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Kontrovers BayernTrend 2018 CSU unter 40 Prozent, Zustimmung für bayerische Staatsregierung gesunken

Wenn in Bayern am kommenden Sonntag Landtagswahl wäre, käme die CSU nur noch auf 38 Prozent. Dies ergibt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag des BR-Politikmagazins „Kontrovers“. Die Grünen würden 16 Prozent, die SPD 13 Prozent erreichen. Die Freien Wähler stünden bei 9 Prozent. Die bisher nicht im Landtag vertretenen Parteien AfD und FDP würden mit 12 bzw. 5 Prozent ins Maximilianeum einziehen.

Stand: 18.07.2018

BayernTrend | Bild: BR

Insgesamt hat sich die politische Grundstimmung im Freistaat deutlich eingetrübt. Anders als in vorausgehenden Umfragen blickt eine Mehrheit der Bayern nicht mehr mit Zuversicht in die Zukunft. Dies spiegelt sich in einer gewachsenen Unzufriedenheit mit Politik und Politikern wider.

Sonntagsfrage: CSU fällt unter 40 Prozent, große Wählerunsicherheit

Hinweis

Zur Veröffentlichung frei nur bei vollständiger Quellenangabe "BR-Politikmagazin Kontrovers“.

Die CSU verliert in der Sonntagsfrage gegenüber Mai 3 Punkte und fällt mit 38 Prozent auf einen historischen Tiefstand im BayernTrend. Sie verliert gegenüber der letzten Umfrage insbesondere bei älteren Wählern sowie bei Frauen an Rückhalt. Profitieren können von der CSU-Schwäche zum einen die Grünen. Sie legen gegenüber Mai um 2 Punkte zu und kämen auf 16 Prozent, ihr zweithöchster Wert im BayernTrend. Die Grünen lägen damit weiterhin vor SPD und AfD, die 13 Prozent (+1) bzw. 12 Prozent (+/-0) der Stimmen in Aussicht hätten. Neben den Grünen profitieren die Freien Wähler, die gegenüber Mai ebenfalls um 2 Punkte zulegen und aktuell auf 9 Prozent kämen. Die FDP gibt 1 Punkt ab und hätte derzeit 5 Prozent in Aussicht. Alle anderen Parteien würden derzeit den Einzug in den Landtag verpassen, wobei die Linke auf 4 Prozent (+1) käme.

Wahlentscheidung steht bei Mehrheit der Bayern noch nicht fest

Die Sonntagsfrage misst aktuelle Wahlneigungen und nicht tatsächliches Wahlverhalten. Sie ermittelt einen Zwischenstand im Meinungsbildungsprozess der Wahlbevölkerung, der erst am Wahlsonntag abgeschlossen ist. Rückschlüsse auf den späteren Wahlausgang sind damit nur bedingt möglich. Zum einen legen sich immer mehr Wähler kurzfristig vor einer Wahl fest, zum anderen hat die Bedeutung der letzten Wahlkampfphase mit der gezielten Ansprache von unentschlossenen und taktischen Wählern durch die Parteien zugenommen.

Dies gilt umso mehr, als mehr als die Hälfte der bayerischen Wähler (55 Prozent) nicht ausschließen will, dass sich ihre aktuelle Parteipräferenz bis zum Wahltermin am 14. Oktober noch ändert. Nur 45 Prozent sind sich dagegen vergleichsweise sicher, dass sie bis zur Landtagswahl bei ihrer aktuellen Parteipräferenz bleiben werden. Im Vorfeld der Landtagswahlen vor fünf Jahren war das Verhältnis spiegelbildlich: Im Juli 2013 waren sechs von zehn der Befragten (59 Prozent) auf ihre Parteipräferenz bereits weitgehend festgelegt, während sich noch 40 Prozent für Änderungen bis zum Wahltag offen zeigten.

Ihrer Anhänger am wenigsten sicher sein können nach derzeitigem Stand vor allem FDP (17:83 Prozent), Freie Wähler (29:71 Prozent) und Grüne (38:62 Prozent). In ihren Anhängerschaften überwiegt jeweils deutlich der Anteil derer, die sich eine geänderte Parteipräferenz bis zum Wahlsonntag offen halten. Deutlicher festgelegt sind die Anhänger von AfD (61:39 Prozent), SPD (55:45 Prozent) und CSU (50:50 Prozent). Aber selbst in ihren Reihen wollen 39 bis 50 Prozent für sich persönlich ein geändertes Stimmverhalten bis zum Wahltag nicht ausschließen.  

