F@$&! Despacito Fünf Latin-Pop-Alternativen, die kein Klischee-Trash sind

Durch den Hype um "Despacito" wird Latin-Pop gerade nur auf die Klischees reduziert. Aber spanischsprachige Musik kann mehr als Sommer, Sonne und Strand. Hier sind fünf großartige Songs, die euch nicht peinlich sein müssen.

Von: Malcolm Ohanwe

Stand: 16.08.2017 | Archiv

Pressebild von Buika | Bild: Buika

Luis Fonsis "Despacito" läuft gerade auf der ganzen Welt rauf und runter. Über viereinhalb Milliarden Aufrufe bei YouTube und Spotify hat das Ding und ist damit der meistgestreamte Song aller Zeiten. Der Track bestätigt alle kitschigen Klischees über Latin-Pop: Macho-Texte mit billigen Sommer-Urlaubs-Melodien. Dabei kann Latin-Pop, spanischsprachige Unterhaltungsmusik also, so viel mehr. Wir stellen euch fünf Latin-Pop-Acts vor, für die ihr euch nicht zu schämen braucht.

Lo$ Zafiro$

Auch in Spanien gilt im Jahr 2017: Trap und Cloudrap bestimmen den Zeitgeist – zumindest was den Pop jenseits von weichgespülten Radiohits angeht. Und was PnL in Frankreich und RIN und Miami Yacine in Deutschland machen, das übernehmen Los Zafiros in Spanien: Texte im Straßen-Slang, gelangweilt genuschelte Schlagworte auf Englisch, ein futuristischer Synthie-Beat und fertig ist der psychedelische Latino-Cloud.

Buika

Die Stimme von Buika klingt, als verberge sie 100 Jahre Depression. Ein paar Takte der Sängerin aus Mallorca reichen und man ist in ihrem Bann. Ihre kratzig-warme Stimmfarbe, ihre improvisierten Phrasierungen, die gerne auch mal ein wenig aus der Tonlage geraten, ergeben zusammen mit der nackten, jazzigen Instrumentierung pure Magie. Man muss den Text nicht verstehen, um eine ganze Menge zu fühlen: Hier geht es um Aggressionen, Enttäuschungen und manchmal auch Ekstase.

Systema Solar

Das Kollektiv Systema Solar verbindet kolumbianischen Folk mit Afro-karibischen Sounds und landet irgendwo zwischen HipHop, Cumbia, Reggaeton und Elektro. Besonders empfehlenswert: der Track "Yo Voy Ganao" – wann hat man sonst schon mal Anden-Geflöte in Kombination mit Raps und hektischen Housebeats gehört?

Danny Ocean

Von Danny Ocean gibt es bisher nur einen einzigen Song. Und zugegeben: "Me Rehuso", die erste Single des Venezolaners, klingt schon ziemlich kommerziell. Aber: Nur weil etwas massentauglich ist, ist es nicht automatisch peinlicher Radio-Trash. Danny Ocean baut hier einen eingängigen Ohrwurm, ohne dem Kitsch komplett zu verfallen. Die hypnotische Bassline und sein Gesang, der durchaus an Fetty Wap und Future erinnert, haben ihm auf YouTube fast eine halbe Milliarde Klicks verschafft – und das bisher komplett ohne Musikvideo … ergo: ohne halbnackte Strand-Latinas.

ChocQuibTown

Sind das die Latino-Fugees? Warum eigentlich nicht. Genau wie die legendäre Lauryn Hill fasziniert die multi-talentierte Frontrau Goyo mit eleganten Gesangs- und Rap-Einlagen. Gemeinsam mit ihren kolumbianischen Homies Tostaso und Miguel hält sie der Gesellschaft mit ihren Texten den Spiegel vor: Es geht oftmals um Rassismus in der Latino-Community und um den Kampf der sozial schwächer gestellten Schichten. Alles ohne erhobenen Zeigefinger und immer verdammt tanzbar.

Echte Themen und Entertainment müssen sich also auch im Latin-Pop nicht ausschließen – auch wenn man das nach dem zigtausendsten Schleudergang der "Despacito"-Gehirnwäsche kaum mehr glauben mag.

Sendung: Filter, 17. August 2017 - ab 15 Uhr