Presse - Pressedossiers


53

In höchster Not Die Bergwacht Ramsau

Im Mittelpunkt von "In höchster Not - Bergretter im Einsatz" steht die Arbeit der Bergwachten Ramsau und Grainau, die über mehrere Monate hautnah mit der Kamera begleitet wurde.

Stand: 14.02.2025

Bergretter der Bergwacht Ramsau bei Einsatz mit Flugrettung. | Bild: BR/Timeline Production/Stefanie Böhler

Die Bergwacht Ramsau operiert zusammen mit der Bergwacht Berchtesgaden im Gebiet des Nationalparks Berchtesgaden mit Watzmann, Hochkalter, Blaueisgletscher und Reiteralpe; einem alpinen Gelände, das von steilen Bergflanken, felsigen Graten und schroffen Gipfeln geprägt ist.

Ein Team von mehr als 40 aktiven Bergwachtfrauen und -männern aller Generationen engagiert sich ehrenamtlich für die Bergrettung im Einsatzgebiet. Darunter sind Spezialisten aller Art, wie Bergführer, Notärzte, Rettungssanitäter, Einsatzleiter mit Spezialisierungen für Umwelteinsätze und Großschadensereignisse, aber auch ausgebildete Luft-, Canyon- und Höhlenretter, Lawinenhundeführer, Fachausbilder Luft-, Sommer- und Winterrettung, Recco-SAR-Operatoren, Kriseninterventionsberater und Fachberater für Naturschutz. (Quelle: bergwacht-ramsau.de)

"Die Einsatzgebiete rund um die Zugspitze und dem Watzmann bieten genau das, was man sich unter Bergrettung vorstellt: steile Flanken, hohe Wände und anspruchsvolle Routen. Die steigenden Tourismuszahlen in den Bayerischen Alpen erfordern von uns Bergrettern eine erhöhte Einsatzbereitschaft zu jeder Tages- und Nachtzeit. Wenn nötig, gehen wir bis an die Grenzen des Vertretbaren, um ein Menschenleben zu retten. Ich freue mich, dass wir unsere Arbeit als ehrenamtliche Retter in der Doku-Serie einem breiten Publikum näherbringen können."

Michael Renner, Einsatzleiter Bergwacht Ramsau

Das Team der Bergwacht Ramsau

Michael Renner (39)

Beruf: im Management eines IT-Unternehmens

Was hat dich dazu gebracht, bei der Bergrettung anzufangen?
Ich war früher bei den Gebirgsjägern, habe aber bei der Vorbereitung auf einen Einsatz gemerkt, dass relativ wenig Gebirge in der Gebirgsjägerei steckt. Da kam mir die Idee, zur Bergwacht zu gehen, weil ich da auf der einen Seite das Alpinistische ausleben kann – und ich aber auch meine Zeit sinnvoll nutzen kann, sodass alle etwas davon haben.

Was war dein gefährlichster Einsatz?
Gefährlich sind alle Einsätze, die mit Gewitter zu tun haben. Wir haben mal jemanden von der Watzmann-Südspitze geholt und uns ausgerechnet, dass wir es noch vor dem Gewitter schaffen. Das Gewitter kam aber über eine Stunde zu früh, wir waren noch mitten im Abstieg mit einem Patienten, der sehr langsam zu Fuß war. Die letzten paar hundert Meter zum Pinzgauer sind wir gerannt, und ich hatte eine Höllenangst.

Wie verarbeitest du dramatische Einsätze?
Normalerweise klappt das durch Reden ganz gut. Reden hilft, man sollte recht schnell über das Geschehene reden.  Eine Ausnahme war ein Einsatz 2022, da haben wir eine vermisste Person fast eine Woche lang gesucht, das hat Monate gedauert, bis ich das verarbeitet hatte.

Berthold "Berti" Stöckl (41)

Beruf: Ingenieur für Fahrzeugtechnik beim TÜV Süd

Wann war dein erster Einsatz?
Einer meiner ersten Einsätze war eine Suchaktion am Watzmann über mehrere Tage – da war ein einzelner Bergsteiger abgängig. Er war ausgerutscht und in eine Rinne gestürzt. Der Mann wurde erst nach über einer Woche tödlich verunglückt aufgefunden, als auch weniger bekannte und genutzte Wege abgesucht wurden. Als Jungspund war das natürlich ein prägender Einsatz, der im Gedächtnis blieb.

Was hat dich dazu gebracht, bei der Bergrettung anzufangen?
Mein Vater war und ist schon ewig bei der Bergwacht, auch seine Brüder, also meine Onkel, genauso Cousin und Cousine. So bin ich auch dazugekommen – habe als Anwärter reingeschnuppert und war dann dabei, seit 2005 als aktives Mitglied.