Grundstimmung: Verunsicherung drei Monate vor der Landtagswahl

Drei Monate vor der Landtagswahl zeigt sich die bayerische Bevölkerung deutlich verunsichert. Gut jeder zweite Wahlberechtigte (54 Prozent) sieht in den aktuellen Verhältnissen im Land eher Anlass zur Beunruhigung, vier von zehn (40 Prozent) geben sich zuversichtlich. Damit unterscheidet sich die aktuelle Grundstimmung in Bayern ganz erheblich von der in den ersten Monaten des Jahres, als die Verhältnisse im Freistaat mehrheitlich positiv bewertet wurden. Letztmalig überwog die Beunruhigung im Bayerntrend zum Jahreswechsel 2015/2016 auf dem Höhepunkt der Zuwanderungskrise (Januar 2016: 57 Prozent Beunruhigung, 36 Prozent Zuversicht).

Unions-Streit zur Asylpolitik: Schaden für die CSU

Der in den letzten Wochen eskalierende Asylstreit zwischen CDU und CSU hat wesentlich zur Verunsicherung der Wahlberechtigten beigetragen. 78 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die unionsinterne Auseinandersetzung um den Kurs in der Asyl- und Flüchtlingspolitik der CSU geschadet hat, nur 17 Prozent betrachten die CSU als Nutznießer der Kontroverse. Auch die CSU-Anhänger selbst ziehen eine deutlich negative Bilanz: Nach Ansicht von 68 Prozent hat der ausufernde Asylstreit den Christsozialen geschadet. Lediglich jeder vierte CSU-Anhänger (26 Prozent) glaubt, dass sich der Konflikt für die Partei schlussendlich gelohnt hat. 

Wichtigste Probleme: Flüchtlinge, Wohnen, Bildung

Das Aufgreifen des Zuwanderungsthemas durch die Politik folgt weiterhin den grundsätzlichen Erwartungen weiter Teile der bayerischen Bevölkerung. Migration bildet aus Sicht der Wahlberechtigten in Bayern nach wie vor die größte politische Herausforderung der Gegenwart. Auf die offen gestellte Frage nach den aktuell wichtigsten Problemen im Bundesland thematisiert ähnlich wie im Mai jeder zweite Wahlberechtigte (52 Prozent, +2) im Freistaat Fragen von Zuwanderung und Integration. Vor allem Anhänger von AfD (89 Prozent) und CSU (61 Prozent) zählen die Zuwanderung zu den derzeit größten landespolitischen Problemen. Ebenso stellt die Zuwanderung für große Teile der Anhängerschaft von Freien Wählern (47 Prozent) und FDP (45 Prozent) das aktuell wichtigste Thema dar.   

Auf Platz zwei folgt im Freistaat mittlerweile das Wohn- und Mietthema (17 Prozent, +6). Die angespannte Situation auf dem bayerischen Wohnungsmarkt wird noch einmal deutlich häufiger problematisiert als im Mai und hat in der subjektiven Problemwahrnehmung der Bürger mittlerweile denselben Stellenwert wie Schul- und Bildungsfragen (17 Prozent, -5). Dahinter rangieren mit deutlichem Abstand Fragen der Alterssicherung (10 Prozent, +1) und Pflege (10 Prozent, +3). In ähnlichem Umfang werden darüber hinaus der Zustand der öffentlichen und technischen Infrastruktur in Bayern (10 Prozent, +1) thematisiert sowie als ungerecht wahrgenommene soziale Verhältnisse (9 Prozent, -4).

Arbeit der unionsgeführten Bundesregierung: Kritik überwiegt

Deutlich gelitten hat durch den unionsinternen Streit um die Flüchtlingspolitik die Wahrnehmung der unionsgeführten Bundesregierung. Nur jeder dritte Bayer (34 Prozent) gibt sich aktuell zufrieden mit der Arbeit der Berliner Koalition. Zwei Drittel (66 Prozent) üben Kritik. Zum Vergleich: Im Mai 2017 überzeugte die damalige Berliner Koalition aus CDU, CSU und SPD sechs von zehn Bayern (60 Prozent).

Die Unzufriedenheit mit der Bundesregierung durchzieht alle politischen Milieus im Freistaat: Die CSU-Anhänger (42:56 Prozent) sind momentan ähnlich unzufrieden wie die Anhänger von SPD (41:58 Prozent) und Grünen (39:61 Prozent). Deutlichere Kritik an der Arbeit der Bundesregierung üben die Anhänger der Freien Wähler (35:65 Prozent) und der FDP (29:71 Prozent). Die AfD-Anhänger bleiben auch nach dem unionsinternen Asylstreit zu 100 Prozent auf Distanz zur Berliner Koalition.

