Presse - Pressemitteilungen


64

BR stellt Studie vor Medien in der Glaubwürdigkeitskrise?

Die Medien stehen angesichts der aktuellen Vorwürfe mangelnder Glaubwürdigkeit vor besonderen Herausforderungen. Inwieweit haben die Bürger wirklich das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit journalistischer Berichterstattung verloren? Und wie können die Medien Vertrauen zurückgewinnen? Um Schlüsse auch für die eigene Arbeit zu ziehen, ist der Bayerische Rundfunk diesen Fragen auf den Grund gegangen und hat zum 25. Jubiläum von "B5 aktuell", des Informationsradios des Bayerischen Rundfunks, eine bundesweite und repräsentative Studie zum Thema "Vertrauen in die Medien" durchgeführt.

Stand: 02.05.2016

Fernsehkameras wartender Journalisten | Bild: picture-alliance/dpa

Die Kernergebnisse zeigen, dass der Begriff "Glaubwürdigkeitskrise" differenziert betrachtet werden muss, denn:

  • Drei Viertel der Befragten halten das öffentlich-rechtliche Fernsehen und die Tageszeitungen nach wie vor für glaubwürdig, zwei Drittel vertrauen dem öffentlich-rechtlichen Radio.
  • Die etablierten Medien sind nach wie vor Hauptanlaufstelle der Deutschen für die täglichen Informationen zum aktuellen Geschehen. Glaubwürdigkeit und Verständlichkeit sind ihre wichtigsten Qualitätsmerkmale.
  • Journalisten und ihre Arbeit werden hoch geschätzt.
  • Allerdings äußern viele Menschen in Deutschland auch Zweifel, ob die Nachrichtenmedien wirklich unabhängig sind. Sie fordern, dass Medien noch stärker auf Vollständigkeit achten, ihre Quellen transparenter machen und neben den Problemen auch stärker über Lösungen berichten.

Nachrichtenmedien in Deutschland – relevant und leistungsstark

Nach wie vor nutzen die Deutschen die etablierten Medien, allen voran den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, als Hauptinformationsquelle für Nachrichten. 56 Prozent der befragten Bürger ab 18 Jahren informieren sich (fast) täglich über die öffentlich-rechtlichen Fernsehkanäle, 47 Prozent über deren Radioprogramme, und 45 Prozent lesen täglich eine Zeitung. Drei Viertel der Befragten sind der Ansicht, dass ihre Medien über die Themen berichten, die sowohl für die Gesellschaft als auch für sie persönlich relevant sind und dass die Medien die Realität so abbilden, wie sie diese auch persönlich erleben. Schließlich erkennen knapp zwei Drittel der Bürger an, dass die Medien Sorgen und Ängste in der Bevölkerung aufgreifen und gesellschaftliche Missstände aufdecken. Die investigative Leistung der Nachrichtenmedien wird besonders geschätzt von den Hörern der öffentlich-rechtlichen Infowellen, die auch insgesamt von allen gesellschaftlichen Teilgruppen am zufriedensten mit der Berichterstattung der etablierten Medien in Deutschland sind.

Berichterstattung – glaubwürdig und verständlich

Die Befragten halten die Nachrichtenmedien grundsätzlich für glaubwürdig und verständlich. Bei der Glaubwürdigkeit stehen die Öffentlich-Rechtlichen und die Tageszeitungen mit jeweils 75 Prozent Zustimmung an der Spitze. Zwei Drittel vertrauen dem öffentlich-rechtlichen Radio. Bei der Verständlichkeit bekommt das öffentlich-rechtliche Fernsehen die beste Bewertung (86 Prozent), gefolgt von den Tageszeitungen (82 Prozent) und dem öffentlich-rechtlichen Radio (76 Prozent). Acht von zehn Menschen mit Migrationshintergrund halten die Nachrichten der Öffentlich-Rechtlichen für verständlich.

