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Exklusive BR-Recherche Sieben Todesfälle: Task Force belastet Friedberger Klinik schwer

Nach dem Corona-Ausbruch im Krankenhaus Friedberg mit inzwischen mindestens sieben Toten macht die zuständige Task Force des Landesamts für Gesundheit der Klinik schwere Vorwürfe. Das zeigt ein interner Zwischenbericht der Behörde, der dem BR exklusiv vorliegt. Darin heißt es, Fälle, in denen sich Patienten oder Mitarbeiter im Krankenhaus infiziert haben, seien nicht gesetzeskonform untersucht worden.

Stand: 24.02.2021

Schild am Krankenhaus Friedberg | Bild: BR / Andreas Herz

Der Bericht legt zudem nahe, dass dies bewusst so gehandhabt wurde. Das Krankenhaus konnte der Task Force zufolge in einer Bewertung keine genauen Daten zur Klinikhygiene liefern: „Es bestehen keinerlei Aufzeichnungen zu NI´s (red. Anm.: nosokomiale Infektionen - also Fälle, bei denen sich Patienten oder Mitarbeiter im Krankenhaus mit Corona infiziert haben), die Bewertung hatte augenscheinlich den Focus, andere – nicht mit dem Klinikaufenthalt oder der Tätigkeit in der Klinik verbundene – Gründe für Infektionen mit SARS CoV 2 zu finden“, heißt es in dem Bericht der Task Force.

Das Krankenhaus, das eigentlich gar keine Corona-Patienten behandelt und das zuständige Gesundheitsamt wollten sich nicht zu den nosokomialen Infektionen äußern. Dies sei Gegenstand laufender Untersuchungen.

Offenbar deutliche Hygienemängel in der Klinik

Der Bericht listet zudem Hygienemängel im Krankenhaus auf: Masken seien falsch gelagert worden, Händedesinfektionsmittel nicht eindeutig gekennzeichnet gewesen, Anweisungen für die nötige Einwirkzeit hätten gefehlt. Kot sei nicht ausreichend beseitigt worden.

Auch das Personal habe laut der Task Force möglicherweise zur Ausbreitung des Corona-Virus in der Klinik beigetragen. So hätten die Mitarbeiter in den Pausen keine Masken getragen und Schichtwechsel hätten in "deutlich zu großen Gruppen" stattgefunden, so der Bericht weiter.

Wurde zu spät zum Umgang mit Covid-Fällen informiert?

Andere interne Dokumente, die dem BR vorliegen, zeigen zudem, dass erst am 12. Januar eine Dienstanweisung zum Umgang mit den Covid-Fällen am Friedberger Krankenhaus herausgegeben wurde, also rund zwei Monate nach Beginn des Ausbruchs dort. Das Landesamt für Gesundheit kritisiert diese Dienstanweisung als "sehr knapp gehalten“. Weder das Krankenhaus noch das Gesundheitsamt wollten sich dazu äußern. Beide betonen, dass ein Hygieneplan vorlag und die wichtige räumliche und personelle Trennung von Infizierten, Verdachtsfällen und Kontaktpersonen geschehen sei.

Aussagen von Angehörigen gegenüber dem BR ziehen dies in Zweifel. Beispielsweise sei ein alter Mann zu einem schwer hustenden Patienten ins Zimmer gelegt worden. Erst in der Folge habe sich herausgestellt, dass der hustende Mann Covid hatte. Inzwischen sind beide Männer gestorben.

Der BR berichtet heute über das Thema auf BR24, in der Abendschau und der Rundschau im BR Fernsehen sowie im Hörfunk.


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