Roskilde Festival 11 Gründe, warum ihr einmal im Leben aufs Roskilde fahren solltet

"Coachella? Kommt an Roskilde nicht ran", hat Ice Cube gesagt. Das Festival bei Kopenhagen ist eines der größten der Welt, aber trotz 100.000 Besuchern sehr charmant geblieben. Elf Gründe, warum ihr das mal gesehen haben müsst.

Von: Christoph Lindemann

Stand: 04.07.2017 | Archiv

Die Hauptbühne des Roskilde Festival in Dänemark | Bild: picture-alliance/dpa

1. Das Roskilde Festival ist 100 Prozent non-profit

Das bedeutet, dass euch am Festival keine "Sponsoren" belästigen, die für ein neonfarbenes Knicklicht eure Email-Adresse und Handynummer wollen. Rund 25.000 Volunteers arbeiten ehrenamtlich, damit alles glatt und vor allem entspannt läuft. Die Millionen Euro Gewinn, die jedes Jahr übrig bleiben, werden seit 1972 gespendet.

2. Die Anreise könnte stressfreier nicht sein

Was daran liegt, dass Dänemark ein übertrieben gut organisiertes Land ist. Überall stehen Guides, alle sprechen Englisch. Jeder Zug, nach dem ihr fragt, fährt in etwa fünf Minuten. Im Wagon gibts genug Platz für euch und eure Ravioli-Rucksäcke - und kostenloses WLan obendrein. Wo sind wir hier, im Paradies?

3. Das Line-Up ist astronomisch

Die Veranstalter haben rund acht Millionen Euro zur Verfügung, um Bands einzukaufen. Bei rund 180 Acts sind ziemlich sicher auch ein paar eurer Lieblingsbands dabei. Aber Roskilde setzt nicht nur auf große Namen – es gibt auch viel zu entdecken. Dieses Jahr waren das zum Beispiel die israelischen Elektropop-Band Noga Erez, das norwegische Produzentenwunderkind Cashmere Cat, die US-Rapperin Princess Nokia und die gehypte englische Postpunk-Band Idles.

4. Das dänische Publikum ist das vielleicht netteste der Welt

Weshalb ihr euch auch unter 60.000 Leuten vor der gigantischen Orange-Stage nicht verloren fühlt. Jeder passt auf jeden auf, jeder lässt euch durch. Und die Ordner verteilen unermüdlich Wasser, das bis weit nach hinten durchgereicht wird.

5. In Roskilde seht ihr Shows, die nur hier gespielt werden

Etliche Bands fliegen für dieses Festival extra ein, auch wenn sie gerade nicht auf Tour in Europa sind. 2017 waren das zum Beispiel Solange, die legendäre 90ies-Rapcrew Digable Planets, die Indie-Songwriterin Angel Olsen, der jamaikanische Dancehall-Künstler Popcaan und der Rap-Produzent Clams Casino. Und das Festival-Finale auf der größten Bühne am Samstag war eine kleine Sensation: eine dreistündige und erstmals kombinierte Moderat- & Modeselektor-Show! Wir konnten es selbst kaum glauben – schließlich war die strikte Trennung dieser beiden Projekte den Berlinern Gernot Bronsert und Sebastian Szary bisher heilig gewesen.

6. Morgens werdet ihr im Zelt von Möwen-Kreischen geweckt

Da das Festival nah am Meer liegt, stellt sich immer wieder Urlaubsgefühl ein – wenn der Wind richtig steht, riecht die Luft nach Salz. 

7. Hier spielen die angesagtesten HipHop-Stars

Letztes Jahr Anderson .Paak, Schoolboy Q, Action Bronson, Vince Staples - dieses Jahr waren Gucci Mane, The Weeknd, Bryson Tiller, NAS, Freddie Gibbs, Lil Uzi Vert und A Tribe Called Quest gebucht - auch wenn die beiden letzten leider kurz vorher abgesagt haben und Ice Cube einsprang. Berührungsängste hat hier niemand. Weder das Publikum, das sich ähnlich textsicher bei NAS und Ice Cube wie bei The XX und Arcade Fire zeigt, noch die Künstler selbst: 2014 freestylte Kendrick Lamar zu "Seven Nation Army"-Chören aus dem Publikum und 2012 jammten The Roots sogar mit Bruce Springsteen.

8. Es gibt ernsthaft gutes Essen, größtenteils auch noch bio

Thai Curry, Pizza, Pulled Pork Burger, Chia Porridge, Craft Bier und Flat White Coffee – fast alles von einer Qualität, die auch in entsprechenden Restaurants als "ziemlich gut" durchgehen würde. Aber keine Sorge: Für alle, denen das nicht mehr "Rock’n’Roll" genug ist, gibt es an dem einen oder anderen Stand auch noch klassischen Festival-Fraß. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg zum nächsten fragwürdigen Döner.

9. Nullachtfünfzehn-Shows sind hier die Ausnahme

Weil das Festival einfach zu legendär und die Kulisse zu gewaltig ist. "Das ist die größte Crowd, für die ich je gespielt habe", meinte Ice Cube am Samstag zu rund 60.000 Leuten an der Orange Stage. "In Kalifornien haben sie Coachella - das kommt an das hier nicht ran." Und Lorde: "Ich wusste nur 'Konzert' und 'irgendwas mit Kopenhagen'. Ich hatte keine Ahnung, dass es so magisch werden würde.“ Von Solange gab es einen ganzen Monolog: "Ich hab einen zwölfjährigen Sohn. Ich spiel immer eine Show in Europa, dann flieg ich wieder heim. Ich dachte, so funktioniert das mit Familie und Beruf. Aber ich bin fix und fertig. Ich kann nicht mehr und hab das Gefühl, dass ich keine Energie und keine Stimme mehr hab. Und dann seh ich euch … so viel Liebe. Das kann gar nicht wahr sein." Ihre Show war so bewegend, dass The XX später ihr eigenes Set für folgende Ansage unterbrachen: "Wart ihr vorhin bei Solange? Das war ja wohl überwältigend."

10. Mit eurem Geld wird Gutes getan - auch in Deutschland

Das Roskilde Festival, das - man kann es gar nicht oft genug sagen - non-profit ist, spendet primär für Hilfs-, Integrations- und Tierschutzorganisationen. Ebenfalls unterstützt werden kulturelle Projekte. Geld bekommen hat in der Vergangenheit zum Beispiel der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und der Pudel Club in Hamburg, der von der Schließung bedroht war, inzwischen aber gerettet ist.

11. Warum ihr einmal im Leben nach Roskilde solltet? Weil euch zweimal ziemlich arm machen würde

Zum einen ist Dänemark so teuer wie ihr denkt. Und dann sind auch die Tickets nicht ganz billig: Ein Tag kostet rund 135 Euro, das ganze Festival 270. Vielleicht jetzt schon mal mit dem Sparen anfangen?

Sendung: Plattenbau, 04.07.2017 - ab 19.00 Uhr