Natürliche Seen und Stauseen speichern etwa 87 Prozent des Süßwassers der Erde, obwohl sie nur drei Prozent der Landfläche bedecken. Doch diese Wasserreservoirs sind bedroht: Mehr als die Hälfte der größten Seen weltweit verliert Wasser. Das berichtet ein internationales Forschungsteam nach der Auswertung von Satellitendaten im Fachblatt "Science".
Klimawandel und menschlicher Verbrauch entscheidend
Schon in den vergangenen Jahren ergaben Studien, dass das Volumen von Seen weltweit schrumpft, wobei immer wieder der Klimawandel als Faktor für die Entwicklung genannt wurde. Welchen Einfluss kurz- und langfristige Klimaschwankungen global auf das in Seen gespeicherte Wasser genau nehmen, ist allerdings schwer zu bestimmen, da auch menschliche Aktivitäten wie die Bewirtschaftung von Stauseen, Wasserentnahmen und Landnutzungsänderungen eine Rolle spielen.
250.000 Bilder von fast 2.000 Seen ausgewertet
Die Studie des Teams um den Hydrologen Fangfang Yao von der University of Colorado in Boulder zeichnet nun ein genaueres Bild. Die Forschenden entwickelten eine Technik zur Messung von Veränderungen der Wasserstände in fast 2.000 der größten Seen und Stauseen der Welt, die zusammen grob 90 Prozent des in Seen gespeicherten Süßwassers beinhalten. Um Veränderungen der Wasserstände zu erfassen, nutzte das Team 250.000 Satellitenaufnahmen von 1992 bis 2020.
Pro Jahr geht weltweit knapp die Hälfte des Wasservolumens des Bodensees verloren
Das Ergebnis: 53 Prozent der Seen weltweit verzeichneten zum Teil erhebliche Wasserverluste. Im Schnitt betrug dieser insgesamt etwa 22 Gigatonnen pro Jahr. Das entspricht knapp der Hälfte des Wasservolumens des Bodensees. Ein Wasserschwund war dabei – entgegen früherer Studien – nicht nur in trockenen, sondern auch in feuchten Weltregionen wie den Tropen nachweisbar.
Stauseen sehr stark betroffen
Mit Blick auf Stauseen stellte das Forschungsteam für zwei Drittel dieser Gewässer erhebliche Wasserverluste fest. Schuld daran sind vor allem Ablagerungen, denn Staumauern verhindern den natürlichen Abtransport von Sedimenten in Flüssen wie etwa Sand, Kies oder Geröll. Über die Zeit sammeln sich diese Ablagerungen in Stauseen an und verringern so deren Volumen. Erst kürzlich hatte eine UN-Studie gewarnt, dass die weltweiten Stauseen bis 2050 rund ein Viertel ihrer ursprünglichen Speicherkapazität durch den Eintrag von Sedimenten zu verlieren drohen. Für Deutschland wurde ein Volumenverlust von 35 Prozent vorhergesagt. Einige Seen wachsen
In manchen Seen steigt der Wasserpegel
Während der aktuellen Arbeit zufolge die Mehrheit der Seen weltweit schrumpft, gab es bei 24 Prozent einen deutlichen Anstieg des Wasservolumens. Dazu gehören Gewässer in wenig bevölkerten Gebieten des inneren tibetischen Plateaus, in den Great Plains der USA sowie Regionen mit neuen Stauseen wie den Flussgebieten des Jangtse, des Mekong und des Nils. Auch die Müritz in Mecklenburg-Vorpommern wird auf der zur Studie gehörenden interaktiven Karte als See mit wachsendem Volumen verzeichnet.
Ein Lösungsansatz: Wasserentnahme stärker reglementieren
Die Autoren betonen, ihre Analyse sei nicht nur eine Bestandsaufnahme, sondern enthalte auch Hinweise auf mögliche Lösungen. "Wenn der menschliche Verbrauch ein wichtiger Faktor für den Rückgang der Wasserspeicher in den Seen ist, können wir uns anpassen und neue Strategien erforschen, um den Rückgang in großem Maßstab zu verringern", sagt Mitautor Ben Livneh. Als Beispiel nennt er den Sewansee in Armenien, bei dem eine Reglementierung der Wasserentnahme dafür gesorgt habe, dass sich das Volumen vergrößerte.
Wie wichtig solche Gesetze weltweit wären, betont Geophysikerin Sarah Cooley von der University of Oregon in einem Kommentar zur Studie. Sie verweist auf das Ergebnis, dass schätzungsweise fast ein Viertel der Weltbevölkerung in einem Einzugsgebiet mit einem großen, austrocknenden See lebe: "In Anbetracht der Bedeutung dieser Seen für Ökosysteme, Wasserversorgung, Bewässerung und/oder Wasserkraft sind die potenziellen Folgen des Austrocknens von Seen sowohl lokal als auch global von Bedeutung."
Mit Informationen von dpa
Im Video: Klimawandel - Bayerns Seen in Gefahr
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