Gothic im Mainstream 5 Acts, die es ohne die Gothic Szene nicht geben würde

Die meisten Menschen glauben, Anhänger der schwarzen Szene schlafen auf dem Friedhof und lehnen das Leben als solches ab. Tatsächlich ist aber das Gegenteil der Fall. Fünf Acts, die beweisen, dass Gothic im Mainstream angekommen ist.

Von: Ferdinand Meyen

Stand: 25.06.2019 | Archiv

Gothic Fans. Durch ihre Adern fließt schwarzes Blut, zum Mittag verzehren sie gerne rohe Schweineherzen und vor dem Essen richten sie ein Stoßgebet gen Hölle. Diese albernen Klischees kommen vielen in den Sinn, wenn sie an die sogenannte schwarze Szene denken. Doch Gothic hat mehr zu bieten als Satanismus, Orgien und geschminkte Männer in dunklen Gewändern. Tatsächlich hat die Gothic-Kultur einen ziemlich großen Einfluss auf so manchen Pop Act heute. Und selbst wer Gothic überhaupt nicht mag, muss zugeben: Ohne das Genre wäre Popkultur heute bei weitem nicht so stylisch. Diese fünf Acts würde es ohne die Gothic-Szene so nicht geben. Spoiler: Severus Snape und die untoten blutgetränkten Waschlappen sind leider nicht dabei.

1. Drangsal

Schnelle Elektrobeats, Keyboards, Synthesizer und Vocals mit ganz viel Hall. Das war früher ein Markenkern der Gothic-Bewegung. Genauer: Ein Markenkern des New Wave. Ein direkter Nachfolger dieses Genres ist Max Albin Gruber, auch bekannt als Drangsal. Sein Synthie Pop erinnert (vor allem auf seinem ersten Album) stark an den Gothic-Sound der Achtziger – und auch viele der Vorbilder Drangsals kommen aus der schwarzen Szene: The Cure, Marylin Manson, The Smiths oder Depeche Mode.

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DRANGSAL — Will Ich Nur Dich (Offizielles Video) | Bild: Drangsal (via YouTube)

DRANGSAL — Will Ich Nur Dich (Offizielles Video)

Auch Drangsals Ästhetik hat etwas von New Wave und Postpunk. Er ist androgyn, aber gleichzeitig düster, hat dunkle Haare, Piercings und trägt natürlich schwarze Klamotten. Auch wenn seine Musik etwas poppiger ist, als der Sound von Gothic-Künstlern wie Blutengel oder Marylin Manson – ohne die schwarze Szene wäre ein Wave-Pop Projekt wie Drangsal heute nicht denkbar.

2. Billie Eilish

Wer "I want to end me" singt, blaue Haare hat und sich in einem Musikvideo zwölf Spritzen in den Rücken rammen lässt, muss ja eigentlich aus der schwarzen Szene kommen, oder? Et voila: Auch Billie Eilish hat es in die Liste der Acts geschafft, die es ohne Gothic nicht geben würde. Kein Wunder. Schließlich macht Billie Eilish in ihren Musikvideos gerne mal auf Creep und spart dabei auch nicht an schwarzem Kajal.

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Billie Eilish - bury a friend | Bild: BillieEilishVEVO (via YouTube)

Billie Eilish - bury a friend

Coming of Age, Dagegensein, nicht dazu gehören: Das war und ist die Essenz der Gothic-Szene. Der Mega-Popstar Billie Eilish bearbeitet dieselben Themen – und ihr Erfolg zeigt, dass der Spirit der Gothic Szene im Mainstream heute wahrscheinlich anschlussfähiger ist als jemals zuvor.

3. Grimes

Acts wie Billy Eilish gibt es übrigens schon länger. Dass man Gothic-Elemente gut mit poppigen Hooks und elektronischem Minimal-Sound verbinden kann, zeigt die kanadische Sängerin Grimes schon seit Jahren. Auch wenn man beim Namen zunächst mal an britischen Underground HipHop denken muss, sieht man es in den Videos von Grimes dann doch recht deutlich: Hier verschmilzt Wave-Techno mit spacigem Gesang und klassischen Pop-Hooks. Dazu vermittelt die kanadische Sängerin eine Ästethik, die stark an das Gothic Subgenre Steampunk erinnert: Grelle Latexkleider, gefärbte Haare im Mix aus futuristischen und mittelalterlichen Elementen. Das treibt Grimes in ihren Videos auf die Spitze.

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Grimes - We Appreciate Power (Lyric Video) | Bild: Grimes (via YouTube)

Grimes - We Appreciate Power (Lyric Video)

4. Prayers

Achtung, jetzt wird es abgefahren: Das Elektro-Duo Prayers aus Mexiko bekommt den kontroversesten Spot auf dieser Liste. Mit ihrer aggressiven Musik wollen sie auf den harten und oftmals brutalen Alltag in Mexiko aufmerksam machen – und haben so einen Sound zwischen Bandenkriegen und Elektroparty geschaffen. Die beiden haben für sich übrigens das Genre "Cholo-Goth" beansprucht. Cholo ist eigentlich ein abwertendes Wort aus dem englischen und spanischen Sprachraum für einen südamerikanischen Menschen indigener Abstammung. Die Klischees gegen Cholos verknüpfen Prayers dann mit schnellen Gothic Beats und zeigen in ihren Videos dazu viele Menschen in schwarzem Leder.

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Prayers - "Young Gods" (Official Music Video) | Bild: Noisey (via YouTube)

Prayers - "Young Gods" (Official Music Video)

5. Casper

"Lang lebe der Tod" – nicht nur, weil Casper sein letztes Solo-Album so betitelt hat, gebührt ihm der letzte Spot auf der Liste.

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Casper - Sirenen (official video) | Bild: officialcasperxo (via YouTube)

Casper - Sirenen (official video)

Aber Moment mal? Ein Rapper auf einer Liste von Acts, die Gothic-Einfluss haben? Hardcore Fans der schwarzen Szene werden jetzt sicherlich protestieren. Emo und Rap sind schließlich gleich zwei Dinge, die absolut nichts im Goth-Alltag zu suchen haben. Aber Casper war in jungen Jahren auch mal Sänger in einer Metalcore Band. Klar, das ist nicht Gothic – trotzdem bedient er einen Style, der stark an Gothic erinnert. Schwarze Shirts, die rauchige Stimme, dazu Beats, die mit Gitarre und Schlagzeug eingespielt werden. Das Gesamtpaket Casper hat Rap eine neue Komponente gegeben. Eine dunkle Komponente, die es davor noch nicht gab und die stark an Rockbands der schwarzen Szene erinnert. Der Name Casper kommt übrigens von seinem Vater. Der hat Casper nämlich in Kindertagen immer scherzhaft wie den gleichnamigen Geist genannt. Um sich darüber lustig zu machen, dass Caspers Haut auch im Sommer immer weiß blieb. Buuhuu, liebe Fans. Mehr Goth geht doch eigentlich nicht.

Sendung: PULS Reportage, 26.06.2019 – 15.00 Uhr