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on3-Lesereihe 2012 in Passau Julius Braun macht die Finalrunde komplett

Literatur zwischen Kicker und Halfpipe – das gibt's nur im Passauer Zeughaus. Endlich hat's die on3-Lesereihe auch in die Drei-Flüsse-Stadt geschafft. Ganz vorn mit dabei: Drei wortgewandte Autoren und ein sprachloser Gewinner.

Stand: 26.10.2012 | Archiv

Endlich! Passau! Der letzte Stopp vorm Finale hat den Lesereihen-Tross einmal quer durch Bayern in die neblig-schöne Drei-Flüsse-Stadt geführt. Wurde auch Zeit! Im Zeughaus erwarteten uns drei leselustige Schreibtalente, die sichtlich Spaß an der Bühnensituation hatten. Den Auftakt machte die wohl Routinierteste auf diesem Gebiet: Die Wahl-Passauerin Anne Strauß liebt das Theater. Und das spürte man von Anfang an. Ihren Text "Flug ins Licht" über Kamikaze-Glühwürmchen im schwesterlichen Schlafzimmer las sie nicht einfach vor, sie performte ihn – mit unterschiedlichen Stimmen, Gestik und Mimik. Das war nicht nur schön zum Zuhören, sondern auch zum Zuschauen. Für ihre – wie sie selbst sagte – "One-Woman-Show" gab's dementsprechend ordentlich Beifall.

Truman Capote im Kreisverwaltungsreferat

Julius Braun, Etappensieger der on3-Lesereihe in Passau im Zeughaus

Generell präsentierten sich die Passauer als perfektes Publikum. Mucksmäuschenstill während der Lesungen, laut und herzlich beim Applaudieren. Am lautesten ging das an diesem Abend bei Julius Braun, dem späteren Gewinner. Er erzählte die Geschichte eines Kreisverwaltungsbeamten, der, um aus dem täglichen Arbeitstrott auszubrechen, Selbstmord begehen will – ungeschönt, bitterböse und explizit. Julius holte sich deshalb im Vorfeld sicherheitshalber das OK seiner Mutter für seinen Beitrag. Zum Zuspruch aus der eigenen Familie gesellten sich dann auch noch die meisten Stimmen aus dem Publikum. Für den 23-jährigen Studenten heißt das nun: Einmal schlafen und ab ins Finale nach Nürnberg.

Die letzte der insgesamt zwölf Vorrunden-Lesungen bestritt die frisch gebackene Studentin Christin Figl. Für sie gab’s das größte Lob schon im Vorfeld: Jurorin Katja Huber, die die drei Passau-Kandidaten ausgewählt hatte, verglich Christins Schreibe mit einem der ganz Großen der jüngeren Literaturgeschichte - dem US-amerikanischen Schriftsteller Truman Capote, zu dessen Werken unter anderem "Frühstück bei Tiffany" zählt. Bei solchen Vorschusslorbeeren konnte ja nichts mehr schief gehen. Souverän präsentierte die gerade einmal 19-Jährige die Geschichte eines Mädchens mit Epilepsie und schilderte unglaublich nah und eindringlich deren Ängste und Befreiungsbemühungen im Alltag. Übrigens war das der zweite Lesereihen-Beitrag zu diesem Thema: München-Finalist Matthias Tonon hatte sich auch mit Epilepsie auseinandergesetzt – Medizin und Literatur scheinen sich gut zu vertragen.

Wer formulieren kann, braucht keine Grammatik

Gustav live mit Band im Zeughaus in Passau

Gewohnt anders und immer wieder neu zeigte sich auch unsere Tourkünstlerin Gustav, die zunächst mit einem ungewöhnlichen Geständnis überraschte: "Rechtschreibung, Grammatik und Lesen sind eigentlich gar nicht meins. Das war schon in der Schule so." Naja, so ganz glauben wir das der Eva nicht. Denn ihr Lesereihen-Text ist voll von fabelhaften Formulierungen wie dieser: "Hoffnung macht feige. Verzweiflung erst gebiert Heldenhaftes." Was bleibt da noch zu sagen? Am besten man schweigt und lauscht.


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