Einwohnerin von la Paz fährt mit der Seilbahn
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Mit der Seilbahn ist man in La Paz schneller als mit dem Auto

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Seilbahn in der Stadt

In La Paz in Bolivien stehen Autofahrer jeden Tag stundenlang im Stau. Zum Glück gibt es dort seit 2014 mehrere Seilbahnen. Ein überraschender Anblick: die Gondeln befördern rund 100.000 Personen täglich über die Stadt.

Über dieses Thema berichtet: nano am .

Stundenlanger Stau auf den Straßen, Verkehrslärm und von Abgasen verpestete Luft: Viele Großstädte weltweit haben dieselben Probleme wie die bolivianische Hauptstadt La Paz mit ihren rund 750.000 Einwohnern. Der Lösungsansatz der südamerikanischen Metropole: eine innerstädtische Seilbahn. Diese Idee ist auch für andere Großstädte interessant. Was in München bisher aber nur als Konzeptzeichnung auf dem Papier existiert, ist in La Paz mit einem rund 27 Kilometer langen Netz aus insgesamt acht Linien bereits seit einigen Jahren die Realität.

Mit der Seilbahn auf den Berg in La Paz

Bislang dient eine Gondelfahrt in Bayern ausschließlich der Bergbesteigung bei Ski- oder Wanderausflügen. Auch in La Paz gilt es, Höhenunterschiede von bis zu 1.000 Metern zu überwinden. Nach anfänglicher Skepsis sind mittlerweile über 100.000 Passagiere täglich über den Dächern der höchstgelegenen Verwaltungshauptstadt der Welt unterwegs.

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Vielleicht auch bald in München: Die Seilbahn gehört in La Paz, Bolivien, bereits zum Stadtbild

Vorteile der Seilbahn in La Paz

Mit umgerechnet etwa 35 Cent Ticketkosten können sich die meisten Bewohner der Stadt die Gondelfahrt leisten. Egal ob arm oder reich, Einheimischer oder Tourist - Passagiere genießen die Aussicht, Sauberkeit und die Ruhe im "Teleférico", besonders geschätzt wird allerdings seine Schnelligkeit. Zwar gehört die Seilbahn mit einer Fahrtgeschwindigkeit von etwa 20 Kilometern pro Stunde eher zu den langsameren Fortbewegungsmitteln, aber weil sich Autos und Busse in den zu engen Straßen stauen, ziehen ihnen die Gondeln an 65 Meter hohen Masten davon.

"Sehr enge Gassen, Serpentinen, überlastete Straßenkapazitäten. Da hat sich die Seilbahn angeboten, indem sie Kapazitäten in der Luft verwendet." Torsten Bäuerlein, Projektmanager der österreichischen Firma Doppelmayr

Aufbau des Seilbahnnetzes mit Hindernissen in La Paz

Bis zu 8.000 Meter lange einzelne Stahlkabel verbinden die Schlafstadt El Alto mit dem Zentrum von La Paz und damit die über zwei Millionen Einwohner des Ballungsraums. Das weltweit größte Seilbahnnetz ist für die zuständige österreichische Firma Doppelmayr auch nach vier Jahren im Projekt noch eine Herausforderung: Masten dürfen weder mitten auf der Straße, noch auf bestehender Bebauung entstehen. Außerdem kann beim Aufbau kein Hubschrauber hinzugezogen werden, da der starke Antrieb der Rotorblätter die vielen Wellblechdächer in der Umgebung einfach wegwehen würde. Aus Europa werden daher neben den vormontierten Masten auch eigens Kräne importiert. Trotz dieser Schwierigkeiten ist die bolivianische Hauptstadt mit ihrem einzigartigen Verkehrskonzept heute ein Vorbild für viele andere Großstädte. Auch für München.

"Jede kreative Idee, die uns hilft, Verkehrsinfarkte zu verhindern, verdient eine ernsthafte Prüfung." Ilse Aigner, Bayerns Verkehrsministerin, CSU

Bedarf an öffentlichem Personennahverkehr gibt es auch in München

Große Höhenunterschiede wie in La Paz gibt es im Stadtgebiet München tatsächlich eher weniger, überlastete Bus- und Bahnlinien sowie verstopfte Straßen dafür aber umso mehr. In Zukunft könnten Gondeln in Bayern also auch fern der Berge über die Dächer der Stadt München führen. Bedarf ist überall da, wo viel Verkehr und ein unzureichender öffentlicher Personennahverkehr zusammentreffen. So könnten in München einige Streckenverlängerungen oder Querverbindungen dort entstehen, wo U- und Straßenbahnen fehlen oder nicht weit genug fahren. Hier ist die Seilbahn für die Stadtentwicklung besonders interessant, da sie kaum Bodenfläche benötigt.

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Konzeptidee der Seilbahn entlang des Frankfurter Rings in München

Seilbahn als neues Verkehrsmittel in München?

"Entschweben Sie dem Stau" heißt der Werbeslogan des Münchner Seilbahnprojekts. Wenn es nach Oberbürgermeister Dieter Reiter geht, sollen die Gondeln 2025 schon von Oberwiesenfeld über den Frankfurter Ring und der Tramstation Schwabing Nord bis zur Studentenstadt über den stockenden Straßenverkehr gleiten. Derzeit steckt das Projekt allerdings noch in einer Machbarkeitsstudie, in der die Rentabilität und die Vorteile gegenüber herkömmlichen Verkehrsmitteln geprüft werden müssen. Für die zu errichtenden Masten würde der Grünstreifen in der Mitte des Frankfurter Rings schon bereit stehen. Dieser könnte dann als Fahrradweg dienen oder weiterhin auch einfach grün bleiben.

Vorteile der Seilbahn innerhalb der Stadt

Neben dem vermeidbaren Flächenverbrauch könnten Anwohner von einem geringen Lärmpegel profitieren, Passagiere hingegen vor allem von einer schnellen und auch umweltfreundlichen Möglichkeit, den Münchner Norden zu durchqueren. Und selbst wenn man mal eine Gondel verpassen sollte: Innerhalb von 30 Sekunden kommt auch schon wieder die nächste.