Geringes Risiko: Herzmuskelentzündung nach mRNA-Impfung (Symbolbild)
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Geringes Risiko: Herzmuskelentzündung nach mRNA-Impfung (Symbolbild)

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Geringes Risiko: Herzmuskelentzündung nach mRNA-Impfung

Junge Menschen, die nach einer Corona-Impfung an einer Herzmuskelentzündung erkranken, erleben meist einen milden Verlauf, zeigen mehrere Studien. Der Nutzen der Impfung übersteigt weiterhin deutlich das Risiko, so die Experten.

Eine Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündung als Folge einer Corona-Impfung ist zwar äußerst selten, aber hin und wieder kommt diese Nebenwirkung doch vor. Die ersten Fälle wurden im Frühjahr 2021 aus Israel gemeldet, später gab es auch Untersuchungen in den USA, die einen Zusammenhang herstellten zwischen einer Corona-Impfung und Myokarditis oder Perikarditis.

Herzmuskelerkrankung durch mRNA-Impfung - wie hoch ist das Risiko?

Die Häufigkeit einer impfbedingten Herzmuskel- oder einer Herzbeutelentzündung durch einen mRNA-Impfstoff beträgt im Schnitt ein bis zehn Fälle pro 100.000 Impfungen. Das geht aus einer Pressemitteilung der Deutschen Herzstiftung im Januar 2022 hervor. Für die Beurteilung der Risikolage liegen mittlerweile Daten aus über 300 Millionen Covid-19-Impfungen weltweit in unterschiedlichen Ländern vor.

In Deutschland hat das Paul-Ehrlich-Institut im Dezember 2021 dazu folgende Zahlen veröffentlicht: Mehr als 92 Millionen Impfdosen Comirnaty (Biontech) und Spikevax (Moderna) waren bis einschließlich 30.9.2021 verimpft worden. Im Rahmen der Spontanberichterfassung waren bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt 1.243 Verdachtsmeldungen einer Myo-/Perikarditis unabhängig vom Kausalzusammenhang mit der jeweiligen Impfung berichtet worden. Dabei stellte sich heraus, dass die Melderate bei Jungen im Alter von 12 bis 17 Jahren sowie jungen Männern unter 30 Jahren am höchsten war.

Forscher der Universität Hongkong haben ebenfalls das Risiko für eine Herzmuskel- bzw. Herzbeutelentzündung nach einer Biontech-Impfung untersucht. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten sie am 25. Januar 2022 in den Annals of Internal Medicine. Danach steigt das absolute Karditisrisiko für junge Männer hauptsächlich nach der zweiten Dosis des Biontech-Impfstoffs und wurde nicht nach der ersten beobachtet. Allerdings lagen vor der Impfung keine Daten zum immunologischen Status und zur Herzgesundheit der Impflinge vor.

Und auch eine US-Studie vom 25. Januar 2022 kam zu dem Ergebnis: Eine COVID-19-Impfung mit einem mRNA-Vakzin ist in verschiedenen Altersgruppen und bei beiden Geschlechtern mit einem erhöhten Myokarditisrisiko verbunden. Am ausge­prägtesten sei die Risikoerhöhung nach der zweiten Impfdosis bei männlichen Jugendlichen, liege aber auch bei jungen Frauen über den zu erwartenden Werten, wie die Autoren in JAMA berichten.

Wegen möglicher Nebenwirkungen: Stiko empfiehlt für unter 30-Jährige nur noch Biontech-Impfung

Die Daten aus Deutschland weisen darauf hin, dass das Risiko einer seltenen Herzmuskelentzündung nach einer Impfung mit dem Moderna-Vakzim bei Jungen, jungen Männern, Mädchen und jungen Frauen höher ist, als nach einer Impfung mit Biontech. Zu diesem Schluss sind auch Analysen aus Kanada, Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden gekommen.

Die Ständige Impfkommission empfiehlt deswegen Personen unter 30 Jahren ausschließlich mit dem mRNA-Impfstoff Comirnaty (Biontech/Pfizer) zu impfen. Für Menschen ab 30 Jahren besteht der Stiko zufolge nach der Impfung mit Moderna kein erhöhtes Risiko für eines der genannten Herzleiden.

US-Studie: Junge Menschen erholen sich relativ schnell von Herz-Muskelentzündung

Die meisten jungen Menschen unter 21 Jahren, die nach einer Covid-19-Impfung eine Herzmuskelentzündung erleiden, würden einen milden Verlauf aufweisen und sich relativ schnell davon erholen, das zeigte im Dezember 2021 eine US-Studie der American Heart Association. Für die Analyse wurden Daten aus 26 Pädiatrischen Kliniken aus den USA und Kanada verwendet.

Von den 139 Teenagern und jungen Erwachsenen zwischen 12 und 20 Jahren ergaben sich folgende Ergebnisse: neun von zehn Patienten waren männlich und knapp sechzehn Jahre alt. Die Symptome setzten durchschnittlich zwei Tage nach der Impfung ein. Zu den häufigsten Symptomen zählten Schmerzen in der Brust (99,3 Prozent), Fieber und Kurzatmigkeit.

Nach Corona-Impfung - Auf Symptome achten

Wer sich nach einer Impfung deutlich krank fühlt, sollte generell zum Arzt gehen und die Symptome abklären lassen. Auf eine Herzmuskelentzündung können folgende Anzeichen hindeuten: Druck auf der Brust, Schmerzen oder Brennen in der Brust, Kurzatmigkeit, starkes Herzrasen, -klopfen oder -pochen, das Gefühl einer unerklärlichen Müdigkeit, körperliche Schwäche.

Für die Behandlung von Myokarditis gibt es keine einheitlichen Empfehlungen. Bei einem unkomplizierten Verlauf ist vor allem Ruhe und Schonung angesagt, sprich: Keine anstrengenden Trainingseinheiten im Fitness-Studio. Schwerere Verläufe werden zusätzlich medikamentös behandelt. In der Regel werden Patienten in beiden Fällen mindestens zwölf Monate lang nachuntersucht.

Herzmuskelentzündungen nach Impfungen und Virusinfektionen nicht ungewöhnlich

Generell ist es nicht ungewöhnlich, dass Herzmuskelentzündungen nach Impfungen und Virusinfektionen auftreten. Laut Paul-Ehrlich-Institut ist dies bei 15 Prozent der Patienten nach einem viralen Infekt der Fall.

Der Kardiologe Dirk Westermann vom Universitätskrankenhaus Hamburg Eppendorf (UKE) sagte auf BR-Nachfrage, dass das Auftreten von Herzmuskelentzün­dungen auf etwa 10 bis 20 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr geschätzt wird.

Covid-19-Impfung: Nutzen übersteigt Risiko

Auch wenn bislang nicht eindeutig geklärt ist, wieso es nach einer mRNA-Impfung zu solch seltenen Herzentzündungen kommt, gilt: Gerade Menschen, die eine Herz-Vorerkrankung vorweisen, sollten sich dennoch impfen lassen, erklärt Prof. Dirk Westermann vom Uniklinikum Hamburg. Denn: Das Risiko, Myokarditis durch eine Impfung zu bekommen sei deutlich geringer, als einen schweren Verlauf durch Covid-19 zu erleiden. Zudem erhöhe sich die Gefahr für andere Leiden, etwa Rhythmusstörungen und Herzinfarkt, sowie für akute Nierenschäden und Lungenembolien.

Anmerkung der Redaktion: In einer vorangegangenen Version des Artikels war ein überholter Audiobeitrag verlinkt, der zum Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung des Artikels aktuell war. Diesen haben wir entfernt.

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