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BR Podcast "Seelenfänger": Im Sog der Integrierten Gemeinde

Die Integrierte Gemeinde hat ihre Mitglieder begeistert, fasziniert und in ihren Bann gezogen. Aber sie hat sie auch missbraucht: finanziell, spirituell und sozial. Aus einem katholischen Reformprojekt, gefördert unter anderem von Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., wurde eine Sekte. Ehemalige Mitglieder erzählen im Storytelling-Podcast "Seelenfänger – im Sog der Integrierten Gemeinde" des Bayerischen Rundfunks, wie sie von der Gemeinschaft ausgebeutet wurden. Brisante interne Dokumente belegen, dass die katholische Kirche die Zustände jahrzehntelang gebilligt hat.

Published at: 30-11-2022

Coverbild des Podcasts "Seelenfänger - Im Sog der Integrierten Gemeinde" | Bild: BR

Alle sieben Folgen gibt es ab 7. Dezember 2022 u. a. in der ARD-Audiothek. Begleitend sendet das BR Fernsehen am 7. Dezember um 19 Uhr in der Reihe STATIONEN die Dokumentation "Seelenfänger - Verrat im Namen des Herrn: Die Integrierte Gemeinde".

Die Integrierte Gemeinde propagierte ein radikales Lebensmodell: Die Mitglieder sollten die christlichen Ideale in allen Bereichen ihres Lebens leben: im Beruf, im Alltag und im Privatleben. Sie wohnten meist in kommunenartigen Hausgemeinschaften, sogenannten Integrationshäusern. Das faszinierte gerade in den 1970er-Jahren viele junge Menschen.

So wie Thomas Schaffert oder das Ehepaar Monika und Hajo Kindler, die im Podcast ihre Lebens- und Leidensgeschichte erzählen. Sie kamen als junge Erwachsene zur Gemeinde und blieben Jahrzehnte lang gefangen in einem System aus Abhängigkeiten. An der Spitze der Gemeinde stand über Jahre hinweg eine Frau: Traudl Wallbrecher. Sie war die charismatische Führungsfigur im Leitungsteam – und zog die Mitglieder in ihren Bann. Es galt: Wer sich dem Willen der Gemeinde widersetzt, der widersetzt sich dem Willen Gottes.

Die katholische Kirche stand dieser elitären Gemeinschaft mit bis zu 1.000 Mitgliedern lange skeptisch gegenüber. Aber prominente Theologen wie Gerhard Lohfink und Rudolf Pesch fühlten sich von dem Modell der Integrierten Gemeinde angezogen – und auch Bischöfe wie Johannes Joachim Degenhardt, der frühere Erzbischof von Paderborn, oder Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI.; Ratzinger erkannte in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising die Integrierte Gemeinde offiziell als Teil der katholischen Kirche in München an.

Dabei gab es immer wieder Beschwerden und Warnungen ehemaliger Mitglieder und auch von Kirchenverantwortlichen. Das belegen teils als vertraulich gekennzeichnete Kirchendokumente, Briefe und Gutachten, die das Team der Autorinnen und Autoren mit Katja Paysen-Petersen, Eckhart Querner und Christian Wölfel ausgewertet hat. Aus den Dokumenten geht hervor, dass auch Ratzinger immer wieder über die Zustände in der Gemeinde informiert wurde, ebenso später auch der aktuelle Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx. Doch erst im Jahr 2020 löste Marx die Integrierte Gemeinde in seinem Erzbistum auf. Ehemaligen Mitglieder der Integrierten Gemeinde reicht das nicht: Sie fordern bis heute eine wissenschaftliche Aufarbeitung und finanzielle Unterstützung.

Über das Projekt:

Der Podcast ist ein gemeinsames Projekt der BR-Redaktionen "Religion und Orientierung" und "Hörspiel/Dokumentation/Medienkunst". Er ist Teil der Reihe "Seelenfänger", die 2022 mit einer ersten Staffel zum Anastasia-Kult startete.

Jahrelange Recherchen

Die Recherchen zur Integrierten Gemeinde begannen in der Redaktion "Religion und Orientierung" bereits vor drei Jahren und mündeten in verschiedene Beiträge für die Sendung STATIONEN im BR Fernsehen sowie die Dokumentation "Geknechtet unterm Kreuz" bei DokThema. Parallel zur Veröffentlichung des Podcasts zeigt STATIONEN ab 7. Dezember in den Mediatheken von ARD und BR und im BR Fernsehen um 19 Uhr die Dokumentation "Seelenfänger - Verrat im Namen des Herrn: Die Integrierte Gemeinde".


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