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Künstliche Befruchtung: Ein Monitor zeigt eine Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Bei der Behandlung wird einer Eizelle ein Spermium injiziert.

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Vor 40 Jahren: Das erste Baby mithilfe künstlicher Befruchtung

Rund jedes zehnte Paar hat Schwierigkeiten, Nachwuchs zu bekommen. Viele werden dank künstlicher Befruchtung Eltern. Möglich gemacht hat das der britische Mediziner Robert Edwards. Am 25. Juli 1978 kam das erste "Retortenbaby" zur Welt.

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Was vor einigen Jahrzehnten noch zwiespältige Gefühle auslöste und eine hitzige Diskussion entfachte, ist heute medizinische Routine: Auf die Geburt des ersten sogenannten Retortenbabys 1978 folgten weltweit bislang mehr als acht Millionen Babys im Anschluss an eine Fruchtbarkeitsbehandlung. Jährlich kommen insgesamt mehr als eine halbe Million Babys nach einer künstlichen Befruchtung zur Welt. Diese Zahlen veröffentlichte die Europäische Gesellschaft für Reproduktionsmedizin und Embryologie (ESHRE) am 3. Juli 2018. 

Robert Edwards erforscht die Befruchtung im Reagenzglas

Rund jedes zehnte Paar hat Schwierigkeiten, auf natürlichem Weg ein Kind zu bekommen. In den 1960er-Jahren beschloss der britische Mediziner Robert Edwards, ihnen zu helfen. Er erforschte das Prinzip der Befruchtung und arbeitete ab 1968 zusammen mit seinem Kollegen Patrick Steptoe an einer Methode der künstlichen Befruchtung im Reagenzglas, der sogenannten In-vitro-Fertilisation. Ab 1972 gelang es den beiden, Embryonen in ihre Mütter zu transplantieren, was aber nicht zu Schwangerschaften führte. Erst 1977 sollten die beiden Mediziner damit erfolgreich sein.

Louise Brown, das erste Retortenbaby der Welt

Neun Jahre lang hatten Lesley und John Brown vergeblich versucht, ein Kind zu bekommen - dann wandte sich das verzweifelte Paar an die Mediziner Robert Edwards und Patrick Steptoe. Was zuvor nur bei Tieren gelang, führte nun zum ersten Mal auch beim Menschen zum Erfolg. Lesley Brown wurde eine Eizelle entnommen. Diese wurde gemeinsam mit Spermien ihres Mannes in eine spezielle Lösung eingelegt, in der sich die Eizelle teilen sollte. Nach zwei Tagen wurde Lesley das befruchtete Ei wieder eingepflanzt. Und im Gegensatz zu anderen Paaren zuvor, hatten die Browns Erfolg: Am 25. Juli 1978 kam ihre Tochter Louise Joy Brown gesund zur Welt. Selten wurde einem Baby bei der Geburt so viel Aufmerksamkeit zuteil wie Louise: Sie war das erste durch künstliche Befruchtung entstandene Kind weltweit - und die Eltern überglücklich.

Die ersten Babys sorgen für Diskussionen

Was ist medizinisch machbar? Wie weit dürfen Mediziner gehen, um menschliches Leben zu ermöglichen? Die ersten nach künstlicher Befruchtung entstandenen Babys lösten eine heftige öffentliche Diskussion über die medizinische Machbarkeit und Allmacht aus. Geklonte Menschen spukten ebenso in den Köpfen der Gegner herum wie missgebildete Kinder, die nie von der Gesellschaft akzeptiert werden. Besonders die Kirche kritisierte die künstliche Befruchtung und befürchtete schlimme Folgen für die Babys.

Künstliche Befruchtung in Deutschland

Vor den 1980er-Jahren war eine künstliche Befruchtung in Deutschland nicht möglich. Das erste deutsche "Retortenbaby" kam am 16. April 1982 in Erlangen auf die Welt: Oliver. Sieben Jahre lang hatten Olivers Eltern vergeblich auf Nachwuchs gewartet. Dann begab sich das oberfränkische Paar in die Hände des wissenschaftlichen Teams um Professor Siegfried Trotnow an der Erlanger Uniklinik. Immer wieder hatten die Ärzte an Tieren ein Verfahren zur künstlichen Befruchtung durchgeführt: Mäusen und Kaninchen wurden Eizellen durch die Bauchhöhle entnommen, im Reagenzglas befruchtet und in die Gebärmutter eingesetzt. Doch erst mit der Geburt Olivers 1982 wurde das Verfahren auch zum ersten Mal in Deutschland erfolgreich bei Menschen angewandt.

Künstliche Befruchtung ist heute medizinische Routine

Robert Edwards hat dafür, dass bei Schwangerschaften künstlich und erfolgreich nachgeholfen werden kann, 2010 den Nobelpreis für Medizin bekommen. Inzwischen ist die künstliche Befruchtung eine gängige Behandlung geworden und im medizinischen Repertoire vieler gynäkologischer Praxen fest verankert. Doch trotz aller medizinischen Möglichkeiten kann nicht jedes Paar erfolgreich behandelt werden. Bei vielen Menschen bleibt der Kinderwunsch nach wie vor unerfüllt.