Schulkinder gehen durch eine Glastür, auf der ein Sicherheitshinweis zum Abstand halten steht.
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In Mecklenburg-Vorpommerns Grundschulen wurden Anfang August unter Beachtung der Corona-Schutzmaßnahmen rund 13.900 Erstklässler eingeschult.

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Wie hoch ist die Corona-Infektionsgefahr für Kinder in Schulen?

Gleich mehrere aktuelle Studien betrachten das Ansteckungsrisiko von Kindern in Schulen und im Vergleich zu Erwachsenen. Welche Erkenntnisse sich aus Untersuchungen in Sachsen, Australien und den USA gewinnen lassen.

In den meisten deutschen Bundesländern hat das neue Schuljahr bereits begonnen. Die beiden großen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg folgen. Und das zu einer Zeit, in der Deutschland mit steigenden Infektionszahlen auf eine zweite Corona-Infektionswelle zusteuert.

Einige Bundesländer haben als Sicherheitsmaßnahme eine Maskenpflicht in den Schulgebäuden eingeführt, Bayern auch während des Unterrichts. Trotz dieser Maßnahmen schwebt über allem die Frage: Ist es überhaupt vertretbar, so viele Kinder, Jugendliche, aber auch ihre Lehrerinnen und Lehrer in die Schule zu schicken? Und: Welche Erkenntnisse können bei der Entscheidung helfen? Etliche Wissenschaftler-Teams versuchen das derzeit in Untersuchungen zu erforschen.

Studie aus Sachsen zum Infektionsgeschehen an Schulen

Eine aktuelle Studie zur Häufigkeit von Corona-Infektionen an sächsischen Schulen, die am 3. August veröffentlicht wurde, sieht im betrachteten Zeitraum eine eher geringe Infektionsgefahr. Untersucht wurde, wie viele Personen sich im Mai und Juni mit dem Virus infiziert hatten. "Die akute Ansteckung lag bei Null, von 2.599 Kindern und Lehrern war keiner infiziert", sagte Professor Wieland Kiess, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Leipzig. In 0,6 Prozent von 2.338 Blutproben (14 Proben) fanden sich demnach Antikörper als Hinweis auf eine überstandene Corona-Infektion.

Die Rachenabstriche und Blutproben waren von Schülern und Lehrern an zehn Grundschulen und neun Gymnasien in Sachsen genommen worden. Kinder seien im untersuchten Zeitraum kaum von Corona betroffen gewesen, fasste Kiess die Studienergebnisse zusammen, die eine Analyse seiner Dresdner Kollegen vom Juli bestätigen. Auch nach dem Resümee dieser Gruppe hatten sich Schulen nach ihrer Wiedereröffnung in der Corona-Krise nicht als Schwerpunkte bei Infektionen erwiesen.

Kinder wohl genauso ansteckend wie Erwachsene

Die jüngste Studie aus Sachsen bedeutet aber keinesfalls Entwarnung, dass jüngere Menschen andere generell weniger häufig mit dem Virus infizieren. Der Berliner Virologe Christian Drosten sieht in seiner Studie zur Infektiosität von Kindern keinerlei Hinweise darauf, dass Kinder in Bezug auf Sars-CoV-2 nicht genauso infektiös seien wie Erwachsene. Zu einer Öffnung von Kitas und Schulen heißt es in der Studie: "Die uneingeschränkte Öffnung dieser Einrichtungen sollte sorgfältig mit Hilfe von vorbeugenden diagnostischen Tests überwacht werden."

US-Studie: Kindesalter wohl irrelevant bei Ansteckung

Eine Studie zu einem Coronavirus-Ausbruch in einem amerikanischen Sommercamp untermauert der US-Gesundheitsbehörde CDC zufolge die Erkenntnis, dass sich Kinder jeden Alters mit dem Erreger infizieren können. Entgegen ursprünglicher Annahmen könnten Kinder und Jugendliche auch eine "wichtige Rolle" bei der Übertragung von Sars-CoV-2 spielen, hieß es weiter.

