Pakt für das Zusammenleben Warum die Grünen eine Alternative zur Ehe fordern

Während noch immer über die Ehe für alle gestritten wird, sind die Grünen schon einen Schritt weiter – sie fordern einen sogenannten „Pakt für das Zusammenleben“. Frei nach dem Motto: Gleiche Rechte für gleiche Verantwortung.

Von: Miriam Harner

Stand: 22.05.2017 | Archiv

Klingelschild mit zwei durchgestrichenen Eheringen darauf | Bild: BR

Patchworkfamilien, Mehr-Generationen-Häuser, Alleinerziehenden- oder Senioren- WGs – in Deutschland entwickeln sich ständig neue Wohn- und Lebensformen. Sie alle haben eine Sache gemeinsam: Menschen kümmern sich umeinander, sie sorgen füreinander und übernehmen Verantwortung. Auch wenn sie nicht miteinander verwandt sind. Das Problem dabei: Egal wie eng die Beziehung der Menschen in der Realität ist, nach deutschem Recht werden sie fast alle wie Beziehungen zwischen völlig Fremden behandelt. Und zwar nur, weil die Leute nicht verheiratet sind oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sind.

Nicht nur Liebespaare, sondern jede Zweierbeziehung

Bündnis 90/Die Grünen wollen das jetzt mit einem „Pakt für das Zusammenleben“ (kurz: PaZ) ändern, quasi einer Alternative zur Ehe. Den Pakt sollen nicht nur Liebespaare eingehen können, sondern jede Zweierbeziehung, „die gegenseitig füreinander Verantwortung übernehmen will“, heißt es in dem Antrag der familienpolitischen Sprecherin der Grünen im Bundestag, Franziska Brantner.

Das bedeutet, es könnten sich auch beste Kumpels registrieren lassen oder zwei alleinerziehende Mütter, die im gleichen Haus wohnen und viel Zeit miteinander verbringen. Und der „Pakt für das Zusammenleben“  soll diese Beziehungen rechtlich absichern. Brantner geht damit über die Forderung ihrer Partei hinaus, die Ehe vollständig für schwule und lesbische Paare zu öffnen. Das bedeutet beispielsweise auch, dass die Partner*innen ein gegenseitiges Informations-, Auskunfts- und Vertretungsrecht haben.

"Einer von beiden wird krank, liegt im Krankenhaus und dann kann man hingehen und auch Informationen erhalten, was los ist. Es geht also um ganz konkrete Dinge. Viel davon kann man zwar heute schon über Vollmachten und notarielle Beglaubigungen selber auch rechtlich machen, es ist aber kompliziert und hier geht’s eben darum, dass man das Ganze vereinfacht."

(Franziska Brantner, Bündnis 90/Grüne)

Der "PaZ" ist keine Ehe "light"

Der „PaZ“ könnte somit auch eine Entbürokratisierungs-Waffe sein. Ähnliche Modelle des Zusammenlebens gibt es übrigens bereits seit Jahren, zum Beispiel in den Niederlanden („geregistreerd partnerschap“), Frankreich (PACS) und der Schweiz („Konkubinat“). Auch wenn der Vorschlag der Grünen wie eine Light-Version der Ehe klingt, ist er das nicht. Im Unterschied dazu gibt es nämlich beim „PaZ“ keine Steuererleichterungen. Auch spielen Sorgerechtsfragen keine Rolle, die Kinder des Partners kann man auch nicht adoptieren. Außerdem soll der Pakt auch zeitlich viel flexibler sein als die klassische Ehe, meint Franziska Brantner von den Grünen:

"Das kann man auch relativ leicht wieder auflösen, es ist deswegen in diesem Sinne keine Ehe light, weil die Ehe ist ja - eigentlich zumindest – angelegt für ‚Bis dass der Tod uns scheidet‘. Und der Pakt fürs Zusammenleben ist auf Phasen angelegt, in denen man sich gegenseitig unterstützt. Also vom Ansatz her ist das schon eine andere Idee."

(Franziska Brantner, Bündnis 90/Grüne)

Wann und ob der „Pakt für das Zusammenleben“ aber überhaupt kommt, ist unklar. Bis jetzt ist er nicht mehr als ein Antrag für das Wahlprogramm, über den die Grünen auf ihrem Parteitag Mitte Juni in Berlin abstimmen. Aber auch wenn die Ehe-Alternative so schnell keine Realität wird - darüber zu diskutieren ist wichtig. Denn sind wir mal ehrlich: Nicht die Ehe allein ist die Keimzelle der Familie, sondern Liebe. Und existiert in so vielen unterschiedlichen Formen.

Sendung: Filter, 22.05.2017 - ab 15 Uhr