Corona Antikörper-Test
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Studie: Im Frühjahr 2 Prozent der Münchner mit Corona infiziert

Im April hat das Tropeninstitut der LMU München bei 5.313 Münchnern Blutproben genommen und auf Antikörper auf das SARS-CoV-2-Virus untersucht. Jetzt steht fest: Bei rund zwei Prozent von ihnen konnten Antikörper nachgewiesen werden.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Innerhalb von vier Wochen haben die Mitarbeitenden des Tropeninstituts der LMU München rund um Michael Hölscher im April bei den zufällig ausgewählten Teilnehmerinnen und Teilnehmern Blutproben entnommen, insgesamt 5.313. Mit Hilfe von Antikörpertests wollten die Forscher unter anderem feststellen, wie hoch die Dunkelziffer an Covid-19-Erkrankten war.

Antikörper auf das Virus entstehen im Laufe der Erkrankung und sie bleiben auch noch Wochen und Monate danach im Blut nachweisbar. Sie sind also ein sicheres Zeichen für eine akute oder in der Vergangenheit durchgemachte Infektion.

Viermal so viele Infizierte wie bislang gedacht

Das Ergebnis: Rund zwei Prozent der Untersuchten hatten während der ersten Welle bis Juni Antikörper entwickelt (1,8 Prozent). Daraus lässt sich auch die Dunkelziffer für die gesamte Stadt ableiten, weil die Teilnehmenden der Studie statistisch mit der Münchner Bevölkerung vergleichbar sind (Einschränkung: Kinder konnten erst ab dem 14. Lebensjahr an der Studie teilnehmen).

Die Zahlen der Kohortenstudie kann man mit den offiziellen Zahlen der Behörden vom März/April 2020 vergleichen. Damals wurden insgesamt 6.584 SARS-CoV-2-Infektionen gemeldet, das entspricht einem Anteil an der Stadtbevölkerung von 0,4 Prozent.

Die Ergebnisse der Kohortenstudie legen also nahe, dass im Frühjahr in München etwa viermal so viele Menschen mit dem Coronavirus infiziert gewesen sind als bisher angenommen. Darunter befanden sich offensichtlich viele, die keine Symptome entwickelten und nicht getestet wurden.

Christian Dudel vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock hält die Studie für wertvoll, weil es derartige Studien mit zufällig ausgewählten Haushalten bisher nur fürs Ausland gibt. Für verschiedene Nachbarländer kommt er auf eine ähnliche Dunkelziffer. Er selbst war nicht an der Studie beteiligt.

"Was wir bisher für Deutschland gesehen haben sind Studien, die sich oftmals auf relativ spezielle Gruppen beschränken. Beispielsweise Menschen, die Krankenhäuser aufsuchen und dann dort getestet wurden." Christian Dudel, MPI für demografische Forschung, Rostock

Covid-19 ist tödlicher als Grippe

Auch über die Übersterblichkeit können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Tropeninstituts eine Aussage treffen. Knapp ein Prozent der Personen mit nachgewiesenen Antikörpern ist demnach an Covid-19 verstorben und damit liege die Sterblichkeit um ein "Vielfaches über der für saisonale Grippeinfektionen." Dabei konnten aber keine besonderen Risikogruppen ausgemacht werden.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten auch zeigen, dass Geruchs- und Geschmackseinschränkungen bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 häufig waren. Darüber hinaus erkrankten auch häufig ganze Haushalte, Familien und Mitbewohner stecken sich also leicht gegenseitig an. Es sei damit sinnvoll, Quarantänemaßnahmen umzusetzen für Personen, die im selben Haushalt leben.

Fazit: noch lange keine Herdenimmunität in München

In der ersten Welle im Frühjahr scheinen laut der Kohorten-Studie des Tropeninstituts knapp zwei Prozent der Münchnerinnen und Münchner Antikörper gegen das Virus entwickelt und damit eine Immunität entwickelt zu haben. Wie lang die Immunität anhält, ist noch nicht abschließend geklärt.

Damit steht auch fest, dass die Stadt München noch weit von der "Herdenimmunität" entfernt ist, die zwischen 60 und 70 Prozent betragen muss und damit voraussichtlich nur über Impfungen erreicht werden kann.

"Wenn wir auf eine Herdenimmunität warten würden, mit der aktuellen Infektionszahl pro Tag, würden wir viele, viele Jahre warten. Das heißt, Herdenimmunität ist nichts, was wir in Betracht ziehen können. Auch vor dem Hintergrund nicht, dass wir nicht wissen, ob eine vorherige Infektion auch vor einer weiteren Infektion schützt." Michael Hölscher, Tropeninstitut, LMU München

Ergebnisverkündung hat gedauert

Dass die Forscher ihre Ergebnisse erst jetzt veröffentlichen, hat zweierlei Gründe: Zwischenzeitlich kam ein neues Testsystem auf den Markt, die Proben wurden damit erneut überprüft. Und: Die Forscher wollten nach der massiven Kritik an der Heinsberg-Studie aus NRW besonders genau sein.

Die Münchner Forscher wollen jetzt weitermachen und untersuchen, wie sich die Infektionszahlen entwickeln. Und ob ihre Probanden die Antikörper im Blut behalten, oder ob sie sich womöglich erneut mit Corona anstecken könnten.

Kohortenstudien in ganz Deutschland

Viele Forschungseinrichtungen haben derartige Kohortenstudien durchgeführt, zum Beispiel in Bad Feilnbach, Heinsberg, Tirschenreuth oder Kupferzell. Je nach Machart sind deren Ergebnisse nur lokal oder sogar überregional aussagekräftig.

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