Was war dein interessantester Einsatz?
Am Watzmanngrat zwischen Mittelspitze und Südspitze saßen drei Personen bei Gewitter und Sturm fest. Einer hatte eine Knieverletzung und konnte nicht mehr auftreten. Alle hatten Turnschuhe an und wir mussten sie zu Fuß holen, da wegen des Wetters kein Hubschrauber fliegen konnte. Unser Ziel war es, die drei Personen in die nächste Unterstandshütte zu bringen. Da das zu Fuß sehr aufwendig ist, haben wir mit der Bergwacht Berchtesgaden zusammengearbeitet. Logistisch war das eine Meisterleistung: Wir mussten sicherstellen, dass wir oben genügend Verpflegung und alles für die Patientenversorgung hatten. Und dass am Ende alle heil vom Berg wieder runterkommen.

Welcher Einsatz wird dir besonders in Erinnerung bleiben?
Wir haben mal eine Gruppe von zehn Indonesiern gerettet, die im Watzmannkar ohne Tourenausrüstung unterwegs und unterkühlt waren. Sie konnten mit dem Polizeihubschrauber ausgeflogen werden und nachdem in der DAV-Hütte ordentlich eingeheizt wurde, sind alle wieder aufgetaut. Das Besondere an diesem Einsatz war tatsächlich die große Dankbarkeit, die sie nach ihrer Rettung an den Tag gelegt haben. Ihnen war klar, dass sie ohne uns da nicht rausgekommen wären, sie hatten große Angst. Ein solche Dankbarkeit bleibt in Erinnerung. Aber genau darum geht es, um in solchen Situationen zu helfen.

Wie verarbeitest du dramatische Einsätze?
Man geht danach nicht heim, sondern sitzt zusammen, spricht den Einsatz durch und geht auf Einzelheiten ein. Gemeinsam zu überlegen, wieso war das so, was hätte sein können, was war gut, was hätten wir anders machen können – das hilft am allermeisten. Wahrscheinlich auch weil man sieht, dass man mit vielem nicht allein ist und es den anderen ähnlich geht.

Kathrin Hasenknopf (46)

Beruf: Realschullehrerin für Englisch, Religion, Ernährung und Gesundheit

Was hat dich dazu gebracht, bei der Bergrettung anzufangen?
Mein Papa ist schon ganz lang bei der Bergwacht und ich habe es geliebt, als Kind den Geschichten von den Einsätzen zu lauschen. Das hat mir große Lust darauf gemacht, auch irgendwann dabei zu sein. Auch die Gemeinschaft und das Zusammensitzen, das war ihm immer ganz wichtig. Ich freue mich sehr, dass ich jetzt in seine Fußstapfen treten konnte.

Was war dein interessantester Einsatz?
Der ist noch gar nicht so lange her, da ich erst seit knapp drei Jahren aktiv dabei bin. Das war noch in meiner Anwärterzeit. Es war Winter, nach einer Ausbildung. Da haben wir eine verstiegene und verletzte Person geborgen und ich war das erste Mal mit dabei.

Welcher Einsatz wird dir besonders in Erinnerung bleiben?
Das war auch der eine Einsatz in der Nähe vom Watzmannhaus, der auch in der Doku verkommt. Wir sind zu einer Knieverletzung gerufen worden. Danach sind wir mit den Kameraden des Verletzten noch in die Hütte eingekehrt, und auch der Patient war nett und witzig – trotz Schmerzen und seiner Verletzung. Er hat sich im Nachhinein auch nochmal mit einer Nachricht bedankt – diesen Einsatz habe ich gut in Erinnerung.

Wie verarbeitest du dramatische Einsätze?
Ich finde es am besten, mit meinen Bergwacht-Kamerad: innen zu reden. Normalerweise besprechen wir einen Einsatz danach und das hilft ungemein. Meistens geht man dann mit einem guten Gefühl nach Hause.

Lukas Wurm (38)

Beruf: Kaminkehrer

Was hat dich dazu gebracht, bei der Bergrettung anzufangen?
Seit ich mich erinnern kann, war mein Vater dabei. Mein Bruder wurde dann auch Bergretter, er war sehr engagiert. Das hat mich dann dazu bewegt, mit 14 oder 15 Jahren auch zur Bergrettung zu gehen. Zudem wollte auch mein Kletterpartner zur Bergwacht gehen, wodurch sich das alles dann dazu entwickelt hat. Da Bergsteigen zu der Zeit auch zu meinen liebsten Hobbys gehörte, war es dann einfach, dazuzukommen.

Kannst du dich noch an einen ersten Einsatz erinnern?
Nein, dafür aber an den ersten Toten. Ich weiß noch, dass wir sehr lange warten mussten, bis die Polizei kam, um den Fall aufzunehmen, und dass es sehr kalt war. Auch an meinen ersten Hubschrauberflug bei einem Lawineneinsatz kann ich mich noch erinnern, das war am Hocheis. Da bin ich das erste Mal in einem Hubschrauber mitgeflogen, das war beeindruckend..

Was war dein gefährlichster Einsatz?
Eigentlich müssen wir bei jedem Einsatz aufpassen, da es schnell gefährlich oder knapp werden kann.

