Tracks der Woche #21/18 FIBEL, Marian Hill, Jugo Ürdens, White Denim, Gurr

Die Temperaturen steigen bei den Tracks der Woche: ein heißer Festivalsommer, eine heiße Spur in einem Mordfall, ein heißer Flirt, eine heiß gelaufene Schrottkarre und neue Musik aus dem heißen Texas.

Von: Sophie Kernbichl

Stand: 17.05.2018 | Archiv

Tracks der Woche | Bild: Pooneh Ghana, Dersim Cakmak, Rowan Allen, CAPADOL, Facebook

FIBEL - Kommissar

"Alles klar, Herr Kommissar?", fragte schon Falco süffisant den Polizeibeamten, der ihn zu Recht in Verdacht hatte, krumme Dinger zu drehen. Die Mannheimer Band FIBEL dagegen kommt in ihrem Track "Kommissar“ nur durch unglückliche Umstände in Kontakt - als Zeugen eines Mordfalls. Mit einem stark an die Neue Deutsche Welle erinnernden Duktus berichtet Sänger Jonas Pentzek den Polizeibeamten, was er in der Mordnacht gesehen hat. Was dabei deutlich wird, ist sowohl das Ergötzen am Spektakel, als auch die tiefe Einsamkeit der Hochhaussiedlung. Der typischerweise kühle Post-Wave-Sound untermalt die leicht beklemmende Stimmung zusätzlich. Ein ganz schon ausgefeiltes Konzept, dass die Newcomer da fahren. Kein Wunder, denn diese vier Jungs sind Profis: Sie haben ihr Handwerk an der Popakademie Mannheim gelernt. Auf Hochglanz poliert klingen sie dank ihrem starken Retro-Faible aber trotzdem nicht.

Marian Hill - Subtle Thing

Es gibt ja verschiedene Flirttypen: Die Einen packen gleich die große Offensivkeule aus, die Anderen setzen eher auf die subtilen Zeichen der Zuneigungsbekundung. Über letztere Sorte singt Marian Hill in "Subtle Thing": Sängerin Samantha Gongol wird dabei von den elektronischen Klängen von Bandkollege Jeremy Lloyd begleitet, der darin Soundbits von Wassertropfen, Glocken und Pfeifen einwebt. Für einen Hauch Schwermut sorgt der kuriose Synthie gleich zu Beginn, der sich immer wieder in den Vordergrund brummt. "Subtle Thing“ ist der hypnotische Opener des zweiten Albums "Unusual". Der Nachfolger auf das Debütwerk kann problematisch sein, aber Marian Hill haben sich vom Erwartungsdruck nicht verrückt machen lassen. Das Elektro-Pop-Duo aus Philadelphia hat eine so ausgeprägte Handschrift, dass die neuen Tracks nahtlos an die Vorgänger anschließen.

Jugo Ürdens - YUGO

"Was für Beamer, was für Benz? Ich fahre Yugo!", rappt der Herr mit gleich zwei Wortspielen im Namen in seinem Loblied über alte Schrottkarren. Dass der Rapper einen Kleinstwagen des ehemals jugoslawischen Herstellers Zastava fährt, kommt auch nicht von ungefähr: Jugo Ürdens wurde in Mazedonien geboren, seine Mutter kommt aus Serbien, er selbst wohnt in Wien - ob mit oder ohne österreichischem Pass lässt sich nicht so genau sagen. Jugo spielt mit dem Slav-Klischee genauso wie mit dem Wiener Schmäh und bewegt sich dabei - wie er selbst in einem seiner Tracks sagt - irgendwo zwischen Akademiker und Gastarbeiter. Dabei ist der Pretty Boy mit den eisblauen Augen durchaus ein Freund der harten Worte auf trapigen Beats. Der Jargon kommt wohl von seiner Vorliebe für deutschen Straßenrap von Hafti & Co. Sein eigener Stil ist aber ein anderer: weniger Gangsta und Kohle mehr Selbstironie und Swag-Rap-Anleihen.

White Denim - Magazin

Der große Überbegriff für die Musik von White Denim ist ganz klar: Rock’n’Roll. Auf sechs Studioalben haben die Texaner gezeigt, dass dieser Begriff ein äußerst dehnbarer ist. In das bewährte Grundgerüst haben White Denim immer wieder diverse Einflüsse aus anderen Stilrichtungen eingeflochten. Die aktuelle Single "Magazin" vom für August angekündigten Album "Performance" ist da keine Ausnahme: Nach kurzem Sendersuchlauf-Rauschen starten die elektrischen Gitarren den Track, der im Verlauf nach einer Mischung aus Americana und Glam klingt. Der besonnene Gesang von Sänger James Petralli bettet sich einwandfrei in den flauschigen Sound ein. Eindeutig Star des Songs sind aber die Bläser, die dem Ganzen Funk verleihen und gegen Ende noch für ein paar erfrischende Progressive Rock-Momente sorgen. White Denim verstehen es, ihren gefeierten Live-Sound auch auf Platte einzufangen und klingen dabei so durchdacht wie unverkrampft.

Gurr - Hot Summer

Was haben Batman und Gurr gemeinsam? Sie beide haben ihren Namen von Flatterviechern, vor denen sie eigentlich Angst haben. Bei Batman sind es die Fledermäuse, bei Gurr - besser gesagt bei Laura Lee, einer Hälfte der Band - sind es die Tauben. Von denen gibt es in Berlin, der Heimatstadt der Band, dummerweise auch noch ganz schön viele. Aber das Duo beweist nicht nur im Umgang mit Tauben Mut, auch bei ihrem Sound kennen sie keine Scheu: Elemente von Garage-Rock vereinen sich mit poppigen Refrains und Surf-Punk. Das Ergebnis dieser prickelnden Mischung war 2016 ihr Debütalbum "In My Head“. Jetzt legt das Duo mit "Hot Summer“ nach. Wer wegen des Titels einen ausschließlich soften Blümchensong erwartet, den belehrt die dreckige Gitarre eines Besseren. Der Sommer wird wohl auch tatsächlich ziemlich heiß für die beiden Girls: Ihr Festivalspielplan kann sich sehen lassen - und auch auf dem Puls Open Air im Juni sind sie am Start.

Sendung: Freundeskreis, 22.05.2018 - ab 10.00 Uhr