Jetzt Fugazi KeKe

Info Die Österreicherin Kiara Hollatko studiert in Wien eigentlich Jazz. Zum HipHop kommt sie 2018 erst kurz vor ihrer ersten Veröffentlichung als KeKe. In Sachen Rap-Skills klingt KeKe aber, als hätte sie nie etwas anderes gemacht.

Visa Vie, Josi Miller, Cashmiri & Co Diese 11 Macherinnen im Deutschrap solltet ihr kennen

Hinter den Kulissen bereichern immer mehr Frauen die Deutschrap-Szene – als Journalistinnen, Produzentinnen, Bookerinnen, Labelgründerinnen oder DJs. Wir stellen euch einige Macherinnen vor - von den Deutschrap-Anfängen bis heute.

Von: Miriam Fendt und Laura Schmidt

Stand: 06.03.2020 | Archiv

Illustration von Miriam Davoudvandi, Visa Vie und Josi Miller | Bild: BR

Rapperinnen wie Loredana, Juju, Shirin David, KeKe, badmómzjay oder Rola zeigen, wie vielseitig Deutschrap klingt, wie überholt Vorurteile gegen Frauen im Rap sind und vor allem, wie unnötig der Stempel "female rap" ist.

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badmómzjay - Bounce (prod. by Maxe) | Bild: Badmómzjay (via YouTube)

badmómzjay - Bounce (prod. by Maxe)

Dass sich im Deutschrap was verändert, spürt man nicht nur auf Seiten der Rapper*innen, sondern auch abseits der Bühne. Lange war die Szene mehrheitlich durch Hypermaskulinität und Hahnenkampf dominiert - mittlerweile haben sich aber auch immer mehr Frauen in den unterschiedlichsten Bereichen rund um Deutschrap etabliert und dem Genre dadurch eine neue Farbe verliehen. Wir stellen euch einige davon vor.

Melbeatz – Queen of Beats

Was man wissen muss…

Melanie Wilhelm aka Melbeatz kam Anfang der Neunziger über Rap und Graffiti mit der HipHop-Kultur in Kontakt. 1996 begann sie mit dem Produzieren und arbeitete dann vor allem mit ihrem damaligen Partner Kool Savas zusammen.

Sie ist bekannt für…

Melbeatz

… die Beats von so ziemlich allen Rappern aus dem Optik-Crew-Dunstkreis. Melbeatz produzierte z.B. das Savas-Debüt "Der beste Tag meines Lebens", Eko Freshs "König von Deutschland" und später dann auch "Das Urteil" von Kool Savas. Auf ihrem Produzentinnen-Album "Rapper’s Delight" featurete sie 2004 neben Deutschrap-Größen auch US-Rap-Stars wie Mobb Deep, Ol‘ Dirty Bastard und den damals noch eher unbekannten Kanye West.

Wir finden sie inspirierend, weil…

…Melbeatz mit ihren Produktionen Deutschrap-Geschichte geschrieben hat. In einer anfangs noch sehr männerdominierten Szene hat sie sich einen immensen Status erarbeitet.

"Mit der Musik ist es genau wie mit dem Graffiti - und da bin ich auch ein bisschen stolz drauf: Ich wusste beide Male nicht genau, was es ist, aber hatte so viel Spaß dabei, dass ich mir damit einen Namen gemacht habe."

Melbeatz im Interview mit Vice

Katja Kuhl – Mastermind der Straßenrap-Ästhetik

Was man wissen muss…

Katja Kuhl

Katja Kuhl ist in Aschaffenburg aufgewachsen. Über einen Nebenjob bei der Lokalzeitung fotografierte sie dort erstmals Musiker*innen. Darüber lernte sie auch Olli Banjo kennen und fotografierte Anfang der Neunziger viel mit dem Rapper, der damals noch am Beginn seiner Karriere stand. Sein Label empfahl Katja Kuhl weiter und so erarbeitete sie sich Schritt für Schritt das Standing der wahrscheinlich wichtigsten Deutschrap-Fotografin und Regisseurin.

Sie ist bekannt dafür…

...ihren Fotos und Videos immer eine Vision zugrunde zu legen und den jeweiligen Rap-Charakter perfekt zu inszenieren.

Wir finden sie inspirierend, weil…

…sie gerade durch Musikvideos wie zu Azads "Napalm" oder Kool Savas‘ "Urteil" die düstere Ästhetik von Straßenrap in Deutschland quasi erfunden hat.

"Ich habe damals beschlossen, ich werde als Fotografin reich und berühmt. Damit meine ich gar nicht Geld oder Ruhm, sondern Ernsthaftigkeit!"

