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Info Rock aus München: Das gibt's von Die Sauna. Manchmal erzählen die sechs Jungs, dass sie sich in der Sauna kennengelernt haben. Ein anderes Mal sagen sie, dass sie als Cover-Band angefangen haben. So oder so: Wir mögen sie!

Interview // Döll "Wenn ich nur Texte schreiben würde, wenn es mir schlecht geht, könnte ich momentan keine Songs machen"

Mit seinem Debütalbum "Nie oder jetzt" setzt Döll einen Gegenpol zum Mainstream-Rap und zeigt, wie ehrlich Musik sein kann. Wir haben mit ihm über ausverkaufte Shows, Inspiration und seine Freundschaft mit Henning May gesprochen.

Von: Nina Lenz

Stand: 15.03.2019 | Archiv

DÖLL | Bild: Robert Winter

PULS: Deine erste Solotour ist so gut wie ausverkauft – die Textzeile "Besoffen vor 17 in Essen" passt jetzt nicht mehr. Was ist das für ein Gefühl, wenn man checkt: Leute kaufen meine Platte, sie kaufen Tickets zu meinen Shows, sie feiern meine Musik wirklich?

Döll: Ey, es ist ein super Gefühl. Klar freut es mich immens, wenn jemand die Platte kauft oder auf meine Gigs kommt. Aber es freut mich noch viel mehr, dass ich echt viele sehr lange und sehr intensive Direktnachrichten von Leuten kriege, die mir sagen, dass meine Mucke ihnen wirklich hilft. Das sind Leute, die vielleicht Depressionen haben oder ein problematisches Suchtverhalten - Themen, die ich auf der Platte alle bespreche. Das ist auch das Feedback, was ich von vielen Leuten auf Konzerten bekomme. Das freut mich schon krass. Wenn ich die Möglichkeit hab, vielleicht auch auf persönlicher Ebene bei den Leuten was zu bewirken, ist das natürlich ein krasses Gefühl. Das gibt mir was. Ich will jetzt nicht sagen: "Ich hab‘ mit Musik angefangen die Welt zu verändern", aber dieses Feedback ist schon eigentlich ein Großteil meiner Motivation, überhaupt Musik zu machen.

2014 ist deine EP "Weit entfernt" rausgekommen, die sehr gelobt wurde. Wahrscheinlich sind danach ein paar Menschen zu dir gekommen und wollten dich unter Vertrag nehmen. Warum ist das nicht passiert?

Ja, das ist auf jeden Fall richtig. Rückblickend muss ich sagen, dass es eine Situation war, die sehr luxusproblembehaftet war. In dem Moment, in dem ich die EP rausgebracht hatte, hätte ich eigentlich alles machen können: Indie, Major, Management und so weiter. Es hat mich damals immens gefreut, weil der Traum, von der Musik zu leben, endlich da war. Aber der war so im Überfluss da, dass ich vor der Entscheidung stand: Was machst du? Und: Wie machst du's am besten? Das alles hat mir nicht gutgetan. Ich denk‘ jetzt nicht über verschüttete Milch nach, aber am Ende hab ich mich für gar nichts entschieden und alles abgelehnt. Das war rückblickend vielleicht nicht die schlauste Entscheidung. (lacht) Ich war auch psychisch nicht gesund. Die Kombination von allem hat dazu geführt, dass ich letztlich gar nichts unterschrieben hab. Aber ich kann und will die Zeit nicht zurückdrehen. So wie es gerade ist, ist es gut. 

Du bist sehr eng mit deinem Bruder Marco alias Mädness. Was für eine Rolle hat er für deine neue Platte gespielt?

In Darmstadt haben wir noch zusammengewohnt, in Berlin sind wir dann sogar ins selbe Haus gezogen. Auch wenn sich die Wohnsituation mittlerweile geändert hat, stehen wir immer noch in starkem Austausch - egal ob auf persönlicher oder musikalischer Basis. Sei es das Songwriting, neue Songs, Aufnahmen und so weiter, das kriegt er eigentlich alles mit und ich genauso auch bei ihm. Es ist ein ständiges Feedback. Auf inhaltlicher Ebene ist er sowieso ein ziemlich großer Teil des Albums. Ich glaub, das wird auch so bleiben. 

Grade bringen viele Rapper aus deinem Umkreis Platten mit einem ähnlichen Stil und Inhalt raus: Yassin, Dendemann, TUA, Mädness. Habt ihr euch abgesprochen oder ist gerade einfach ein passender Zeitpunkt für diese Art von Rap?

