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Regisseur Dominik Graf Der Polizeifilm. Ein Heimatkrimi. Auch in Starnberg.

Dominik Graf, Regisseur des Heimatkrimis "Die reichen Leichen", empfindet Starnberg als "Ort kraftvoller Widersprüche, bayrisch, von zugewanderten Geldsäcken überschwemmt, auch traditionell gestimmt, auch mythologisch verzaubert, verkehrstechnisch eine Katastrophe".

Von: Dominik Graf

Stand: 18.09.2013

Dominik Graf | Bild: BR

"Starnberg - das touristische Einfallstor zu jener langgestreckten Endmoränen-Pfütze (die inzwischen den gleichen Namen wie die Stadt trägt) - Starnberg leistet sich eine "Seepromenade", die in ihrer herrlichen Nachkriegs-Ästhetik dem Rest der herausgeputzten deutschen Republik wahrlich die Stirn bietet. Wenn man gute Laune hat, kann man gar nicht anders als diese enge graue Betonterrasse zwischen dem 19.-Jahrhundert-Mini-Bahnhof (hübsch, wenn man an der richtigen Stelle steht) und den ehemaligen "Würmsee" als pure Grandezza zu verbuchen. 

Regisseur Dominik Graf mit Andreas Giebel, Annina Hellenthal und Florian Stetter

Man muss die Promenade sehen und anerkennen, dass sich die arme reiche Stadt Starnberg offenbar exemplarisch einen Scheiß um aktuelle deutsche Vorzeige-Ästhetik schert. Bewundernswert. Wenn man aber weniger gute Laune hat und das Wetter mies ist - dann ist man ganz genauso davon hingerissen. Fragt sich aber zumindest, wie es ausgerechnet hier im Zahnarzt-Millionärs-County zu solch hochsympathischer, weithin sichtbarer Selbst-Unterbewertung kommen kann?

Starnberg ist ein Ort kraftvoller Widersprüche, bayrisch, von zugewanderten Geldsäcken überschwemmt, auch traditionell gestimmt (die Zugereisten sind überall die heftigsten Traditionalisten!), auch mythologisch verzaubert, verkehrstechnisch eine Katastrophe, und unvermeidbar im Hochsommer mit einer Miami-artigen Sonnen-Mentalität ausgestattet.

Drehbuchautor Sathyan Ramesh

Und so wars dann für Sathyan Ramesh, den zugereisten Autor, und mich, den lokalen Regisseur, nur eine Frage der Zeit, wann wir uns endlich mit diesem Phänomen Starnberg am Rand der heute in ekliger Gentrifizierung versinkenden (einstmaligen) Charme-Metropole München beschäftigen würden. Jetzt hat's geklappt, und wir sind in panischer Vorfreude, ob wir unsere erzählerischen Sehnsüchte über Starnberg wohl wirklich hinkriegen werden.

Jeder Polizeifilm ist ja per se schon zwangsläufig ein Heimatkrimi, egal ob er in Berlin spielt oder in Bayern, ob Tatort oder Kinofilm. 

Wenn der Film irgendwas taugen soll, dann muss er möglichst viel Ort, viel Topographie, viele Unverkennbarkeiten und seine Figuren möglichst häufig im Dialekt erzählen. Der Polizeifilm hohnlacht damit sozusagen allen globalisierten Strukturen ins Gesicht, weil jeder Polizist und Kommissar ja weiß, dass kein Kriminalfall unabhängig von den Orten zu sehen ist, an denen er geschieht.

Weil die verschiedenen Mentalitäten der Menschen und Städte bleiben. Weil wir uns alle überraschenderweise halt doch nicht in der Soße einer weltweit gleichgeschalteten Kommerz-Ökonomie komplett auflösen lassen. Der Polizeifilm ist eine Rückversicherung der Widerständlerischkeit und der Beharrlichkeit. In diesem Sinn ..."


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