Katja Kuhl im Interview mit Red Bull

Visa Vie – Deutschrap, deine Moderatorin

Was man wissen muss…

Visa Vie

Nach einer kurzen Karriere als Rapperin war die Berlinerin Visa Vie zwischen 2010 und 2015 das Gesicht von 16barsTV und etablierte sich in dieser Zeit zur bedeutendsten Deutschrap-Moderatorin für die Zehner-Jahre-YouTube-Generation. Bis heute trifft sie Rapper*innen für Radio Fritz zum Interview und ist mit ihrer Expertise wichtiger Teil des Diskurses.

Sie ist bekannt für…

…ihre ehrlichen Interviews auf Augenhöhe und unkonventionelle Interviewformate, in denen sie Rapper*innen z.B. zum Kekse backen, Shots Trinken oder Therapy Spielen getroffen hat.

Wir finden sie inspirierend, weil…

…sie es geschafft hat, sich in einer Salami-Party zu behaupten, sich dabei über sexistische, ekelhafte und unschöne Erfahrungen hinwegzusetzen und sich komplett aus Beef oder Gossip rauszuhalten.

"Gefühlt ist man in so einen Knast reingekommen, wo seit 20 Jahren Typen sitzen und jetzt zum ersten Mal wieder eine Frau sehen. Irgendwann hab ich’s glaube ich aber geschafft, die Dinge mit meiner Art so ein bisschen zu verändern."

Visa Vie im Interview mit Rocket Beans TV

Miriam Davoudvandi – Rap wieder weich

Was man wissen muss…

Miriam Davoudvandi

Miriam Davoudvandi war als Chefredakteurin des Splash! Mags die erste Frau an der Spitze eines deutschsprachigen HipHop-Magazins. Seit dem Ende des Magazins arbeitet sie als freie Journalistin in Berlin. Neben dem Schreiben legt Miriam Davoudvandi als Cashmiri in ganz Deutschland auf.

Sie ist bekannt für…

...ihren Ansatz, Themen zu behandeln, die sonst gerne mal unter den Tisch fallen oder totgeschwiegen werden. Mit Rapper*innen spricht sie über mentale Gesundheit oder Gefühle im Allgemeinen. Als Feministin stellt sie kritische Fragen und setzt sich dafür ein, politisch-aktivistische Arbeit in die Szene zu integrieren.

Wir finden sie inspirierend, weil…

...sie zeigt, wie viel Rap über uns und unsere Gesellschaft aussagt – im Positiven wie im Negativen.

"Ich habe verschiedenste Bereiche in meinem Leben. Einmal bin ich in einem politisch-aktivistischen Kontext unterwegs und im Rap. Aber ich finde die beiden Sachen schließen sich nicht aus und mir ist es wichtig beides zu vereinen."

Miriam Davoudvandi im Interview mit Puls Musik

Lia – die Fädenzieherin im Hintergrund

Was man wissen muss…

Lia

Lia kommt aus Bietigheim-Bissingen und hat ihre Karriere ursprünglich als Rapperin gestartet. Mittlerweile ist sie aber schon seit mehreren Jahren als Produzentin tätig und arbeitet mit Rapper*innen wie Mero, Dardan oder Schwester Ewa zusammen.

Sie ist bekannt für…

…den Beat zu Enos "Mercedes". Der war eigentlich erst für einen anderen Rapper gedacht, doch als Eno ihn im Studio gehört hat, hat er ihn quasi weggeschnappt. Das Ergebnis war ein Sommerhit, der Gold gegangen ist.

Wir finden sie inspirierend, weil…

…sie genau das macht, worauf sie Bock hat – in einer Producer-Szene, die von Männern dominiert ist. Mit dem Hintergrund selbst mal gerappt zu haben, kann Lia außerdem auch intensiv mit Artists an ihren Lines arbeiten.

"Dadurch, dass es nicht so viele Frauen gibt, die produzieren, haben wir natürlich schon eine Art Sonderposition. Die Leute nehmen es nochmal anders wahr und vielleicht auch ein bisschen neugieriger. Für mich ist es aber nichts Besonderes, ich mag es einfach Beats zu machen und damit das, was ich gerne mach." Lia im Interview mit Puls Musik

°awhodat° – alles schwarz-weiß

Was man wissen muss…

°awhodat°

°awhodat° ist der visuelle Kopf des Produzententrios Kitschkrieg aus Kreuzberg. Sie versorgt Künstler*innen wie Trettmann oder Haiyti mit ihren unverwechselbaren Videos. Dabei arbeiten °awhodat° und Kitschkrieg komplett nach dem Motto DIY, also ohne großes Label hinter sich, und schaffen es so, ihren ganz eigenen Stil durchzuziehen.

