Am Donnerstag und Freitag berät die Kultusministerkonferenz (KMK) in Berlin unter anderem darüber, wie die in den Bundesländern unterschiedlichen Abiture einander angeglichen werden können, damit sie besser miteinander vergleichbar werden. Das hatte das Bundesverfassungsgericht 2017 gefordert, und auch eine Mehrheit der Deutschen ist dafür.
Die KMK hat für ihre turnusgemäße Sitzung jedoch auch noch andere Punkte auf der Tagesordnung: Weit oben dürften der Mangel an Lehrkräften und aktuelle Entwicklungen der Lehrerbildung stehen.
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Zahl der Leistungskurse auf höchstens drei reduzieren
Nach den neuen Plänen zum Abitur soll die Zahl der Leistungskurse von bisher bis zu vier auf bis zu drei reduziert werden. Die Zahl der verpflichtenden Halbjahreskurse soll zudem auf einheitlich 40 erhöht werden. Es geht also nicht um die Abitur-Prüfungen, sondern um die sogenannte Qualifikationsphase vor den Prüfungen.
Nach Angaben des Deutschen Philologenverbands gibt es zwar heute schon fast überall nur zwei oder drei Leistungskurse. Mit der KMK-Neuregelung würde das für die Zukunft aber noch einmal bundesweit festgeschrieben. Außerdem wird eine möglichst einheitliche Zahl von Kursen und Klausuren in den Ländern angestrebt.
Kompetenzen der Abiturienten im Ländervergleich unklar
Ob die Abiture in Deutschland tatsächlich so unterschiedlich sind wie vermutet, darüber gibt es keinerlei Erkenntnisse, sagt Marko Neumann vom Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation in Frankfurt.
"Über die Kompetenzen von Neunt- und Zehntklässlern wissen wir zum Beispiel durch die PISA-Studien recht gut Bescheid, aber es gibt keine Studien, die die Fähigkeiten der Abiturientinnen und Abiturienten miteinander vergleichen", sagte Neumann der radioWelt auf Bayern 2. Er vermutet, dass man in Politik und Forschung unerfreuliche Ergebnisse befürchtet.
Bildungsforscher: Kein Durchbruch zu mehr Vergleichbarkeit zu erwarten
Die nun geplanten Änderungen sieht Bildungsforscher Neumann als kleine Schritte zu mehr Vergleichbarkeit der deutschen Abiture. Einen Durchbruch erwartet er jedoch nicht, weil es sich um formale Angleichungen handle.
Seiner Einschätzung nach sind zwar alle Länder daran interessiert, dass das Abitur in Deutschland vergleichbarer wird, die "Gretchenfrage" aber sei , auf welches Niveau sie sich einigen. Da erwartet er noch einen jahrelangen Aushandlungsprozess zwischen den Ländern.
Interview der radioWelt auf Bayern2: Marko Neumann, vom Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation in Frankfurt

Marko Neumann: "Ein Durchbruch zu mehr Gleichheit ist nicht zu erwarten"
Philologenverband begrüßt Vereinheitlichung des Abiturs
Der Deutsche Philologenverband hat die geplanten Änderungen im deutschen Abitur dagegen schon einmal begrüßt: "Wenn sie so beschlossen werden, ist noch nicht alles, aber viel von dem erreicht worden, wofür der Deutsche Philologenverband seit Langem eintritt", sagte die Vorsitzende der Lehrergewerkschaft Susanne Lin-Klitzing. Die KMK sorge so dafür, dass das Abitur in ganz Deutschland vergleichbarer werde.
Gleiches Abi sorgt für gerechtere Studienplatzvergabe
Vorteile sieht der Philologenverband bei der sich daraus ergebenden gerechteren Verteilung der Studienzulassungen. "Gleichwohl gibt es noch viel zu tun, um das inhaltliche Niveau des Abiturs nicht nur zu sichern, sondern angesichts der großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, kontinuierlich zu steigern", mahnte Lin-Klitzing.
Der Verband forderte, dass Schüler die Grundkurse Deutsch und Mathematik in der Oberstufe über vier Halbjahre lang mit mindestens "ausreichend" abschließen müssen. Dies sei bisher nicht der Fall.
Zudem erhofft sich der Philologenverband "deutliche Entlastungen" für Lehrerinnen und Lehrer, um das Niveau des Unterrichts zu sichern. Schon heute arbeiteten viele über ihre "Belastungsgrenze" hinaus.
Bundesverfassungsgericht: Chancengleichheit bei Bewerbung um Studienplätze sichern
Hintergrund der geplanten Reform ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2017. Dabei ging es um den Numerus clausus in den medizinischen Studiengängen. Die Richter hatten die Kultusminister dazu aufgefordert, das Abitur bundesweit vergleichbarer zu machen, um mehr Chancengleichheit bei der Bewerbung um die Studienplätze zu schaffen.
Mit Informationen von AFP und dpa
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