Menschen in Chicago fahren Kettenkarussell, manche tragen keine Maske
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Corona-Herdenimmunität in Deutschland: Ein ehrgeiziges Ziel

Die Impfungen gegen das Coronavirus schreiten voran, mehr als ein Drittel der Deutschen haben mindestens eine Impfdosis erhalten. Viele aus der Risikogruppe sind schon zweimal geimpft. Doch wann wird Deutschland den Herdenschutz erreichen?

Darauf soll es am Ende der Impfkampagne herauslaufen: Herdenimmunität. Der schon fast magische Zeitpunkt, an dem in Deutschland die Corona-Pandemie vorbei sein soll. So viel schon vorweg: Die Herdenimmunität zu erreichen, ist nicht ganz einfach, und auch danach ist die Pandemie wahrscheinlich nicht sofort vorbei und alles wieder, wie es vorher war.

Wie viele Geimpfte oder Immune braucht es für die Herdenimmunität?

Lothar Wieler, der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI) hat es in der Pressekonferenz am 7. Mai 2021 vorgerechnet:

"Um den R-Wert weiter unter 1 zu halten, muss der Anteil der immunen Personen in der Bevölkerung, entweder durch eine vollständige Impfung oder durch eine durchgemachte Infektion plus Impfung, bei der vorherrschenden Virusvariante B 1.1.7 deutlich über 80 Prozent liegen." Lothar Wieler, RKI

Zum Anfang der Pandemie war man noch von 60 bis 70 Prozent ausgegangen, doch die erstmals in Großbritannien aufgetretene Variante B 1.1.7 ist viel ansteckender als die ursprüngliche Sars-Cov-2-Variante. Ihr R-Wert liegt nicht bei rund 3, sondern bei 4, das heißt: 100 Infizierte stecken im Schnitt 400 weitere an – die Zahl der Infizierten wächst ohne Maßnahmen exponentiell an.

Wann kann man die Maßnahmen gegen das Virus aufheben?

Der Impfschutz baut sich nach und nach in der Bevölkerung auf. Bis zur Herdenimmunität muss die Pandemie weiter durch die schon bekannten Maßnahmen wie Abstand halten und Maske tragen unter Kontrolle gehalten werden. Momentan ist der Impfeffekt noch zu klein, damit der R-Wert unter 1 bleibt.

Erreichen wir nur mit den Erwachsenen die Herdenimmunität?

Momentan sind alle Impfstoffe nur für Erwachsene und ältere Teenager ab 16 Jahren zugelassen. Das heißt, ein großer Teil der Bevölkerung kann momentan überhaupt nicht geimpft werden, trägt damit kurzfristig auch nicht zur Herdenimmunität bei. Manche Menschen können sich auch aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen, zum Beispiel, weil ihr Immunsystem durch eine Chemotherapie unterdrückt wird.

Das wiederum bedeutet, dass die Impfquote bei den Bevölkerungsgruppen, die sich impfen lassen können, sogar noch höher als 80 Prozent liegen müsste.

Ist alles vorbei, wenn wir die Herdenimmunität erreichen?

Leider nein. Einerseits ist das Erreichen der Herdenimmunität nicht wie eine Art "Schalter". Schon lange vorher und auch danach verändert sich der R-Wert langsam, wird es zu immer weniger Infektionen kommen. Doch auch bei 80 Prozent geimpfter Bevölkerung gibt es immer noch 20 Prozent, die sich mit dem Virus anstecken können.

Immer wieder sieht man das zum Beispiel bei Maserninfektionen, die alle paar Jahre in Clustern wieder aufflammen, obwohl Deutschland hier nahezu Herdenimmunität vorweisen kann.

Zweitens werden jedes Jahr rund 800.000 Kinder in Deutschland geboren. Sie können sich mit dem Virus anstecken und müssten auch geimpft werden, wenn die Zulassung vorliegt. Geschieht das nicht, unterschreitet Deutschland innerhalb kurzer Zeit wieder die Herdenimmunität.

Zum Schluss hat das Infektionsgeschehen weltweit einen Einfluss auf die Herdenimmunität in Deutschland. Wenn in anderen Ländern die Pandemie nicht unter Kontrolle ist, besteht weiterhin das Risiko für ansteckendere Varianten des Virus oder solche, gegen die möglicherweise die Wirkung der Impfstoffs schlechter ist.

Fazit: Herdenimmunität ist ein ehrgeiziges Ziel

Die Herdenimmunität wird in Deutschland erreicht, wenn etwa 80 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft ist und keine ansteckendere Variante des Sars-Cov-2-Erregers auftaucht. Danach ist aber die Pandemie nicht vorbei, denn das Virus wird dadurch nicht ausgerottet. Ein Virus mittels Impfung weltweit auszurotten, ist bislang nur einmal gelungen, bei den Pocken. Das hat aber rund 200 Jahre gedauert.

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