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Vorgestellt // Poliça Indie-R'n'B mit Autotune

Indie-R'n'B mausert sich vom Geheimtipp zum Mainstream-Phänomen. Die Band Poliça ist der neueste Spross der Familie und schraubt den Indie-Anteil noch einmal deutlich in die Höhe.

Stand: 18.06.2012 | Archiv

POLICA | Bild: Cameron Wittig

"Klingt wie... Erinnert an... Ist beeinflusst von..." - jede neue Pop-Platte muss sich durch ein ständig wachsendes Gewirr aus Referenzen kämpfen. Die Band Poliça schlägt sich tapfer durch den wilden Genre-Dschungel und bahnt sich mit der Autotune-Machete ihren eigenen Weg. 80er-Synthie-Pop-Beats treffen auf cheesy 90er-R'n'B und ganz weit hinten hört man die Vorliebe von Frontfrau Channy Leaneagh für zerbrechliche Singer-Songwriter, Postrock-Soundwände und glitzernden Disco. Geradlinig durch die Pop-Landschaft Marschieren sieht zwar anders aus, aber auf den ausgetretenen Pfaden sind ohnehin schon zu viele unterwegs.

Aus dem Mund ins Mikro durch die Zehen ins Publikum

Die Band aus Minneapolis schlendert lieber auf Umwegen durch die elf Songs ihres Debütalbums "Give You The Ghost". Passend zum Titel wird das Werk vor allem durch die geisterhaft verfremdete Stimme von Chef-Denkerin Leaneagh zusammengehalten. Nur an ein paar vereinzelten Stellen blitzt sie "im Original" durch – und dann auch nur für einen Sekundenbruchteil. Ansonsten wird auf ihren Stimmbändern eine wahre Effektorgie abgefeiert.

Da stellt sich natürlich vor allem eine Frage: Wie zur Hölle setzt man das live um? Ganz einfach: die Sängerin hat sich einen Fuhrpark aus Pedalen zusammengeschraubt, mit dem sie selbst die Effekte kontrollieren kann. Die Musik kommt sozusagen aus dem Mund ins Mikro, wandert von dort erst mal runter zu den Zehen und schließlich über Effektgeräte und Lautsprecher raus ins Publikum. Neben Leaneagh stehen noch zwei Drummer, ein Bassist und (laut eigener Aussage) ein Computer auf der Bühne. Die Schlagzeuger und der Bassist kümmern sich um das komplexe Rhythmus-Gerüst, während die Rechenmaschine brav die Synthie-Melodien beisteuert. Konventionell geht anders.


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