Presse - Pressedossiers


11

Der weiße Kobold Interview mit Regisseur und Drehbuchautor Marvin Kren

Stand: 14.03.2023

Arbeitsfoto mit Marvin Kren  | Bild: BR/Wiedemann & Berg Television/Bernd Schuller

Was hat Sie zu "Der weiße Kobold" inspiriert? Gibt es eine "Geschichte hinter der Geschichte"?

"Der weiße Kobold" ist sicherlich mein persönlichster Film bis jetzt und zum Glück ein  – so hoffe ich auch für das Publikum – lustiger. Während der Corona-Lockdown-Phase und nach meiner Netflix-Serie "Freud" hat mich meine Frau, die mich und meine Wiener Herkunft und Sehnsucht nach lustigen Stoffe kennt, an einen unserer Lieblingsfilme "After Hours" (1985) von Martin Scorsese erinnert und gemeint alles wäre da, um etwas Ähnliches auch hier aus Wien heraus zu machen. Sofort verstanden und damit zu Klaus Lintschinger vom ORF gegangen, der sogleich auch angetan war und mit dem ich dann entwickeln durfte. So wie "After Hours" eine Reise durch das nächtliche New York der 1980er mit viel Skurrilem ist, ist "Der weiße Kobold" eine wilde Nacht in Wien und ein Streifzug durch die hiesige Kunstszene. Als Wiener und Sohn von Künstlereltern und Gastronomen bin ich sozusagen mit der schwarzen Luft (Nacht) aus Wien großgezogen worden. Wien bei Nacht war  für mich etwas sehr Prägendes als Künstler und als Mensch. Sämtliche Locations, viele Gegebenheiten und einige Personen kommen aus meinem direkten Umfeld. Ganz wichtig hier zu erwähnen ist Martin Grandits – einer der spannendsten österreichischen Künstler der Gegenwart und based in Wien – sein Lebensgefühl und seine Kunst waren sehr prägend für die Gestaltung des Films: grantig, witzig, übernächtigt und vor allem originell!

Was ist für Sie der Kern der Geschichte?

Äußerlich betrachtet ist "Der weiße Kobold" eine Gaunerkomödie durch das nächtliche Wien und ein Streifzug durch die Wiener Kunstszene. Aber diese nächtliche Reise soll auch alte vergessene Geister in uns wecken – wie hier den weißen Kobold, der für mich eine Metapher für das wilde, schlimme, freie, ungezwungene Kind in uns ist, das wir alle einmal waren und mittlerweile verdrängt haben. Aber es ist so wichtig, es am Leben zu erhalten, um die Welt immer wieder neu zu entdecken und uns vom Alltag nicht verschlucken zu lassen, denn hinter jeder Ecke lauert ein lustiges Abenteuer!

Frederick Lau spielt die Hauptrolle. Wie kam es zu dieser Besetzung?

Wir schätzen einander einfach ungemein, und mittlerweile haben wir schon vier Mal miteinander gearbeitet. Da ist ein ganz tiefes Verständnis füreinander und ein Vertrauen, auf dem wir aufbauen. Normalerweise bereiten wir uns im Vorfeld auf die Rollenarbeit extrem intensiv miteinander vor. Aber die Rolle des "Freddy" war für Frederick Lau und mich ein No-Brainer im wahrsten Sinne. Er musste staunend durch den verrückten Kosmos stolpern, den ich um ihn und seine Rolle gebaut habe. Es war ein riesen Vergnügen. 

Speditionsfachmann Freddy ist nach der erzählten, turbulenten Nacht nicht mehr derselbe. Wie kommt es zu diesem Wandel?

Er lebt in einer Sackgasse. Die Szene, in der ihn der weiße Kobold  – das entführte Kind – aus einer Sackgasse hinausführt ist für mich das schönste Bild, um die Geschichte in einem Moment festzuhalten. Es ist eine Nacht voller verrückter Verkettungen krasser, wilder Ereignisse voll mit Gutem und Schlechtem. Eine magische Nacht, wenn man so will, die ihn mit Lebenswelten konfrontiert, die er niemals sonst getroffen hätte, und diese Konfrontationen lassen ihn erwachen bzw. das schon Vergessene in sich wieder zum Leben erwecken. 

Im Film gibt Freddy auf Emas Rat mehrfach Paul Klees berühmte Aussage wieder, Kunst sei, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Was ist Kunst für Sie? 

Das Unsichtbare sichtbar zu machen! Stimmt für mich ebenfalls.

Gibt es reale Vorbilder für die Figuren im Film?

Ja, einige. Mein Onkel Christian Wukonigg, der ein seriöser Gastronom und Unternehmer in der Innenstadt ist, spielt hier einen Barmann einer üblen Wiener Kneipe, aber vor allem gilt es, hier die Galeristin Ema Kaiser zu erwähnen und ihren besten Freund und Künstler Martin Grandits. Sie stehen sozusagen Pate für die Rollen und das Geschwisterpaar Ema und Martin. Ema und Martin sind gute Freunde von mir und wirbeln derzeit den Wiener Kunstmarkt ordentlich auf. Wobei hier ganz klar zu erwähnen ist, dass die strafrechtlichen Elemente rein fiktional sind, mit der echten Ema und und dem echten Martin nichts zu tun haben sondern der Geschichte und Dramaturgie den nötigen Pfeffer geben.

Woher stammt die Kunst, die man im Film sieht?

Die berüchtigte goldene Leberkässemmel ist tatsächlich ein zentrales Werk vom Künstler Martin Grandits. Seine Kunst und sein Lebensgefühl ist die zentrale Kraft für die Gestaltung dieser Serie, aber auch die sehr witzigen rosa Hard- und Soft-Hüte, die an die Bonanza-Filme erinnern sind "echte" Kunstwerke von dem Künstler und Freund Richard Hoeck. 

Wie würden Sie selbst das Genre bezeichnen? Komödie? Drama? Thriller? Groteske? Märchen?

Unbedingt eine Komödie, die aber mit vielen Elementen aus dem Thriller arbeitet. Die Kameraführung, das Licht, teilweise auch der Schnitt und die Musik sollten eher wie ein Thriller daherkommen. Eine für mich sehr reizvolle Kombination. Komödie und Thriller.

Der Film hat einen besonderen Rhythmus, entfaltet dadurch eine besondere Kraft. Woher kommt das? Wie würden Sie das beschreiben?

Das Eintauchen in die Nacht und das damit einhergehende Ungewisse und Unberechenbare in den Figuren und ihren Szenen sollten einen eigenen Sog ergeben. 

Kida Khodr Ramadan spielt eine kleine Rolle. Wie kam es dazu und hat der Film auch sonst etwas für Sie von 4Blocks?

Er schuldete mir einen Gefallen ;)


11