Ein Psychotherapeut, rechts, therapiert eine Klientin in seiner Praxis (gestellte Szene).
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Warum nicht genug Psychotherapeuten ausgebildet werden

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Warum nicht genug Psychotherapeuten ausgebildet werden

Wer eine Psychotherapeutin oder einen -therapeuten braucht, muss häufig vier bis sechs Monate auf eine Beratung warten. Künftig könnte es noch länger dauern, denn es fehlen Studienplätze für angehende Therapeuten.

Wer sich für ein Psychotherapie-Studium entscheidet, möchte anderen Menschen helfen und das wissenschaftliche Handwerkszeug dafür von Grund auf studieren. Doch zurzeit bräuchten viele Studierende selbst Beistand. Denn die Zahl der Master-Studienplätze für Psychotherapie ist in Bayern stark gesunken.

Das erhöht den Notendruck, berichtet Nina Straub. Sie studiert Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und vertritt die Psychologiestudenten in Bayern. "Wer im Bachelor keine 1,0 hat, bekommt keinen Master-Studienplatz. Es gibt Zusammenbrüche, Heulattacken, wenn es mal keine 1,0 ist." Straubs Kommilitonin Vian Demirel ergänzt: "Wenn wir irgendetwas schlechter als eine 1,7 oder eine 2,0 kriegen, schreiben wir die Prüfung noch einmal, obwohl wir eine gute Note hatten."

Ab Wintersemester nur noch 75 Studienplätze

Im Wintersemester 2022/2023 gibt es in ganz Bayern nur noch 75 Studienplätze für den neuen Psychotherapie-Master. Auf dem Arbeitsmarkt würden allerdings mindestens 350 neu ausgebildete Therapeuten gebraucht, so die Berechnung der bayerischen Psychotherapeutenkammer. Grund für das reduzierte Studienplatzangebot ist eine Studienreform, erklärt Daniel Weinert, Vorsitzender der Psychologie-Fachschaften in Deutschland.

Die sieht vor, dass man die Approbation und Heilerlaubnis nun bereits mit Abschluss des Masters bekomme. Davor habe man sie erst nach einer dreijährigen Ausbildung im Anschluss an das Studium erhalten. Im neuen Masterstudiengang sollen die Studierenden dafür bereits während des Studiums viel Praxiserfahrung sammeln. Für die Universitäten bedeutet das deutlich mehr Aufwand und höhere Kosten.

Ruf nach mehr Geld

Daniel Weinert sieht den Freistaat in der Pflicht, für die höheren Kosten aufzukommen. "Wir wünschen uns, dass so viel Finanzierung reinkommt, dass genug Approbationen pro Jahr abgeschlossen werden können und genügend Psychotherapeuten auf den Markt kommen." Ähnlich sieht das David Kolar, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters an der Uni Regensburg. Durch das neue Gesetz sei das Studium massiv verändert worden. Nun müssten die Universitäten mit Personal und finanziellen Mittel ausgestattet werden.

Mehr Mittel will Wissenschaftsminister Markus Blume aber vorerst nicht freigeben. Der CSU-Politiker verweist auf zehn neue Stellen, die der Freistaat bereits geschaffen hat. Aus den Mitteln der Hightech-Agenda seien insgesamt tausend neue Professorenstellen in Bayern geschaffen worden. Die FAU Erlangen-Nürnberg habe aus diesen Mitteln eine zusätzliche Professur in klinischer Psychologie eingerichtet.

Neuer Lehrstuhl an der Uni Eichstätt

Eine Ausnahme hat Blume jetzt für die Katholische Hochschule Eichstätt gemacht. Als teilkirchliche Hochschule bekommt sie kein Geld aus der High-Tech-Agenda. Nach Protesten will der Freistaat nun 200.000 Euro für eine zusätzliche Professur freigeben.

Rita Rosner leitet den Lehrstuhl für Klinische und Biologische Psychologie an der KU und begrüßt die Entscheidung. Durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine sei der Bedarf an Psychotherapeuten nochmal enorm gestiegen. "Wenn man psychische Störungen ernst nimmt, dann müssten wir hier insgesamt mehr Ressourcen reinstecken", so Rosner.

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