Welcher Einsatz wird dir besonders in Erinnerung bleiben?
Jeder Einsatz, bei dem jemand seine Dankbarkeit im Nachgang ausdrückt.

Wie verarbeitest du dramatische Einsätze?
Ich schließe fordernde Einsätze beim Verlassen der Wache nach einer Nachbesprechung ab. Spätestens bei einem Glas Bier lasse ich die Ereignisse nochmal sacken und kann sie dann ganz gut verarbeiten.

Andreas Punz (27)

Beruf: Softwareentwickler

Was hat dich dazu gebracht, bei der Bergrettung anzufangen?
Ich bin in der Nähe der Ramsau groß geworden und war schon als Kind mit meinen Eltern in den Bergen unterwegs. Bei der Bergwacht war ich zunächst in München, das war für mich ein toller Ausgleich zum Studium, so konnte ich viel draußen sein. Währenddessen habe ich dann auch noch die Ausbildung zum Rettungssanitäter gemacht. Nach meinem Studium bin ich zurück in die Heimat und zur Bergwacht Ramsau gewechselt.

Was war dein erster Einsatz?
Mein erster Einsatz war ein Pistendienst in der Umgebung von München, aber ganz genau kann ich mich nicht mehr erinnern – es war eine Knieverletzung.

Was war dein dramatischster Einsatz?
Das war am 2. Weihnachtsfeiertag 2019 um 0.50 Uhr in der Nacht. Drei Bergsteiger waren auf dem Weg zum Watzmannhaus eingeschneit und hatten in einer Schutzhütte Unterschlupf gesucht und Feuer gemacht. Wir mussten zu Fuß aufsteigen, der Schnee war fast hüfthoch. Die drei Personen waren unterkühlt, einer in so schlechter Verfassung, dass er beim Abstieg bewusstlos wurde und wir zur Hütte umkehren und einen Notarzt und eine Trage zum Abtransport anfordern mussten. Am Ende ist alles gut ausgegangen, aber das war schon dramatisch.

Welcher Einsatz wird dir besonders in Erinnerung bleiben?
Der Einsatz am Hochkalter im September 2022 wird mir immer in Erinnerung bleiben. Über mehrere Tage haben wir unter extremen Bedingungen nach einem Vermissten gesucht, mit dem wir sogar Anfangs noch telefonischen Kontakt hatten. Trotz aller Möglichkeiten konnten wir den Vermissten nicht finden und erst Wochen später bergen.

Wie verarbeitest du dramatische Einsätze?
Oft mit mir selbst, aber auch im Gespräch mit den Kamerad:innen in der Einsatznachbesprechung oder zu Hause mit meiner Freundin. Ich gehe dann nochmal sicher , ob ich auch wirklich das Beste gegeben habe. Ich verarbeite Einsätze aber relativ gut, auch durch meine Vorerfahrung im Rettungsdienst.

Benedikt Gschoßmann (39)

Beruf: Entwicklungsingenieur

Was war dein erster Einsatz?
Mein erster Einsatz als vollwertiger Bergwachtler war tatsächlich der Hochkaltereinsatz im August 2022.

Was hat dich dazu gebracht, bei der Bergrettung anzufangen?
Ein Bekannter meinte auf einer Skitour, dass sie mich brauchen können.

Welcher Einsatz wird dir besonders in Erinnerung bleiben?
Ein Einsatz an der Blaueishütte. Die Mutter war erkrankt und die Tochter hatte eine leichte Behinderung. Das schönste war für mich, dass die Tochter sich so sehr darüber gefreut hat, dass sie im Hubschrauber mitfliegen durfte.

Wie verarbeitest du dramatische Einsätze?
Ich rede darüber mit Kollegen.

Christian Datzmann (33)

Beruf: Gruppenleiter in der Fertigungsplanung

Was hat dich dazu gebracht, bei der Bergrettung anzufangen?
Ich bin ca. 500 Meter von der Bergwacht entfernt aufgewachsen und habe immer gesehen, wenn da was los war. Ich habe mir dann immer die Frage gestellt, was denn ist, wenn ich mal auf dem Berg Hilfe brauche.

Kannst du dich noch an einen ersten Einsatz erinnern?
In Erinnerung geblieben ist mir einer aus den ersten drei oder vier Monaten. Da ist jemand, den ich kannte, auf dem Berg an einem Kreislaufkollaps gestorben.

Was war dein gefährlichster Einsatz?
In der Bergrettung ist man nie so gefährlich unterwegs, als wenn man privat klettert. Bei Einsätzen handelt es sich immer um ein kalkuliertes Risiko.

Welcher Einsatz wird die besonders in Erinnerung bleiben?
Alle Einsätze, bei denen wir die Leute sicher runterbringen konnten.

Wie verarbeitest du dramatische Einsätze?
Wenn mal was Schlimmes passiert, hilft es, zusammen zu sitzen und darüber zu reden. Einfach offen darüber austauschen und dann aber, das ist ganz wichtig, einen Haken dran machen. Man muss für sich selbst einen Schlussstrich ziehen und weitermachen.


53