Bewertung Horst Seehofer: CSU-Bundesinnenminister auf Rekordtief

Unmittelbar negative Folgen hat der unionsinterne Asylstreit für die Bewertung von CSU-Bundesinnenminister Horst Seehofer. Auf einer Schulnotenskala von 1 bis 6 erhält Seehofer aktuell eine Durchschnittsbewertung von 3,9 und damit die schlechteste Bewertung für ihn jemals im BayernTrend. Nur etwa jeder vierte Bayer (23 Prozent) vergibt für die politische Arbeit Seehofers derzeit eine Eins oder Zwei, 39 Prozent dagegen eine Fünf bzw. Sechs. Auch in den CSU-Reihen erhält der Bundesinnenminister in Summe momentan nur ein „befriedigend“ (2,9). Am kritischsten wird Seehofer von den Grünen-Anhängern bewertet (5,2).

Arbeit der CSU-Staatsregierung: Rückhalt gesunken

Berührt vom Asylstreit ist nicht allein die Wahrnehmung bundespolitischer Akteure. Hatten sich im Mai sieben von zehn Bayern (70 Prozent) positiv zur Leistung der CSU-Staatsregierung geäußert, gelangt aktuell nur die Hälfte der Bayern (50 Prozent) zu diesem Urteil. Ebenso viele (50 Prozent) üben Kritik. Eine ähnlich polarisierende Aufstellung der bayerischen Staatsregierung gab es zuletzt Anfang 2012, als im Freistaat CSU und FDP gemeinsam regierten.

In den CSU-Reihen überwiegt zwar weiterhin der Zuspruch zur Regierungsarbeit (82:18 Prozent), allerdings auf niedrigerem Niveau als noch vor zwei Monaten. Außerhalb der CSU-Reihen punktet die Staatsregierung allein bei FDP-Wählern (64:36 Prozent). Während sich bei den Anhängern der Freien Wähler (51:49 Prozent) Zuspruch und Ablehnung etwa die Waage halten, überwiegt in den Reihen von SPD (35:65 Prozent), vor allem aber bei AfD (26:74 Prozent) und Grünen (24:76 Prozent) deutlich die Kritik an der aktuellen Regierungsarbeit. 

Ministerpräsident Söder: Amtsführung polarisiert

Auch die Amtsführung des CSU-Ministerpräsidenten hat in den vergangenen Wochen polarisiert: Für 44 Prozent ist Markus Söder gut drei Monate nach seiner Amtsübernahme ein guter Ministerpräsident, 38 Prozent bezweifeln dies. Noch im Mai sah das Bild anders aus. Damals galt er für mehr als die Hälfte der Bayern (56 Prozent) als ein guter Amtsinhaber, während ihn 20 Prozent skeptisch betrachteten. Besonders stark ist sein Vertrauensverlust in den bayerischen Großstädten. Dies bestätigt sich beim Blick auf die Anhängerschaften. Im Vergleich zu Mai verliert Söder vor allem bei FDP-Anhängern (-25 Punkte), SPD-Anhängern (-24 Punkte) und Grünen-Anhängern (-24 Punkte), während die Zustimmung bei Freien Wählern, AfD- und CSU-Anhängern nahezu unverändert bleibt. Letztere nehmen mit 75 zu 10 Söders Rollen- und Amtswahrnehmung nach wie vor positiv wahr.

Spitzenkandidaten-Benotung: Verluste für Söder, mäßige Bewertung der Landtagsopposition

Die kritischere Wahrnehmung des Ministerpräsidenten setzt sich in der aktuellen Politikerbenotung fort. Nachdem dieser noch im Mai eine Durchschnittsbewertung von 2,8 erhalten hat, vergeben die Bayern aktuell auf einer Schulnotenskala von 1 bis 6 für Markus Söder nun eine Durchschnittsbewertung von 3,4.

