White Bellbirds leben in den Amazonasgebieten.
Bildrechte: Anselmo d'Affonseca, Instituto Nacional de Pesquisas da Amazonia

Die Rufe des "White Bellbird" Vogels sind kaum zu überhören.

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"White Bellbird" - der lauteste Schreihals im Vogelreich

Klein, aber um so lauter. Im Amazonasgebiet entdeckten Forscher den lautesten bisher bekannten Vogel. "White Bellbird"- oder auf deutsch "Zapfenglöckner"-Männchen schreien ihre Artgenossinnen rekordverdächtig laut an.

In den Bergen des nördlichen Amazonasgebietes machten Forscher eine erstaunliche Entdeckung: Ausgerüstet mit modernster Technik dokumentierten sie die Vogelrufe männlicher "White Bellbirds“ (Procnias albus; deutsch: Zapfenglöckner) bei ihren Paarungsritualen. Mit einem Schallpegelmesser überprüften sie den Lärmpegel und stellten fest, dass diese kleinen Schreihälse so laute Rufe von sich geben, dass sie alle anderen Vogelarten übertreffen.

Dreimal lauter als der Vogel Piha

So rufen "White Bellbird"-Männchen dreimal lauter als der Piha, ein Vogel, der auch am Amazonas lebt und bislang der lauteste war. Zu diesem Ergebnis kamen der Biologe Jeff Podos von der University of Massachusetts Amherst und der Ornithologe Mario Cohn-Haft vom Instituto Nacional de Pesquisas da Amazônia in Brasilien. Ihre Studienergebnisse veröffentlichten sie im Oktober 2019 im Fachjournal "Current Biology“.

Ohrenbetäubend lauter Schrei

Die Rufe der männlichen "White Bellbirds" können so ohrenbetäubend laut sein, dass sie sogar das höchste Dezibellevel eines menschlichen Instruments erreichen können. Um die Lautstärke zu messen, verwendeten die Wissenschaftler qualitativ hochwertige Sound-Recorder sowie spezielle Sound-Level-Meters, sogenannte Schallpegelmesser. Damit lässt sich der Lärmpegel in Dezibel anzeigen und vergleichen. Mit High-Speed Videokameras zeichneten sie das Verhalten der Vögel auf, um die Bewegungen in Slow-Motion Technik präziser zu erkennen. Die Forscher beobachteten die Atemmuskulatur, verglichen den Kopf- und den Schnabel, um zu verstehen, wie so kleine Tiere es schaffen, so laute Rufe zustande zu bekommen. „Wir sind wirklich erst in den frühesten Stadien diese biologische Vielfalt zu verstehen“, betont der Experte für Bioakustik Jeff Podos.

Warum bekommen weibliche "White Bellbirds" keinen Hörschaden?

Aufgefallen war den Forschern jedoch, dass die Weibchen bereitwillig so nahe bei den Männchen bleiben, obwohl diese so laut singen. Riskieren sie dabei keinen Hörschaden? Die Forscher vermuten, dass sie die Männchen aus der Nähe besser begutachten können. Die Lautstärke scheint sie aus noch nicht bekannten Gründen nicht davon abzuhalten. Vielleicht sind sie dagegen immun? Rufe von Brüllaffen und Bisons, die bereits gut untersucht sind, sind schon ziemlich laut, aber nicht so laut wie die Rufe eines "White Bellbirds“ mit seinen etwas mehr als 200 Gramm Körpergewicht.

Machen Muskeln Stimmgewalt möglich?

Mario Cohn-Haft lebt in Brasilien und ist ein Experte für die Vogelwelt im Amazonasgebiet. Seit Jahren ist er in entlegenen Gebieten unterwegs, um wenig bekannte Vogelarten und speziell den "White Bellbird" zu erforschen. Bereits bei früheren Expeditionen entdeckte er, dass der Vogel auffällig dicke und starke Bauchmuskeln und Bauchrippen hat. Vermutlich ermöglichen ihm diese Muskeln das Schreien. In weiteren Studien wollen die Forscher nun herausfinden, wie die Schreihälse es schaffen, so ohrenbetäubend laut zu kreischen - und warum darunter die Ohren der Weibchen nicht leiden.