Eine petrochemische Anlage. Bei der Förderung von Öl und Gas wird das klimaschädliche Treibhausgas Methan frei. Der neue UNEP-Report zu Methan-Emissionen 2021 rechnet vor, wieviel Methan schnell eingespart werden könnte - und welche massiven Kosten damit ebenfalls sinken würden.
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Nicht nur in der Landwirtschaft und bei der Kompostierung, sondern auch bei der Förderung von Öl und Gas entsteht viel Methan.

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Treibhausgas Methan: So viel könnte man schnell einsparen

Nicht nur Kohlendioxid, sondern auch Methan treibt den Klimawandel voran und muss dringend reduziert werden, um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen. Ein neuer UNEP-Bericht zeigt, dass das nicht nur relativ leicht möglich wäre, sondern auch preiswert.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Eine massive Reduktion schädlicher Treibhausgase ist der wichtigste Schritt zum Klimaschutz. Das betrifft aber nicht nur Kohlendioxid-Emissionen (CO2-Ausstoß), sondern auch andere Treibhausgase wie Methan. Die Konzentration von Methan in der Atmosphäre ist zwar wesentlich geringer als die von CO2, doch seine klimaschädliche Wirkung etwa zehnmal höher.

Neuer UNEP-Bericht zum Methanausstoß

Bisher angedachte Klimaschutzziele und Maßnahmen nehmen vor allem CO2 in den Blick, übersehen dabei aber Notwendigkeit zur Reduktion von Methan, heißt es im aktuellen Bericht zur weltweiten Methan-Ausstoß-Bewertung, die vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) zusammen mit der Climate and Clean Air Coalition (CCAC), einem Zusammenschluss aus staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen zum Schutz vor Luftverschmutzung, veröffentlicht wurde.

Ohne Methan-Reduktion ist 1,5-Grad-Ziel nicht erreichbar

Der UNEP-Bericht warnt, dass das im Paris-Protokoll vereinbarte Ziel, die Erderwärmung durch den Klimawandel auf 1,5 Grad (gegenüber vorindustriellen Zeiten) zu beschränken, nur erreichbar ist, wenn der derzeitige jährliche Ausstoß an Methan bis 2030 um mindestens 45 Prozent verringert wird.

Methan-Einsparung einer der besten Wege für den Klimaschutz

Die gute Nachricht des Reports: Ein Großteil der Methan-Einsparung könnte sehr schnell, mit aktuell verfügbaren Mitteln und mit niedrigen Kosten oder gar negativen, also Gewinn, erreicht werden. Und weil Methan in der Atmosphäre zudem noch sehr schnell abgebaut wird, etwa nach zehn Jahren, könnten schnell ergriffene Maßnahmen auch sehr schnell sehr große Wirkung zeigen und gerade in den kommenden beiden Jahrzehnten den Klimawandel etwas aufhalten:

"Eine niedrigere Methan-Konzentration würde schnell die Geschwindigkeit der Erderwärmung bremsen und macht damit die Methan-Reduktion zu einem der besten Wege, die Erderwärmung in diesem und kommenden Jahrzehnten zu begrenzen." UNEP-Report zur globalen Methan-Auswertung 2021

Nicht nur das Klima profitiert, sondern auch unsere Gesundheit

Und es gibt noch eine zweite gute Nachricht in dem UNEP-Bericht zu Methan-Emissionen: Nicht nur das globale Klima würde profitieren, sondern auch Gesundheit, Ernteerträge und Arbeitskräfte weltweit. Denn hohe Methan-Konzentrationen in der Atmosphäre begünstigen die Entstehung von sehr gesundheitsschädlichem Ozon in Bodennähe. Die 180 Millionen Tonnen Methan, die bis 2030 eingespart werden müssten, sind laut UNEP umgerechnet verantwortlich für:

  • 255.000 vorzeitige Tode pro Jahr (durch Atemwegs- oder Herzkreislauferkrankungen)
  • 775.000 Arzt- und Krankenhausbesuche durch asthmabedingte Notfälle
  • 73 Milliarden Arbeitsstunden weltweit pro Jahr (durch Hitze)
  • 26 Millionen Tonnen Ernteausfälle

Kosten des Methan-Ausstoßes gegen Kosten der Einsparung

Was der UNEP-Bericht damit macht, ist sehr anschaulich: Er rechnet vor, welcher Schaden entsteht, wenn der Klimawandel weiter voranschreitet. Und welche Kosten das weltweit mit sich bringt. Diese Kosten werden in dem Bericht folgerichtig gegengerechnet mit den Ausgaben für eine Umsetzung der Maßnahmen zum Klimaschutz. Das Ergebnis: Die angestrebten Maßnahmen zur Methan-Reduktion sind in den meisten Fällen sehr preiswert oder bringen am Ende sogar Gewinn, wenn der nicht entstandene Schaden abgezogen werden kann.