Sie ist bekannt für…

…ihre düstere schwarz-weiß-Ästhetik. Die Videos und Fotos von °awhodat° sind immer monochrom, unterbelichtet und melancholisch. Inszeniert wird bei ihr nichts. Es steht die authentische Geschichte im Vordergrund – so wie im Video zu "Messer", in dem Haiyti sich an der Haut von Joey Bargeld als Tätowiererin versucht.

Wir finden sie inspirierend, weil…

…sie die krasse Antithese zu überladenen Flex-Musikvideos liefert: kein Benz und keine Roli. Dafür zeitlose Videos mit besonderer Bildsprache, die den Zeitgeist trotzdem direkt ins Herz treffen. Big up, °awhodat°!

"Seit ich denken kann, habe ich eine Kamera dabei, halte mein Leben für mich in einer Art Tagebuch fest. Ich liebe es einfach, durch die Straßen zu ziehen, eine Situation zu erkennen, drauf zu halten, bamm, fertig. Wenn ich Musiker fotografiere, ist es ähnlich. Ich will nie etwas aus ihnen machen, das sie gar nicht sind. Ich will einfach Stimmungen und Emotionen festhalten und ihre Geschichte erzählen."

°awhodat° auf kitschkrieg.de

Salwa Houmsi – Rap, Politik und Turn-Up

Was man wissen muss…

Salwa Houmsi

Salwa Houmsi ist Moderatorin, DJ und Journalistin und hat schon so ziemlich alle Rapper*innen, die aktuell wichtig sind, interviewt. Dabei führt sie sehr persönliche Gespräche wie mit Fero47 oder Juju über die Gegend, in der sie großgeworden sind, und den Umgang mit dem wachsenden Erfolg.

Sie ist bekannt für…

…ihren Podcast "Vor der Mio", in dem Salwa mit Rapper*innen der gehypten Modus Mio-Playlist an Orte geht, die sie geprägt haben, bevor sie berühmt wurden. Dabei hat sie zum Beispiel das geschafft, woran sich alle Deutschrap-Journalist*innen die Zähne ausgebissen haben: das erste Interview mit Luciano zu bekommen.

Wir finden sie inspirierend, weil…

…sie unermüdlich gegen Sexismus im Deutschrap kämpft – zum Beispiel in ihren Instagram-Storys gegen Frauenhass. Dabei stellt sie aber nicht einfach Rap an den Pranger, sondern zeigt auf, wie verwurzelt Sexismus in unserer Gesellschaft an sich ist.

"Die Stimme zu erheben – für sich, seine Träume und Werte einzustehen, das ist mein Verständnis von HipHop."

Salwa Houmsi im Interview mit MZEE

Lina Burghausen – Empowerment und Sichtbarkeit

Was man wissen muss…

Lina Burghausen

Lina Burghausen lebt HipHop – als Privatperson, genauso wie als Bloggerin, DJ und Promoterin. Seit Teenagertagen ist sie HipHop-Fan und eigentlich genauso lange setzt sie sich mit der Position von Frauen innerhalb der Szene auseinander. Seit kurzem steht sie als A&R bei einem Sub-Label von [PIAS] an der Spitze eines Musiklabels, das ausschließlich female Artists aus dem Rap-Kosmos betreuen wird.

Sie ist bekannt für…

…die Reihe "365 female* MCs", in der sie Rapperinnen aus der ganzen Welt vorstellt und das zugehörige Label 365XX, das erst kürzlich an den Start gegangen ist. Damit fördert sie Frauen in der Musikbranche und widerlegt das oft von Veranstalter*innen angebrachte Argument, es gäbe halt einfach nicht genug Frauen, die man buchen könne.

Wir finden sie inspirierend, weil…

…mit Lina endlich auch mal auf Label-Seite eine Frau im Chefsessel sitzt und sie vor allem Künstlerinnen unterstützt, die bis jetzt unter dem Deutschrap-Radar geblieben sind. Dabei setzt sie sich auch für die Gleichberechtigung zwischen Männern, Frauen und non-binären Menschen u.a. im Booking ein.

"Man muss vielleicht aktiver nach Frauen suchen. Aber ich finde, man kann da nur gewinnen. Wenn man sich nicht völlig vor qualitativ hochwertiger Musik verschließt, kommt man eigentlich gar nicht mehr daran vorbei, Frauen wie Männer zu buchen. Ich kann jede Bookerin und jeden Booker nur ermutigen, auf die Suche nach tollen Talenten zu gehen."

