Doku über die Sleaford Mods Am Anfang stand ein episches Dosenbier-Besäufnis

"How the fuck did it come to this?" Gemeint ist der Erfolg der Sleaford Mods – und der Untergang des UK. Die Doku "Bunch of Kunst" will diese Frage beantworten. Was sie auf jeden Fall schafft: Dass man danach Fan der Band ist.

Von: Matthias Scherer

Stand: 12.07.2017 | Archiv

Sleaford Mods | Bild: picture-alliance/dpa

Terrorattacken in Manchester und London. Ein an allen Ecken und Enden marodierendes Gesundheitssystem. Eine Gesellschaft, in der die Reichen ihre armen Nachbarn ignorieren, wo sie nur können – und in die das Brexit-Votum einen weiteren Keil getrieben hat: England ist ein tristes, gebeuteltes Land. Die Sleaford Mods wissen das schon lange. 

Neun Alben haben Jason Williamson und Andrew Fearn in den letzten zehn Jahren veröffentlicht. Auf allen kotzen sie sich sich über die Zumutungen des britischen Alltags aus.

"It’s not particularly pretty what we sing about. It’s not very nice. But that’s the way it is, isn’t it?"

Jason Williams in „Bunch of Kunst“

Eine dieser Platten heißt "Austerity Dogs" und fand 2013 seinen Weg in die Hände von Journalistin Christine Franz. Die war sofort angefixt und führte das allererste Fernsehinterview mit den zwei vom Leben gegerbten Nottinghamer Lads. Ein episches Dosenbier-Besäufnis später war die Idee für eine Doku über ihre neue Lieblingsband geboren.

“Bunch of Kunst” wurde über zwei Jahre hinweg gefilmt. In dieser Zeit tun die Sleaford Mods vor allem eins: live spielen. Man sieht sie im Jahr 2013 in einem Pub in Blackpool auf einer Mini-Bühne, die sie sich mit einem Weihnachtsbaum teilen, während ein paar rotzedichte Glatzköpfe in der ersten Reihe vor sich hin torkeln. Man sieht sie zwei Jahre später, in einem anderen Pub in Lincolnshire, diesmal hängt ein Dartboard neben der Bühne – und der Laden ist voller Kids, die jeden Song mitsingen. Und man sieht sie bei einem Homecoming-Konzert in Nottingham vor 2000 schwitzenden Vollblut-Fans, die die Jungs feiern, als hätten sie die Champions League gewonnen.

Wer noch kein Fan ist, wird es mit diesem Film

Man sieht auch die Orte, über die die Sleaford Mods singen – farblose Städte in Nordengland wie Wakefield, Blackpool und Scunthorpe, wo es außer dem Pub an der Ecke und Fußball am Wochenende keine Unterhaltung gibt. Die Fans der Sleaford Mods, das merkt man deutlich, sind dankbar dafür, dass es endlich jemanden gibt, der diese Tristesse in Songs verpackt. Und auch die Zuschauer von "Bunch of Kunst" werden Fans - wenn sie es nicht eh schon sind. Zum einen von der Musik, deren Wucht durch die vielen Live-Aufnahmen sehr gut eingefangen wird, aber auch von den Zweien als Typen: vom gutmütigen Produzenten Andrew, der auf der Bühne seinen Laptop auf Bierkisten balanciert und auf einem Bootshaus lebt. Und von Jason, dem elektrisierenden, ordinären Charmeur und Frontmann.  

Die Geschichte der Sleaford Mods ist hoffentlich noch lange nicht vorbei. Mit "Bunch of Kunst" hat Christine Franz auf jeden Fall eine wichtige Zeit in der Bandgeschichte eingefangen und einen Film gemacht, der laut, ungeschönt und ein bisschen eigen ist. Genau wie die Sleaford Mods selbst.

In diesen bayerischen Städten und Kinos wird "Bunch of Kunst" gezeigt:

Nürnberg – ab 13.7. im Casablanca Kino

München – ab 27.7 im Werkstattkino

Sendung: Plattenbau vom 12.07.2017 ab 19 Uhr