Warum ist das Treibhausgas Methan ein Problem und wo entsteht es?

Die Konzentration des Klimagases Methan in der Erdatmosphäre hat sich bis heute - im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter - verdoppelt. Und sie wächst seit den 1980er-Jahren immer schneller an. Dabei stammt rund die Hälfte des Methans in der Atmosphäre aus menschlichen Aktivitäten.

Davon entstehen

  • 40 Prozent in der Landwirtschaft (32 Prozent Viehhaltung, 8 Prozent Reisanbau),
  • 35 Prozent durch die Förderung fossiler Brennstoffe (davon zwei Drittel bei Öl- und Gasförderung, ein Drittel beim Kohleabbau),
  • 20 Prozent durch Abfall, vor allem durch organische Stoffe auf Müllhalden und ungenügender Abwasser-Behandlung.

Großteil des Methans könnte sehr schnell eingespart werden

Zwei Drittel der angestrebten Einsparung an Methan-Emissionen - also 120 Millionen Tonnen der insgesamt gewünschten 180 Millionen Tonnen Methan pro Jahr - könnten schon mit vorhandenen Mitteln erreicht werden.

Doch nicht in allen diesen Bereichen lässt sich der Methan-Ausstoß gleich schnell und/oder günstig einsparen. Und es gibt große regionale Unterschiede. In Deutschland etwa wäre das größte Potenzial zur Methan-Einsparung beim Müll, ebenso in Indien. In Russland, den USA und dem Mittleren Osten dagegen bei der Öl- und Gasförderung, in China beim Kohleabbau und in Afrika oder Lateinamerika in der Landwirtschaft.

Größtes Einsparpotenzial bei der Gewinnung fossiler Energieträger

Vor allem bei der Förderung fossiler Brennstoffe sei laut UNEP das Einsparpotenzial enorm: Methan entweiche hier vor allem durch Lecks in Leitungen und Anlagen oder bei unsachgemäßer Handhabung. Hier müsse man vor allem dafür sorgen, dass Lecks abgedichtet werden oder freiwerdende Gase, so auch beim Kohleabbau, von vorneherein aufgefangen und selbst als Energieträger genutzt werden.

Organischer Abfall auf Müllhalden

Bei der Abfallverwertung geht es vor allem darum, den Abbau organischen Materials an der Luft zu verhindern. Organischer Müll dürfe laut UNEP überhaupt nicht auf Müllhalden oder anderen Orten im Freien gelagert werden, sondern müsse frühzeitig getrennt und recycelt werden, während dabei die Entstehung von Methan vermieden oder das Biogas aufgefangen wird. Bei Abwässern sei es wichtig, in Kläranlagen durch zusätzliche anaerobe Behandlung entstehendes Methan zu gewinnen und zu nutzen.

Wie lässt sich bei der Viehhaltung Methan vermeiden?

Gerade in der Landwirtschaft ist die Verringerung des Methan-Ausstoßes schwierig: Zwar könnte beim Reisabbau laut dem UNEP-Bericht relativ einfach durch richtige Bewässerung die Entstehung des Gases verringert werden, doch bei der Viehhaltung sieht es anders aus: Kühe, Schafe und andere Weidetiere produzieren Methan bei der Verdauung. Einfach einen Korken drauf hilft da nichts.

Geeignete Maßnahmen wären - neben einer weltweiten Einschränkung des Fleischkonsums - eine bessere Lagerung von Futter, damit dabei möglichst wenig Biogase entstehen, besseres Futter oder der Zusatz von Ergänzungsmitteln, die die Fermentierung des Futters einschränken, Ställe mit Abluftanlagen, die das aus der Kuh entweichende Biogas zur Nutzung recyceln und Ähnliches.

Kosten weltweit nicht gleich verteilt

Beim Blick darauf, dass die Methan-Emission der Landwirtschaft vor allem in Afrika und Lateinamerika ins Gewicht fällt, ist man allerdings auch beim großen Haken angelangt, den der UNEP-Bericht sieht: Die Kosten für die Methanreduktion sind eben nicht überall gleich - und nicht überall gleich gut zu leisten. Ein großer Ölkonzern kann vermutlich leichter die Mittel aufbringen, seine Rohre auf Lecks zu prüfen, als ein afrikanischer Viehbauer, Abluftanlagen im seinem Kuhstall zu installieren.

Es brauche eine weltweite gemeinsame Anstrengung, so der Bericht. Der Nutzen ist ja auch weltweit: Pupst die afrikanische Kuh nicht mehr ganz so viel, wird auch bei uns die Belastung durch Ozon geringer.

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