Lina Burghausen im Interview mit PULS Musik

Jule Wasabi – Podcast-Pionierin

Was man wissen muss…

Jule Wasabi

Mit Rap-Interviews hat Jule Wasabi während dem Jura-Studium angefangen – losgetreten durch ein Treffen mit K.I.Z. Mittlerweile ist sie absolute Podcast-Expertin: Im PULS Deutschrap-Podcast "Schacht & Wasabi" bespricht sie wöchentlich mit Falk Schacht News, Songs und Phänomene aus der Szene. Vor kurzem hat sie außerdem gemeinsam mit Charlotte Roche eine eigene Podcast-Produktionsfirma gegründet.

Sie ist bekannt für…

…ihr Faible für die lyrische Seite von Deutschrap. Selbst ist sie genauso textsicher, wenn sie sich gegen Ungerechtigkeiten im Deutschrap ausspricht. Jule lebt vor, dass es sich nicht ausschließt, von etwas Fan zu sein und trotzdem daran Kritik zu üben.

Wir finden sie inspirierend, weil…

…sie Teil dieser neuen Generation von Deutschrap-Journalistinnen ist, die Deutschrap und seine teils problematischen Traditionen nicht mit Samthandschuhen anfassen, sondern reflektieren, hinterfragen und den Blick nach vorne reinpacken – inklusive Support für innovative Rapper*innen.

"Ich glaube nicht, dass es gut ist, Leute auszuschließen – das sieht man auch im Rap. Ich hab die letzten Jahre gemerkt, dass man mehr erreicht, wenn man Leuten versucht mit Empathie zu begegnen." Juse Wasabi in "Schacht & Wasabi" Folge 159

Marina Buzunashvilli – "Die Marina"

Was man wissen muss…

Marina Buzunashvilli

Marina ist PR-Chefin bei Sony und leitet dort unter anderem Kampagnen für Bausa und Sido. Am wichtigsten ist ihr dabei, dass die Künstler*innen glücklich sind – sagt sie selbst und genau das macht sie wahrscheinlich so erfolgreich.

Sie ist bekannt für…

…ihre Agentur "Die Marina", in der sie bis letztes Jahr Rapper wie Manuellsen oder Sero betreut hat. Wenn sich jemand "Die Marina" nennen kann und alle sofort wissen, um wen es geht, muss eigentlich auch nicht mehr viel über die Bedeutung von Marina Buzunashvilli im Musikbusiness gesagt werden.

Wir finden sie inspirierend weil…

…sie aus dem Hintergrund die Fäden für viele der erfolgreichsten Künstler*innen in Deutschland zieht, ohne sich dabei groß in den Mittelpunkt zu stellen.

"Ich steh eigentlich für gar nichts - außer dafür, dass ich immer in den Spiegel schauen kann und mir treu bin."

Marina Buzunashvilli im Podcast 'ThemaTakt' Folge 43

Josi Miller – Deutschraps Homegirl

Was man wissen muss…

Josi Miller

Josi Miller ist Moderatorin, Veranstalterin - aber vor allem DJ. Zu ihren bisherigen Highlights im DJ-Bereich zählen da sicher Trettmanns gefeierte "DIY"-Tour, ihre Turntable-Tätigkeit bei Frauenarzt, diverse Festivals und natürlich ihre eigenen Events wie Josi Miller & Friends.

Sie ist bekannt für…

…den Podcast "Deine Homegirls", den sie mit Helen Fares moderiert. Damit haben sie den ersten nur von Frauen gehosteten Podcast über Rap in Deutschland gestartet. In "Deine Homegirls" führt Josi aber nicht nur zusammen mit Helen Interviews mit Rapper*innen über Musik und Gesellschaft, sondern steuert auch selbst gemixte Musik bei.

Wir finden sie inspirierend, weil…

…ihre Motivation offenbar keine Grenzen kennt. Nachdem sie sich als DJ und Moderatorin etabliert hat, hat sie mit dem Produzieren angefangen. Nebenbei plant sie außerdem ihre Skills über Workshops an andere weiterzugeben.

"Ich lege jetzt schon super lange auf und habe deswegen auch voll Bock mein Wissen endlich weiterzugeben. Ich hatte nie einen so krassen Konkurrenzgedanken und möchte, dass jeder Mensch die Möglichkeit hat, das zu machen, worauf er Lust hat."

Josi Miller im Interview mit Puls Musik

 PULS am 09.03.2020 - ab 07.00 Uhr