Die am 31. Juli veröffentlichte Studie befasst sich mit einem Coronavirus-Ausbruch, der sich Ende Juni innerhalb von etwa zehn Tagen in einem Feriencamp für Kinder und Jugendliche im US-Bundesstaat Georgia zugetragen hatte. Von den rund 600 dort anwesenden Personen gab es von 344 das Ergebnis eines Corona-Tests. Von ihnen hatten sich allerdings 260 mit dem Coronavirus infiziert. Darunter waren 51 Kinder im Alter bis zehn Jahren, 180 Jugendliche und 29 volljährige Personen. Wegen der fehlenden Testergebnisse sei anzunehmen, dass es noch mehr Infektionen gegeben habe, hieß es in der Studie.

Die rund 250 Angestellten und Freiwilligen in dem Camp mussten Masken tragen, die etwa 350 Gäste im Alter von 6 bis 18 Jahren mussten keinen Mund-Nasen-Schutz tragen. Während ihres mehrtägigen Aufenthalts gab es zahlreiche Aktivitäten im Freien und in geschlossenen Räumen, darunter "kräftiges Singen und Jubeln", so die CDC-Studie.

Australische Studie: Risiko der Ansteckung lässt sich gering halten

Das Risiko für Corona-Ausbrüche in Schulen und Kindergärten lässt sich einer Studie aus Australien zufolge mit Maßnahmen wie Kontaktverfolgung gering halten. Obwohl mit dem Virus infizierte Lehrer, Betreuer und Kinder ihre jeweilige Einrichtung aufgesucht hätten, als sie bereits infektiös waren, seien dort nur wenige weitere Menschen infiziert worden, berichten Forscher im Fachjournal "The Lancet Child & Adolescent Health". Das effektive Verfolgen von Kontakten Infizierter sei der Schlüssel dafür, eine Ausbreitung in Schulen und Kitas zu verhindern.

Anders als in vielen anderen Ländern waren die Schulen in Australien während der ersten Ausbreitungswelle begleitet von Abstands- und Hygieneregeln offen geblieben. Forscher um Kristine Macartney von der Universität Sydney hatten von Januar bis April für 25 Schulen und Kindergärten im Bundesstaat New South Wales Infektionszahlen und -wege erfasst. Gab es in einer Einrichtung einen Nachweis, wurden die engen Kontakte des Betroffenen identifiziert. Diese Menschen wurden angehalten, 14 Tage in Quarantäne zu gehen und regelmäßig nach Symptomen gefragt. Gab es diese, wurde ein Test veranlasst.

12 Kinder und 15 Lehrer bzw. Betreuer besuchten ihre jeweilige Einrichtung demnach auch nachweislich zu einer Zeit, in der sie infektiös waren – also etwa am Tag vor dem Auftreten erster Symptome. Von ihren insgesamt 1.448 Kontaktpersonen dort erkrankten lediglich 18 an Covid-19. Betroffen war neben drei Schulen vor allem ein Kindergarten, in dem ein Erwachsener das Virus auf sechs Erwachsene und sieben Kinder übertrug. Eine Detailanalyse, bei der auch Antikörper-Tests gemacht wurden, ergab, dass Sars-CoV-2 merklich häufiger zwischen Erwachsenen oder von einem Erwachsenen auf ein Kind übertragen wurde als von einem Kind auf einen Erwachsenen oder zwischen Kindern.

Die Forscher gehen auch auf Einschränkungen der Aussagekraft ihrer Ergebnisse ein: So seien die meisten der engen Kontaktpersonen nur getestet worden, wenn sie Symptome entwickelten. Es sei anzunehmen, dass darum einige mild oder symptomlos verlaufene Fälle nicht erfasst wurden. Hinzu komme, dass die Schulen zwar offen geblieben seien, die Kinder aber dazu angehalten waren, wenn möglich von zuhause aus zu lernen. Kurz vor dem Ferienstart im April habe davon ein Großteil der Schüler Gebrauch gemacht.

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