Blick auf die Hand eines zehn Wochen alten menschlichen Embryos.
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Blick auf die Hand eines zehn Wochen alten menschlichen Embryos. Hell eingefärbt: die sich später zurückbildenden Dorsometacarpal-Muskeln

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Spuren der Evolution im Embryo

Viele Muskeln, die sich während der Schwangerschaft im Hand und Fuß des menschlichen Embryos bilden, verschwinden vor der Geburt. Bei anderen Wirbeltieren bleiben diese Muskeln bestehen - was Hinweise auf die Ursache von Fehlbildungen geben könnte.

Erst ein Wesen mit Schwanz und Kiemen und am Ende ein kleiner Mensch? Dass menschliche Embryos wie alle anderen Wirbeltiere in ihrer Entwicklung Stadien durchlaufen, die nicht ihrer Art entsprechen, ist seit Charles Darwin von vielen Evolutionsbiologen beschrieben worden. Ein bekanntes Beispiel ist etwa der knöcherne Ansatz, aus dem sich bei unseren Vorfahren Schwänze gebildet haben. Die Entwicklung dieser Struktur wird beim Embryo abgebrochen, das Neugeborene kommt nur mit dem kleinen Steißbein zur Welt.

Detaillierte Analyse der muskulären Entwicklung embryonaler Muskeln

Urtümliche muskuläre Strukturen konnten Evolutionsbiologen der Howard University in Washington D.C. nun durch den Einsatz von biochemischen Immunmarkierungen nachweisen – eine moderne Technik, die die dreidimensionale Darstellung von Strukturen ermöglicht. Dadurch gelang eine detaillierte Analyse der Entwicklung der Muskeln in den Gliedmaßen von Embryos.

Evolutionäre Überbleibsel aus der Urzeit

Die Forscher konnten zeigen, dass viele Muskeln, die sich in Hand und Fuß in der 7. Schwangerschaftswoche gebildet hatten, ab der 13. Schwangerschaftswoche wieder vollständig fehlten. Einige Wirbeltiere verfügen jedoch über diese Muskeln auch noch im ausgewachsenen Alter. Stammesgeschichtlich gebe dies Hinweise darauf, dass die beschriebenen Muskeln schon beim Übergang von den Reptilien zu den Säugetieren vor über 250 Millionen Jahren ihre Funktion beim erwachsenen Tier verloren hätten, sagen die Wissenschaftler um Rui Diogo von der Howard University in Washington D.C..

Hinweise auf den Ursprung von Missbildung

In seltenen Fällen, so die Forscher, seien diese ursprünglich angelegten Muskeln auch noch bei Erwachsene als harmloses anatomisches Phänomen oder in Form einer angeborenen Missbildung zu finden. Dies weise darauf hin, dass angeborene Muskelabweichungen und krankhafte Veränderungen der Muskeln mit einer verzögerten oder aufgehaltenen Embryonalentwicklung zusammenhängen.