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Dokumentationen und Experten-Talk alpha-thema: Der Wert des Lebens

Zwischen 1939 und 1945 wurden bis zu 300.000 Menschen ermordet, deren Leben nach der NS-Ideologie als "nicht lebenswert" galt. Auch heute gibt es immer noch keine genauen Zahlen über die Opfer der NS-"Euthanasie". Die Krankenmorde der Nazis sind ein blinder Fleck in der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Das "alpha-thema: Der Wert des Lebens" setzt sich mit drei Dokumentationen und einer Diskussion mit den "Euthanasie"-Verbrechen der Nationalsozialisten und der Frage nach dem Wert des menschlichen Lebens auseinander – am Mittwoch, 12. Mai, 21.45 Uhr in ARD-alpha.

Stand: 11.05.2021

Archivfoto des Speisesaals der Heil- und Pflegeanstalt Haar bei München. | Bild: BR/Michael Ackermann

Nach Berechnung von Experten hat jeder achte Deutsche ein "Euthanasie"-Opfer unter seinen Vorfahren. Nach offiziellen Zahlen wird von 200.000 bis 300.000 Menschen ausgegangen, die im Rahmen der "Euthanasie" in den Heil- und Pflegeanstalten zwischen 1939 und 1945 starben. Bis heute beeinflussen sie unsere Gesellschaft in der Diskussion über Inklusion, den Umgang mit Behinderten und Randgruppen. In den Familien der Opfer haben sie ein Trauma hinterlassen. Das Schicksal ermordeter Angehöriger wurde aus Scham totgeschwiegen. Viele Nachkommen machen sich erst jetzt auf Spurensuche. Sie brechen das Schweigen, erforschen und erzählen das Schicksal ihrer ermordeten Angehörigen. Damit rühren sie an alte Wunden – und heilen sie zugleich. Anhand von drei Opferbiographien zeichnet die Dokumentation "Ohne Gnade" um 21.45 Uhr das perfide System der "Euthanasie" im Nationalsozialismus nach und begleitet Angehörige auf ihrer Suche nach der Wahrheit.

Auch heute noch scheinen die Gedanken, dass es einen unterschiedlichen Wert von Leben gibt, nicht gänzlich verschwunden zu sein. Es ist von Designerbabys die Rede und im Rahmen der Corona-Pandemie auch von der Triage, der Priorisierung medizinischer Hilfeleistungen bei unzureichenden Ressourcen. In der Gesprächssendung "Ohne Gnade – Welches Leben ist lebenswert?" um 22.30 Uhr diskutiert Andreas Bönte mit der Medizinhistorikerin Dr. Susanne Ude-Koeller, Mitglied des Forschungsprojekts NS-"Euthanasie" in Erlangen, der an Muskelatrophie erkrankten Juristin und Richterin Nancy Poser vom Forum behinderter Juristinnen und Juristen (FbJJ) und dem Augsburger Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger, der dem 2020 gegründeten Bayerischen Ethikrat angehört, über den Wert und die Würde des Menschen.

Die Dokumentation "Diagnose: unbrauchbar - Die Opfer der NS-Euthanasie" um 23.00 Uhr beleuchtet das Thema vorwiegend aus österreichischer Sicht. Auf dem Gebiet des heutigen Österreich gab es vor allem zwei Standorte, an denen im Namen einer angeblich gesunden Volksgemeinschaft gemordet und experimentiert wurde: Am Spiegelgrund in Wien und auf Schloss Hartheim in Oberösterreich. Der Film der Regisseurin Uli Jürgens kehrt an diese Orte des Grauens zurück, die mittlerweile ein Museum und eine Gedenkstätte beherbergen. Mit Hilfe von Archivmaterial zeigt die Dokumentation auf, wie die NS-Propaganda die begangenen Verbrechen gerechtfertigt hat. Dem zeitgenössischen Filmmaterial werden die Aussagen von Historikern gegenübergestellt, sodass der Film auch die Frage nach dem Umgang mit den Tätern dieser Verbrechen nach Kriegsende diskutiert.

Maria Kowatsch ist eine von rund 30.000 Menschen, die in der NS-Zeit in Schloss Hartheim bei Linz ermordet wurde: Menschen wie sie, die körperlich, geistig oder seelisch beeinträchtigt waren, galten für die Nazis als "unwertes Leben". Sie wurden nach Hartheim deportiert und in der Gaskammer erstickt. Das Schicksal der Urgroßmutter des ORF-Redakteurs Klaus Ther war in der Familie lange Zeit ein Tabu. In der Dokumentation "Reise ohne Rückkehr" (um 23.45 Uhr) hat er sich auf Spurensuche gemacht.

alpha-thema: Der Wert des Lebens – Die Sendungen im Überblick:

Mittwoch, 12. Mai 2021

21.45 Uhr: Ohne Gnade
Euthanasie im Nationalsozialismus
Dokumentation, 2021
BR Mediathek: nach Ausstrahlung 12 Monate verfügbar

22.30 Uhr: Ohne Gnade
Welches Leben ist lebenswert?
Diskussion, 2021
Gäste: Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger (Augsburg), Mitglied des Bayerischen Ethikrats; Dr. Susanne Ude-Koeller, Medizinhistorikerin und Mitglied des Forschungsprojekts NS-„Euthanasie“ in Erlangen; Nancy Poser, Juristin und Richterin sowie Mitglied des Forums behinderter Juristinnen und Juristen (FbJJ)
Moderation: Andreas Bönte
BR Mediathek: nach Ausstrahlung 12 Monate verfügbar

23.00 Uhr: Diagnose: unbrauchbar
Die Opfer der NS-Euthanasie
Dokumentation, ORF 2019
BR Mediathek: nach Ausstrahlung bis 19. Mai verfügbar

23.45 Uhr: Reise ohne Rückkehr
Dokumentation, ORF 2021
BR Mediathek: nach Ausstrahlung bis 19. Mai verfügbar


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