Wenn man sich den Anfang des Jahres mal so anschaut mit Yassin, Dende, TUA, mir, dann kann man uns alle schon grob in eine Richtung packen - zumindest was die Unterscheidung vom allgemeinen Sound angeht. Man könnte auch denken, dass das alles geplant war - war's aber tatsächlich nicht. Ich mag TUAs Kram auf jeden Fall, aber ich kenn ihn nicht persönlich und Dende wusste wahrscheinlich selbst nicht, wann seine Platte wirklich fertig wird. Ich glaub, worin sich die Sachen ähneln, ist, dass es alles Musik ist, die in erster Linie nicht die Art von Rap ist, die krass im Mainstream funktioniert. Ich glaub aber, dass alle Releases, vor allem das Mädness Album, sehr wichtig sein werden, eine Art Gegenpol zum Mainstream zu bilden - ich will aber nicht sagen, dass im Mainstream-Rap alles schlecht ist. Man gibt den Leuten halt etwas, das sich außerhalb von diesem aktuellen, zeitgeistigen Kram bewegt. 

Deine Texte klingen alle sehr wütend. Was muss passieren, dass du einen Text über etwas schreibst?

Das aktuelle Album handelt an ziemlich vielen Stellen von Krisen und negativen Erlebnissen. Irgendjemand hat mir in der Schreibphase mal gesagt: "Ey ist doch Jackpot, dass es dir so scheiße geht, kannst du top drüber schreiben!" Aber Ich hab' das null als Jackpot empfunden. Ich bin ja kein Imagerapper und rapp über, keine Ahnung, das Boxen oder so. Ich geh' da immer sehr persönlich ran. Früher dachte ich auch, dass ich nur schreiben sollte, wenn es mir schlecht geht. Aber wenn ich danach gehen würde, könnte ich momentan keine Songs machen. Wenn man diese Herangehensweise hat, dann ist die Inspiration halt einfach das Leben, so platt das auch klingt. (lacht)

Du bringst die Fan-Experience gerade auf ein anderes Level, indem Du deinen Merch über Instagram verkaufst. Ist das nicht ein extremer Aufwand? Die Leute schreiben dir ja dann alle privat...

Ja, das ist tatsächlich ein ziemlicher Aufwand. Ich hab auch schon geplant, das demnächst ein bisschen anders zu machen. Aber ich muss ganz ehrlich sagen: Ich hab voll gerne Kontakt mit den Leuten. Es ist jetzt nicht so, dass ich schreib: "Welche Shirtgröße willst du?" - "M!" - "Okay, erzähl mir nochmal die letzten drei Jahre deines Lebens und ich erzähl dir meine." Da fehlt auch die Zeit. Ich find einfach, dass das eine coole und direkte Art ist, den Leuten was zu geben. Ich glaube, die meisten Leute checken auch, dass ich selbst den Instagramkanal bediene. Tatsächlich ist das auch bisschen aus der Not geboren. Ich hatte halt neue Motive und hab nach einer schnellen und stressfreien Art gesucht, den Merch zu verkaufen. Ich grenze das ja auch immer zeitlich ein.

Du hast bei dem Song "Weiße Wand" von AnnenMayKantereit mitgeschrieben. Wie ist das eigentlich zustande gekommen?

Als ich 2014 die EP rausgebracht habe, hat sich Henning May ziemlich gut in Interviews über mich geäußert, mehrfach. Damals kam auch "Hurra die Welt geht unter" von K.I.Z raus, wo er die Hook gesungen hat. Er hat dann eine Show von K.I.Z in Köln besucht, bei der Audio88 und Yassin Vorgruppe waren. Über die hat er mich grüßen lassen und Ich hab zurück gegrüßt. Das ging dann ein paar Mal hin und her und irgendwann haben wir eine Show in Köln gespielt, die er sich angeschaut hat. So hat sich das irgendwann langsam angenähert. Wir haben dann angefangen zu telefonieren und dann saßen die vorletztes Jahr an ihrem Album "Schlagschatten" – in der Zeit hab ich sehr viel mit Henning über das Schreiben gesprochen. Henning hat mich dann für drei, vier Tage nach Köln eingeladen und wir haben echt durchgeackert. Der Song, der da entstanden ist, hat es auf die Platte geschafft, was mich wirklich krass freut. Ich kann nur sagen: Henning May ist ein großartiger Typ und mittlerweile auch ein guter Freund geworden. Ich kann das ganze Lob, was er mir dankenswerterweise gegeben hat, nur zurückgeben. Ich finde, der Typ ist einer der besten Songwriter, den Deutschland gerade hat. Hat mich mega gefreut, da was beitragen zu können.

Sendung: Plattenbau, 13.03.2019 - ab 19.00 Uhr