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„Die Reportage“ Kirchenasyl: letzter Schutz vor Abschiebung?

Beim Thema Kirchenasyl lehnt sich die Kirche gegen den Staat auf, besonders in Bayern. In keinem anderen Bundesland gibt es mehr Kirchenasyle – seit Januar haben etwa 70 Gemeinden Menschen aufgenommen, die eigentlich längst abgeschoben sein sollten.

Stand: 17.07.2014

Denn viele katholische und evangelische Pfarrer halten die Flüchtlingsgesetze für menschenunwürdig, vor allem die "Dublin-III-Regelung", wegen der Flüchtlinge in ihr erstes EU-Einreiseland zurückgeschickt werden. Deutschland schiebt nach Italien, Bulgarien und Ungarn ab - Länder, in denen die Asylsysteme überlastet sind und katastrophale Bedingungen in den Asyl-Unterkünften herrschen.

Ein Team junger BR-Videojournalisten hat über Monate hinweg Flüchtlinge in ihrem Alltag im Kirchenasyl begleitet. Die Reporter erleben die Ängste und Probleme der Flüchtlinge – aber auch die Momente der Hoffnung. Sie blicken auf die Heraus­forderungen von Gemeindehelfern, Pfarrern und Bürgern, die sich aus Gewissensgründen gegen das Gesetz stellen. Und sie machen sich im EU-Einreiseland Ungarn selbst ein Bild von den Zuständen.

Nur ein Schritt über die Grenze des Kirchengrundstücks – und Johns Leben in Deutschland könnte vorbei sein. Denn dann könnte ihn die Polizei sofort festnehmen und abschieben. Der Flüchtling aus Nigeria müsste zurück nach Ungarn, denn hier wurde er das erste Mal von der EU als Flüchtling registriert. Doch nach Ungarn zurück will John auf keinen Fall. Es sei schrecklich dort gewesen, ein Leben in Zelten, nur zwei Scheiben Brot am Tag, sagt er. Ein Pfarrer im oberbayerischen Hausham will Johns Abschiebung verhindern: Er stellt sich seit Monaten gegen das Gesetz - trotz Gewissensbissen - und gewährt John Kirchenasyl.

Auch eine junge Familie aus Afghanistan harrt lieber in der Sendlinger Kirchen­gemeinde St. Korbinian aus als in die Slowakei zurück zu müssen. Sie leben in ständiger Angst. Die junge Mutter ist schwanger, muss regelmäßig untersucht werden und dazu das sichere Kirchengelände verlassen.

Und selbst in der Kirche sind die Flüchtlinge nicht mehr hundertprozentig sicher. Wegen der großen Zahl von Kirchenasylen erhöht die Politik den Druck. Erst im Frühjahr hat die Polizei ein Kirchenasyl in Augsburg geräumt, das erste Mal seit 18 Jahren in Bayern. Beim Katholikentag im Mai betont der bayerische Innenminister Joachim Herrmann, Kirchenasyl sei de facto „Rechtsbruch“. Die jahrhundertealte Schutztradition, bisher still geduldet, bröckelt.

Pfarrer und Gemeinden sind verunsichert. Obwohl sie nichts Illegales tun wollen, sehen es viele als ihre Pflicht an, Menschen in Not zu unterstützen. So wie in der evangelischen Kirchengemeinde in Fischbachau. Sie hat gerade Ahmad aus Pakistan ins Kirchenasyl aufgenommen – das erste überhaupt in der Gemeinde. Jetzt heißt es: Zweifler überzeugen und nicht wegknicken unter dem Druck des Staates.

Der Bayerische Rundfunk berichtet zum Thema Kirchenasyl in folgenden Sendungen:

Bayerisches Fernsehen
Montag, 28.Juli 2014, 22.30 Uhr
Die Reportage: Kirche gegen Staat – Kirchenasyl als letzter Schutz vor Abschiebung?

Im Hörfunk
B5 aktuell: Funkstreifzug, 27. Juli 2014, 9.05 Uhr und 12.05 Uhr
Bayern 2: RadioWelt, 25./28. Juli 2014
Bayern 2: Notizbuch, 28. Juli 2014, 10.05 Uhr
Bayern 1: Bayernmagazin, 28. Juli 2014, 17.05 Uhr


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