Unabhängigkeit – wichtig und gefährdet

In Sachen Unabhängigkeit gehen die Meinungen stark auseinander: Weniger als die Hälfte der Bevölkerung hält die verschiedenen Medien für unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Interessen. Am ehesten wird dies noch dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den überregionalen und regionalen Tageszeitungen zugebilligt. 60 Prozent der Befragten glauben jedoch, dass als unerwünscht geltende Meinungen in der Berichterstattung ausgeblendet würden. Ebenso viele gehen davon aus, dass es Vorgaben für die Berichterstattung gebe – vor allem von Seiten der Regierung oder staatlicher Stellen, der Wirtschaft oder den Parteien. 65 Prozent sind der Ansicht, dass Journalisten nicht immer das sagen dürfen, was sie wirklich denken. In der Gruppe der „Zweifler“ – Menschen, die Politik und Medien besonders kritisch gegenüberstehen – sind 81 Prozent dieser Meinung.

Erwartungen der Bürger – Transparenz und Tiefe

Die Deutschen wünschen sich von den Nachrichtenmedien vor allem, dass diese nicht nur über Probleme, sondern auch über Lösungsansätze berichten. Zwei Drittel fordern eine tiefergehende Berichterstattung: In ihren Augen sollten Medien Sachverhalte nicht zu sehr vereinfachen oder zu stereotyp darstellen (66 Prozent) und mehr auf die Folgen der Entscheidungen von Politikern eingehen (61 Prozent). Die Mehrheit wünscht sich zudem mehr Transparenz in den Medien – diese sollten die Quellen ihrer Informationen besser und detaillierter offenlegen. Die Hälfte der Deutschen wünscht sich, dass die Medien ihnen mehr Gehör schenken und über ihre eigenen Sorgen und Probleme berichten.

"Viele Menschen vertrauen den Medien bei der Auswahl der Themen, der Berichterstattung über die Fakten. Diese positiven Ergebnisse der Studie bestätigen unsere journalistische Arbeit. Gleichzeitig leite ich einen weiteren Arbeitsauftrag an die Medien ab, nämlich noch mehr Einordnung, Erklärung und Hintergrund zu bieten. Und wir müssen unsere Quellen und Arbeitsweisen transparenter machen, damit nicht die Zahl derer steigt, die an der Unabhängigkeit der Medien zweifeln."

Mercedes Riederer, Chefredakteurin des BR-Hörfunks

B5 aktuell-Aktion – Themenwoche und Hörerdialog

Das Vertrauen der Deutschen in die Medien sowie die Zweifel und Wünsche der Hörer sind eine Woche lang Thema bei „B5 aktuell“. Vom 2. bis 6. Mai berichtet das Informationsradio des Bayerischen Rundfunks täglich um 8.20 Uhr und um 9.50 Uhr (Wiederholung) über die Ergebnisse der Studie. Es kommen Medienmacher, Wissenschaftler und Hörer zu Wort, die die Ergebnisse kommentieren und einordnen.

Am Freitag, 6. Mai, diskutieren Hörer und Medienmacher ab 17.00 Uhr eine Stunde lang live in der Sendung „Hörerdialog“.

Auf dem Podium sitzen Ulrich Wilhelm, der Intendant des Bayerischen Rundfunks, Eva Corell, die Leiterin der Redaktion Studios Ausland und Berlin, sowie Tilo Jung vom YouTube-Kanal „Jung & Naiv“. B5 aktuell-Programmchef Max Stocker moderiert.

Die Studie zum Download Format: PDF Größe: 999,35 KB

Online-Dossier

Unter www.BR24.de stehen die Ergebnisse sowie tiefergehende Analysen zur Studie in einem umfassenden Online-Dossier zu Verfügung.

Untersuchungssteckbrief der BR-Studie „Informationen fürs Leben“

  • Durchführung und Analyse: BR Medienforschung; Erhebung durch das Institut TNS emnid, Bielefeld
  • Grundgesamtheit: deutschsprachige Bevölkerung ab 18 Jahren in Deutschland
  • Fallzahl: 1.000 Befragte
  • Erhebungszeitraum: 11. März bis 2. April 2016
  • Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews (CATI; Dual Frame: 70% Festnetz- / 30% Mobilfunk-Stichprobe)
  • Stichprobe: repräsentative Zufallsauswahl/Random-Stichprobe

64