aber Isaac Delusion - der Name ist ein weiterer Hinweis auf den verträumten Charakter ihrer Musik -  mögen es eben Avantgarde. 2010 hat das Ganze als Experiment angefangen, mittlerweile haben die Franzosen für April ihr Album "Rust & Gold" angekündigt und waren sogar mit Chvrches auf Tour.

Tash Sultana - Jungle

Mit schwarzen XL-Klamotten, der E-Gitarre umgeschnallt und einer Loopstation auf dem Boden steht Tash Sultana, ihres Zeichens professionelle Straßenmusikerin, irgendwo in Melbourne vor einem Mikrofonständer. Die 21-Jährige beherrscht ihre Instrumente, jeder Part sitzt - trotzdem sieht alles locker und improvisiert aus. Mitte letzten Jahres hat sie uns bereits mit ihrer 8-minütigen Wohnzimmer-Version von "Jungle" begeistert, mittlerweile spielt die Australierin in ihrer Heimat ausverkaufte Konzerte. Höchste Zeit also, der One-Woman-Band etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Denn Tash Sultana schafft es tatsächlich, die Live-Energie einer Street Performance in einen Studio-Track zu packen. Ihrer Single "Jungle" fehlt es auch in der kürzeren Version an nichts: unverblümte Gitarrensoli, die eindringliche Stimme und ein bisschen Jam-Feeling sind das Markenzeichen der 21-Jährigen geworden.