Tracks der Woche #20/18 Lary, Nothing But Thieves, Kimbra, Cuco, Me+Marie

Diese Woche setzen wir auf: Sinnlichkeit, die volle Bandbreite eines Quintetts, jahrelange Erfahrung, einen außergewöhnlichen Zugang zu Emotionen und soliden Rock ohne Schnickschnack.

Von: Sophie Kernbichl

Stand: 11.05.2018 | Archiv

Tracks der Woche 20/19 | Bild: Abraham Recio, Heart Cover, Kyra Sophie, Tibor Bozi, Sony Music

Lary – Das Neue Schwarz

Die ersten Takte von "Das Neue Schwarz” lassen vor dem geistigen Auge Bilder von Westernhelden auftauchen, die sich mit staubig-schweißigen Gesichtern in der Mittagshitze gegenüberstehen, bereit, den Revolver zu ziehen. Aber dann ertönt Larys zierliche Stimme, die von nicht mehr ganz so weißen Laken und fieberhafter Liebe singt, und die Geschichte bekommt einen ganz anderen Twist – der Track klingt plötzlich ganz schön sinnlich. Wenn Lary im Musikvideo dazu in einem hauchzarten Satinkleid durch eine nur von Kerzenlicht erhellte Spelunke taumelt, dann ist der Regler erst recht auf heiß gestellt. Dass sie genau das beherrscht wie kaum eine andere deutsche Sängerin, hat die Gelsenkirchenerin schon vor ein paar Jahren mit ihrem Debütalbum "Future Deutsche Welle" bewiesen. Ihre neue Platte kommt im Juli und heißt "hart fragil" – zwei Adjektive, die den besonderen Stil der Sängerin perfekt beschreiben.

Nothing But Thieves – Broken Machine

2015 haben Nothing But Thieves mit ihrem Debütalbum nicht nur in Großbritannien für eine ordentliche Welle gesorgt. Es folgten diverse Auftritte bei US-Talkmastern wie Conan O’Brien und Jimmy Kimmel und Tourneen mit etablierten Bands wie Muse und den Red Hot Chili Peppers. Bei einem so erfolgreichen Debüt war der Druck beim Nachfolger natürlich groß. Mit "Broken Machine" – so heißt das aktuelle Album und die vierte Single darauf – sind sie den hohen Erwartungen aber gerecht geworden. Mit coolen Gitarrenriffs, treibenden Drums, cleveren Tempowechseln und dem falsettartigen Gesang von Connor Mason überzeugen die fünf Jungs aus Essex erneut. Außerdem deutet der Track mit seinem Titel schon das Motiv des Albums an: die japanische Kunstform Kintsugi, bei der gebrochene Keramikscherben mit goldenem Kleber wieder zusammengesetzt werden, um aus etwas Kaputtem etwas besonders Schönes zu machen. 

Kimbra – Top Of The World

Der etwas atemlose Sprechgesang auf "Top Of The World" lässt schon ahnen, dass sich hier was Gewaltiges zusammenbraut. Für zusätzliche Dramatik sorgen der Chor im African-Style und die immer wieder aufflackernden Dubstep-Elemente. Für die rhythmischen Brüche ist kein Geringerer als Skrillex verantwortlich, der den Track koproduziert hat. Kreativer Kopf hinter dem triumphalen Song mit der mystischen Note ist aber Kimbra, eine Musikerin aus Neuseeland, die tatsächlich schon etwas länger im Geschäft ist. Sie steckt zum Beispiel hinter der weiblichen Stimme von Gotyes Hit "Somebody That I Used To Know" aus dem Jahr 2011 und hat mittlerweile ihr drittes Solo-Album draußen. Daher hat sie auch soundtechnisch schon so einiges ausprobiert: vom jazzigen A cappella-Pop über Alternative-Rock bis zum jetzt stärker elektronisch beeinflussten Mix. Was sich bei ihr aber immer wieder findet, ist der geloopte Refrain – der darf auch auf "Top Of The World" nicht fehlen.

Cuco – Dontmakemefallinlove

Die kalifornische Heimat von Cuco hört man bei seiner Single "Dontmakemefallinlove" ganz deutlich durch: Ganz entspannt tänzelt die Stimme des 19-Jährigen reibungslos über den sonnigen Synthiebeat. Wie der Newcomer dabei Indie-Rock mit Rap-Elementen verbindet, erinnert ein bisschen an die ebenfalls kalifornische Band Why? Omar Banos aka Cuco sagt von sich selbst, dass er extrem anhänglich und emotional ist. Da überrascht es nicht, dass es in seinen Songs meistens um Herzensangelegenheiten geht. Wie wichtig ihm die individuelle Note bei seiner Musik ist, sieht man auch daran, dass er so gut wie alle Instrumente selbst einspielt und die Tracks auch in Eigenregie produziert. Der Clou aber ist: Selbst Herzschmerz klingt bei dem Multiinstrumentalisten mit mexikanischen Wurzeln nicht schwermütig, sondern hat eine verträumte Leichtigkeit.

ME + MARIE – Another Place To Go

Wer braucht schon ein langwieriges Intro? Wieso nicht einfach mal gleich mit der Tür ins Haus fallen? ME + MARIE jedenfalls kommen bei ihrer neuen Single "Another Place To Go" direkt zum Punkt: Hier kriegt ihr drei Minuten lang soliden Rock geliefert. Ein bisschen Garagensound, zwei ziemlich gute Stimmen, ein ideales Zusammenspiel aus Gitarren und Schlagzeug. Maria de Val und Roland Scandella kommen ursprünglich aus zwei unterschiedlichen Ecken der Alpen: aus Südtirol und Graubünden in der Schweiz. Ein Teil ihrer Songs ist daher auf einer Almhütte entstanden – von Alpenrock sind die beiden aber weit entfernt. Obwohl es sicher spannend wäre, sie in ihren exotischen Muttersprachen Rätoromanisch und Ladinisch singen zu hören, sind wir der Band doch dankbar, dass sie sich für Englisch entschieden hat. Bei so schönen Texten wäre es ja schade, wenn sie kaum jemand versteht.

Sendung: Freundeskreis, 14.05.0218 - ab 10.00 Uhr