Der CSU-Politiker liegt damit hinter den Kandidaten der anderen Landtagsparteien, auch wenn diese in der Bürgerbewertung stagnieren bzw. ebenfalls an Rückhalt verlieren. Im Ergebnis kommt in Bayern drei Monate vor der Landtagswahl kein einziger Spitzenkandidat über eine mäßige Gesamtbewertung hinaus: Natascha Kohnen von der SPD, Hubert Aiwanger von den Freien Wählern und Katharina Schulze von den Grünen erhalten wie im Mai jeweils eine Durchschnittsbewertung von 3,2. Ludwig Hartmann, männlicher Part im Grünen-Spitzenduo, nur eine 3,3 (-0,1). Zugleich ist die Anziehungskraft der Oppositions-Spitzen gegenüber der jeweils eigenen Anhängerschaft begrenzt. In der eigenen Anhängerschaft genießt Markus Söder im Vergleich der Spitzenkandidaten weiterhin das höchste Ansehen.

Koalitionen: CSU/Freie Wähler und CSU/Grüne am besten bewertet

Bei einem Wahlausgang entsprechend der aktuellen politischen Stimmung stünde der Freistaat wie zuletzt 2008 vor der Bildung einer CSU-geführten Koalitionsregierung. Zwei Koalitionsvarianten finden derzeit ähnlich großen Zuspruch: eine CSU-Regierung mit den Freien Wählern (43 Prozent) und ein CSU-Bündnis mit den Grünen (42 Prozent). Während die Unterstützung der Bayern für eine Regierung von CSU und Freien Wählern gegenüber Mai gewachsen ist (+3), hat Schwarz-Grün dagegen in den letzten beiden Monaten an Zuspruch verloren (-3).

Andere Regierungsmodelle überzeugen die Bayern deutlich weniger. Hierzu gehört mit vergleichbaren Werten wie im Mai neben Schwarz-Rot (33 Prozent, -1) eine Neuauflage des schwarz-gelben Bündnisses von 2008 (35 Prozent, +/-0), das aktuell allerdings ohne Mehrheit wäre. Die wenigsten Sympathien im Freistaat findet nach deutlichem Sympathieeinbruch (-11) derzeit eine CSU-Alleinregierung. Das aktuelle Regierungsmodell bewerten 31 Prozent positiv, zwei Drittel (67 Prozent) kommen dagegen zu einer kritischen Bewertung.

Einstellungen zur AfD

Auch für Bayern ist zu erwarten, dass die AfD in den Landtag einzieht und sich damit die landespolitischen Verhältnisse deutlich verändern. Und dies trotz großer Zweifel innerhalb der Bevölkerung an Teilen der AfD-Standpunkte. Acht von zehn Wahlberechtigten (83 Prozent) sind der Meinung, dass die Partei zu wenig Distanz zu rechtsextremen Positionen wahrt. Eine Kritik, die auch rund die Hälfte der AfD-Anhänger (47 Prozent) im Freistaat teilt.

Zugleich wird der AfD auch in Bayern von etwa jedem zweiten Wahlberechtigten zugestanden, dass sie bestimmte Dinge zumindest beim Namen nennt (52 Prozent) und ein Unsicherheitsgefühl vieler Menschen besser versteht als andere Parteien (46 Prozent). Ihre zuwanderungs- und islamkritische Haltung stößt zudem bei einem beachtlichen Teil der bayerischen Wahlberechtigten auf grundsätzliche Sympathien: Knapp vier von zehn finden es gut, dass die AfD den Zuzug von Ausländern und Flüchtlingen stärker begrenzen will als andere Parteien (37 Prozent) und den Einfluss des Islam in Deutschland einschränken möchte (36 Prozent). Vielfach wird die Partei als Instrument gesehen, um eine andere Flüchtlingspolitik im Bund zu bewirken (43 Prozent).

Heute Abend präsentieren Ursula Heller und Andreas Bachmann die Ergebnisse in "Kontrovers" ab 21.00 Uhr im BR Fernsehen.

Informationen zur Studie

Für die Umfrage wurden von Infratest dimap im Zeitraum von 11. bis 16. Juli 2018 1003 Wahlberechtigte in Bayern telefonisch interviewt.

Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl/Randomstichprobe. Fehlertoleranz: 1,4 bis 3,1 Prozentpunkte.

Die Sonntagsfrage misst aktuelle Wahlneigungen und nicht tatsächliches Wahlverhalten. Sie ermittelt einen Zwischenstand im Meinungsbildungsprozess der Wahlbevölkerung, der erst am Wahlsonntag abgeschlossen ist. Rückschlüsse auf den späteren Wahlausgang sind damit nur bedingt möglich.

Zur Veröffentlichung frei nur bei vollständiger Quellenangabe "BR-Politikmagazin Kontrovers“.

 


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